Wenn es um die risikoadaptierte Behandlung des HER2-positiven frühen Mammakarzinoms geht, spricht nach Ansicht von Prof. Marc Thill, Frankfurt/Main, vieles dafür, eine neoadjuvante Therapie gegenüber einer adjuvanten zu präferieren. Erste Wahl bei hohem Risiko ist dabei die duale Blockade mit Trastuzumab (Herceptin®) und Pertuzumab (Perjeta®) in Kombination mit einer Chemotherapie. Im Hinblick auf die Wirksamkeit gebe es keinen Unterschied zwischen adjuvanter und neoadjuvanter Therapie, sagte Thill. Für den neoadjuvanten Ansatz spreche aber, dass eine frühe Bewertung des Behandlungserfolgs möglich sei, der etwa Zeit für die genetische Beratung und Testung und für die Beratung vor onkoplastischer Operation gewinne. Zudem sei eine Senkung der operativen Morbidität durch eine erhöhte Chance auf Brusterhaltung und weniger Axilladissektionen möglich. Wichtig sei zudem, dass eine Individualisierung der postneoadjuvanten Therapie nach dem Ansprechen möglich sei.
Im Falle einer pathologischen Komplettremission (pCR) sollte bei nodalpositiver Erkrankung (N+) unabhängig vom Hormonrezeptor(HR)-Status die duale Blockade weitergeführt werden, bei nodalnegativer Erkrankung (N-) Trastuzumab alleine. Bei hohem Risiko empfiehlt der Frankfurter Experte eine individuelle Therapieentscheidung. Bei T1 N+ HR+ Tumoren sollte Trastuzumab allein weitergegeben werden. Falls keine pCR erreicht wurde, ist Trastuzumab Emtansin (Kadcyla®) bei allen Non-Re-spondern (Brust und/oder Lymphknoten) die Therapie der Wahl. Seit Dezember 2019 ist Trastuzumab Emtansin auf Basis der Daten der KATHERINE-Studie [1] für die post-neoadjuvante Behandlung von Patienten mit frühem HER2-positivem Mammakarzinom zugelassen, deren neoadjuvante Taxan-haltige und HER2-gerichtete Therapie zu keiner pCR führte.
Prof. Sherko Kümmel, Essen, wies darauf hin, dass im Rahmen der
HER2-getriebenen Therapie Trastuzumab subkutan (Herceptin® SC) vergleichbar wirksam und verträglich sei wie Trastuzumab i. v. [2, 3] – auch in Kombination mit Pertuzumab [4]. Zudem werde die subkutane Applikation aufgrund des Zeitgewinns von den meisten Patientinnen präferiert [5]. Jetzt sei eine Fixkombination zur gemeinsamen subkutanen Gabe von Trastuzumab und Pertuzumab in der klinischen Entwicklung.
Claudia Schöllmann