Fortgeschrittenes NSCLC - Stellenwert von Therapiesequenzen
Beim nicht-kleinzelligen Lungenkarzinom (NSCLC) mit aktivierenden Mutationen im EGFR stehen mittlerweile Tyrosinkinase-Inhibitoren (TKI) bis zur dritten Generation zur Verfügung. Die Zulassung von Drittgenerations-EGFR-TKI, die ursprünglich gegen die Resistenzmutation T790M entwickelt wurden, ermöglicht es, so Prof. Thomas Wehler, Hamm, über die Erstlinie hinaus mit einem TKI zu behandeln. Damit könne Patienten über eine lange Zeit eine Behandlung ohne Chemotherapie offeriert werden, betonte er auf einem Symposium von Boehringer beim DKK 2020 in Berlin.
nicht-kleinzelliger Lungenkarzinom, NSCLC, Tyrosinkinase-Inhibitoren, Resistenzmutation, T790M, Afatinib, Osimertinib, PD-L1-Status, Nintedanib, Docetaxel
Der EGFR-TKI der zweiten Generation Afatinib konnte bei Del19-Mutation in der LUX-Lung-3-Studie einen mehr als 12-monatigen Vorteil beim Gesamtüberleben (OS) gegenüber einer Chemotherapie in der Erstlinie erzielen [1]. Die häufigste Resistenz unter der Behandlung mit einem Erst- oder Zweitgenerations-EGFR-TKI ist eine T790M-Mutation, die sich bei rund 60 % dieser Patienten findet, so der Onkologe. Gegen die T790M-Mutation ist ein EGFR-TKI der dritten Generation (z. B. Osimertinib) wirksam, sodass damit ohne Chemo-therapie weiter behandelt werden kann. Dass eine EGFR-TKI-Sequenz wirksam ist, belegte Wehler anhand der Daten der retrospektiven Real-Life-Studie GioTag. Das mediane OS über die Therapielinien hinweg betrug bei Patienten mit initialer Del19-Mutation 45,7 Monate [2].
Wie österreichische Real-Life-Daten zeigen, kann die Sequenz bei ca. drei von vier NSCLC-Patienten zum Einsatz kommen, wenn ein hochsensitives Testverfahren eingesetzt wird. Demnach konnte bei 75 % der EGFR-mutierten NSCLC-Patienten nach Progress unter einem Erst- oder Zweitgenerations-EGFR-TKI eine T790M-Resistenzmutation nachgewiesen werden, und nahezu alle wurden in der Folge mit einem Drittgenerations-EGFR-TKI weiter behandelt [3].
Prof. Dr. med. Martin Reck, Grosshansdorf, referierte über Patienten mit nicht-plattenepithelialem NSCLC ohne zielgerichtet therapierbare Mutation.
Ihnen wird heute in der Erstlinie meist eine Immuncheckpoint-Inhibition (ICI) verabreicht, je nach PD-L1-Status in Kombination mit einer Chemotherapie.
Reck stellte die Frage: „Was machen wir aber nach einer Krankheitsprogression unter ICI?“ Hier bietet sich nach aktueller Datenlage eine Kombination aus dem 3-fach zielgerichteten Angiokinase-Hemmer Nintedanib (Vargatef®) mit Docetaxel an, berichtet Reck. Erste Ergebnisse der noch laufenden prospektiven, nicht-interventionellen VARGADOStudie zeigen unter der Kombination Nintedanib/Docetaxel eine Gesamtansprechrate (ORR) von 45 % (n = 13); eine partielle Response erlangten ebenfalls 45 % und eine Krankheitsstabilisierung 41 %. Die Krankheitskontrollrate betrug 86 % (n = 25) [4]. Das mediane progressionsfreie Überleben lag bei 7,2 Monaten; die Daten zum OS waren zum Datenschnitt noch nicht reif [5].
Reimund Freye