Bei etwa 15 % der Frauen mit triplenegativem Mammakarzinom (TNBC) liegt eine BRCA1- oder 2-Mutation in der Keimbahn (gBRCA-Mutation) vor, seltener beim Hormonrezeptor-positiven (HR+)/HER2-negativen Mammakarzinom mit etwa 5 % [1]. „Patientinnen mit metastasiertem Mammakarzinom sollten auf eine BRCA-Keimbahnmutation getestet werden, da diese Information therapeutische Relevanz hat“, erklärte Dr. Johannes Ettl, München. Denn dann eröffne sich die Möglichkeit, diese Tumoren nicht mit einer Chemotherapie, sondern mit einem PARP-Inhibitor zielgerichtet zu behandeln. Die gBRCA-Testung im fortgeschrittenen Erkrankungsstadium werde von der AGO-Kommission Mamma sowie den Leitlinien von ESMO und NCCN empfohlen und von den Kassen bezahlt. Die Wirkung von PARP-Inhibitoren beruht auf dem Prinzip der synthetischen Letalität in Zellen mit defekter homologer Rekombination, wie in Tumorzellen mit einer BRCA-Mutation. Talazoparib verfügt neben dem Wirkmechanismus der Hemmung der PARP-Enzyme außerdem über eine hohe PARP-Trapping-Potenz [2, 3]. Ettl: „Damit haben wir einen direkt zellvernichtenden Wirkungsmechanismus.“
Basis der Zulassung von Talazoparib war die EMBRACA-Studie, die derzeit größte Studie eines PARP-Inhibitors bei Frauen mit metastasiertem Mammakarzinom mit BRCA-Keimbahnmutation. Die unverblindete Phase-III-Studie verglich in einer 2:1-Randomisierung bei 431 Patientinnen mit fortgeschrittenem oder metastasiertem HR+/HER2-negativem Mammakarzinom oder TNBC mit gBRCA1/2-Mutation Wirksamkeit und Sicherheit von 1 Tablette Talazoparib täglich mit einer Standard-Chemotherapie nach Wahl des Arztes [4]. Das mediane PFS lag unter Talazoparib bei 8,6 Monaten, im-Chemotherapie-Arm bei 5,6 Monaten (HR 0,54; p < 0,0001). „Die Verlängerung des PFS unter Talazoparib war in allen untersuchten Subgruppen zu beobachten“, konstatierte Ettl. „Und: Die Monotherapie mit Talazoparib war immer besser als eine Chemotherapie, sowohl als Erstlinientherapie als auch bei vortherapierten Patientinnen.“ Unter Talazoparib sprachen mit einer objektiven Ansprechrate (ORR) von 62,6 % mehr als doppelt so viele Patientinnen an als unter Chemotherapie (ORR 27,2 %) [4]. Blutbildveränderungen – vorwiegend Anämien – von Grad 3/4 traten mit 55 % unter Talazoparib häufiger auf als unter Chemotherapie (38 %), nicht-hämatologische unerwünschte Ereignisse bei
38 % bzw. 32 % der Frauen. Ettl bezeichnete die Nebenwirkungen des PARP-
Inhibitors als gut handhabbar und verwies auf die Möglichkeiten des Therapiemanagements, z. B. durch Dosisreduktionen. Auffallend war die signifikante Verbesserung der Lebensqualität der Frauen unter Talazoparib, gemessen am Global Health Status/QoL und der Zeit bis zur Verschlechterung subjektiver Symptome. So verbesserte sich der Global Health Status/QoL unter Talazoparib im Vergleich zum Ausgangswert um 3,0 Punkte, während unter Chemotherapie eine signifikante Verschlechterung um 5,4 Punkte auftrat (p < 0,0001). „Die Lebensqualität ist unter Talazoparib besser als unter Chemotherapie, deshalb sollte diese Therapie beim metastasierten BRCA-mutierten Mammakarzinom früh zum Einsatz kommen“, so Ettl.
Prof. Georg Pfeiler, Wien, bestätigte die gute Lebensqualität der Patientinnen unter Talazoparib aus seinem klinischen Alltag. „Brustkrebspatientinnen mit einer BRCA-Keimbahnmutation erkranken in der Regel sehr früh; das heißt, wir haben hier junge Frauen mit oft noch kleinen Kindern, die mitten im Leben und im Beruf stehen. Vor diesem Hintergrund ist die Lebensqualität unter Therapie besonders wichtig.“ In Zusammenhang mit der Linderung krankheitsbedingter Symptome durch Talazoparib verwies Pfeiler auf die in EMBRACA beobachtete Wirksamkeit des PARP-Inhibitors bei Hirnmeta-stasen, die er in seiner Erfahrung bestätigt sieht. Zudem biete die orale Therapie die Möglichkeit, den Frauen Klinik- und Arztbesuche zu ersparen.
Mascha Pömmerl