„ALK-Translokationen und -Fusionen sind mit einem Anteil von 5–7 % beim Adenokarzinom der Lunge, dem häufigsten histologischen Subtyp, nicht selten“, erklärte PD Dr. Nikolaj Frost, Berlin. Als großes Problem dieser molekular alterierten NSCLC bezeichnete er die hohe Inzidenz von Hirnmetastasen, die die Morbidität und Mortalität stark beeinflussen: Insgesamt entwickeln 30–40 % aller NSCLC-Patient:innen eine ZNS-Metastasierung, beim ALK-positiven NSCLC sind es sogar bis zu 80 %. Aus diesem Grund werden liquorgängige, im ZNS stark wirksame Therapeutika benötigt.
Lorlatinib (Lorviqua®), ein ALK-Inhibitor der 3. Generation, überzeugte in der Phase-III-Studie CROWN durch hohe intrakranielle Aktivität [1]. In der Studie wurden 296 nicht systemisch vorbehandelte Patient:innen mit lokal fortgeschrittenem oder metastasiertem ALK-positivem NSCLC randomisiert mit Lorlatinib oder dem Erstgenerations-TKI Crizotinib behandelt. Gut ein Viertel hatte asymptomatische behandelte oder unbehandelte Hirnmetastasen.
Durch Lorlatinib wurde eine klinisch relevante Risikoreduktion für Progress oder Tod um 72 % erreicht: Das progressionsfreie Überleben (PFS; primärer Endpunkt) lag im Kontrollarm bei median 9,3 Monaten, während der PFS-Median unter Lorlatinib noch nicht erreicht war (HR 0,28; p < 0,001). Die 1-Jahres-Rate des PFS verbesserte sich von 39 % im Crizo-tinib-Arm auf 78 % unter Lorlatinib. „Der Vorteil im PFS zeigte sich über alle Subgruppen hinweg“, betonte Frost.
93%ige Risikoreduktion für ZNS-Progress
Als besonders effektiv erwies sich Lorlatinib bei Patient:innen mit Hirnmetastasen: Nach 12 Monaten waren noch 96 % der mit Lorlatinib gegenüber 60 % der mit Crizotinib Behandelten ohne ZNS-Progress. Die mediane Zeit bis zur ZNS-Progression unter Crizotinib betrug 16,6 Monate; wiederum ist der Median unter Lorlatinib noch nicht erreicht. „Wir sehen eine beim NSCLC noch nie beschriebene Hazard Ratio von 0,07, entsprechend einer Risikoreduktion für einen ZNS-Progress um 93 %“, be-tonte Frost (p < 0,001). Die intrakranielle Ansprechrate stieg von 23 % im Crizotinib-Arm auf 82 % mit Lorlatinib; darunter befanden sich 12 Patient:innen (71 %) mit einer Komplettremission. Bei 72 % der Responder hielten die Remissionen ≥ 12 Monate an. Zudem war die Lorlatinib-Therapie gut handhabbar, die Abbruchrate niedrig. Das äußerte sich in einer ausgeprägteren Verbesserung der Lebensqualität im Vergleich zu Crizotinib.
Positiver Einfluss auf ALK-Resistenzmutationen?
Die Erstlinienzulassung von Lorlatinib erweitert laut PD Dr. Petros Christopoulos, Heidelberg, die Perspektiven beim ALK-positiven NSCLC. Er geht davon aus, dass der Upfront-Einsatz des Drittgenerations-TKI die Entwicklung von ALK-Resistenzmutationen stärker unterdrücken kann, was sich positiv auf das Überleben auswirken könnte. Das noch in diesem Jahr erwartete Update der CROWN-Studie wird robustere Daten mit einem längeren Follow-up liefern und somit auch mehr Informationen, anhand derer die Erstlinientherapie gewählt werden kann.
Dr. Katharina Arnheim