c-MET (HGF-Rezeptor)
Lungentumoren, v. a. das nicht-kleinzellige Lungenkarzinom, sind noch immer die führende krebsbedingte Todesursache mit nach wie vor enttäuschenden 5-Jahres-Überlebensraten. Ein verbessertes Verständnis der Biologie und vor allem der Molekularbiologie der Krebszellen hat in den letzten Jahren aber die Behandlungsmöglichkeiten erheblich verbessert. Neben der Entwicklung neuer Immuntherapien hat dazu v. a. die Entdeckung einer Vielzahl onkogener Treibermutationen beigetragen. In der Folge wurden zielgerichtete Therapien speziell gegen diese mutierten Proteine entwickelt. Da die betreffenden Mutationen jeweils nur bei einem relativ kleinen Teil der NSCLC-Erkrankungen zu finden sind (EGFR-Mutationen z. B. bei rund 10 %, ALK-Translokationen bei 5–7 %, ROS1-Rearrangements bei 1–2 %), ist ihr Nachweis im Tumor vor der Gabe der entsprechenden Medikamente obligat.Während bei EGFR-Mutationen und ALK- bzw. ROS1-Veränderungen bereits mehrere Generationen von Inhibitoren in der Klinik angekommen sind, stellen Mutationen des c-MET-Proteins, des Rezeptors für den Hepatozyten-Wachstumsfaktor, eine relativ neue Zielstruktur dar. Eine Reihe von Inhibitoren gegen diesen Rezeptor, der bei bis zu 4 % der NSCLC-Tumoren mutiert ist, befindet sich derzeit in klinischen Studien, Zulassungen sind in den USA zum Teil bereits erfolgt und werden in Europa in Kürze erwartet. Die folgende Übersicht diskutiert Molekularbiologie, Nachweis und therapeutische Nutzung der Veränderungen im c-MET-Gen bzw. -Protein vor allem am Beispiel des NSCLC, weil hier die klinische Entwicklung von Inhibitoren am weitesten fortgeschritten ist. Darüber hinaus gibt es c-MET-Mutationen aber bei einer Reihe weiterer Tumoren wie Mamma- und Kolorektalkarzinom, Magenkarzinom, beim hepatozellulären Karzinom, beim hereditären papillären Nierenzellkarzinom (wo sie zum ersten Mal nachgewiesen wurden) und beim kleinzelligen Lungenkarzinom (SCLC) sowie beim sporadischen papillären Nierenzellkarzinom. Die Erfahrungen bei anderen innovativen therapeutischen Paradigmen lassen erwarten, dass nach einer Etablierung von MET-Inhibitoren beim NSCLC nach und nach auch diese anderen Tumoren in den Fokus rücken werden.
Der Tyrosinkinase-Rezeptor MET (mesenchymal–epithelial transition) wird vor allem auf epithelialen Zellen exprimiert; sein natürlicher Ligand ist der Hepatozyten-Wachstumsfaktor (HGF). Die Aktivierung von MET bewirkt Proliferation, Migration, Invasion und Überleben der betreffenden Zellen [1]. Genomische Veränderungen des MET-Gens, die bislang als onkogene Treibermutationen identifiziert werden konnten, umfassen aktivierende Exon-14-skipping-Mutationen (METex14), Amplifikationen des MET-Gens sowie eine Überexpression des Rezeptors. METex14-Mutationen sind bislang die am besten definierten prädiktiven Marker für die Anwendung von MET-Tyrosinkinase-Inhibitoren (TKIs); sie treten bei 3–4 % der Patienten mit Adenokarzinomen der Lunge und bei rund 1–2 % derer mit anderen Histologien des nicht-kleinzelligen Lungenkarzinoms (NSCLC, v. a. Plattenepithel- und sarkomatoide Karzinome) auf, offenbar gehäuft bei älteren, nicht-rauchenden weiblichen Patienten [2, 3]. Amplifikationen von MET können auf eine erhöhte Kopienzahl des Gens oder auf aberrante Regulation der Transkription zurückgehen. Sie finden sich bei vielen verschiedenen Tumortypen und sind insbesondere mit einem Mechanismus der Resistenz gegenüber EGFR-TKIs assoziiert, bei dem die Tumoren schlecht auf MET-Inhibitoren ansprechen [4]. Ein gemeinsames Auftreten von METex14 mit anderen onkogenen Treibermutationen wird selten beobachtet, aber METex14 und MET-Amplifikationen können im gleichen Tumor vorkommen [5]. Beide Veränderungen sind mit einer schlechten Prognose beim NSCLC assoziiert.
Molekularbiologie der METex14-Mutation
Auf epithelialen Zellen wird c-MET in verschiedenen Organen wie Pankreas, Leber, Niere, Prostata. Muskeln und Knochenmark exprimiert. Wenn HGF an den Rezeptor bindet, bildet dieser Homodimere mit nachfolgender Phosphorylierung der zwei Tyrosinreste Y1234 und Y1235 in der katalytischen Schleife der Tyrosinkinase-Domäne. Daraufhin werden auch die Tyrosine Y1349 und Y 1356 am C-terminalen Ende phosphoryliert und bilden ein Tandem-SH2-Motiv aus. Das Resultat ist die Rekrutierung von Effektormolekülen (Abb. 1): Darunter sind die Adapter-Proteine GRB2 (growth factor receptor-bound protein 2), SHC (src homology 2 domain-containing), CRK (v-crk sarcoma virus CT10 oncogene homolog) und CRKL (CRK-like), die Effektormoleküle PI3K (phosphatidylinositol 3-kinase), PLCγ (Phospholipase C-γ) und SRC sowie SHP2 (src homology 2 domain-containing 5’ inositol phosphatase) und überdies der Transkriptionsfaktor STAT3 (the signal transducer and activator of transcription 3).