Die Behandlung von Krebserkrankungen hat sich in den vergangenen Jahren enorm weiterentwickelt, was auf unser zunehmendes Wissen über die Tumorheterogenität auf DNA-, RNA- und Proteinebene zurückzuführen ist. Dieses Wissen ist zur Basis für eine molekular begründete Tumortherapie geworden..
Mithilfe spezifischer Medikamente, beispielsweise monoklonaler Antikörper und niedermolekularer Proteinkinase-Inhibitoren, werden zahlreiche Si-gnaltransduktionswege, die mit maligner Proliferation einhergehen, als therapeutische Ziele adressiert. Auf diese Weise können inzwischen unterschiedlichste Tumoren unter Kontrolle gebracht werden, ohne dass gesunde Körperzellen, die diese Eigenschaften nicht aufweisen, in relevantem Ausmaß in Mitleidenschaft gezogen werden. Begriffe wie „targeted therapies“ oder Präzisionsmedizin charakterisieren diese noch relativ junge Form der Krebstherapie.
Die Erfolgsgeschichte begann zu Beginn des neuen Jahrtausends mit dem Einsatz von Imatinib bei der chronischen myeloischen Leukämie (CML) sowie Trastuzumab beim Mammakarzinom. Es stellte sich heraus, dass eine genetische Alteration – im ersten Fall das Philadelphia-Chromosom und im zweiten die HERneu-Überexpression – eine zielgerichtete und letztlich äußerst erfolgreiche Behandlung onkologischer Patienten möglich machte. Aber erst in den letzten zwei Dekaden hat das Wissen über die genetische Heterogenität von Tumoren richtig Fahrt aufgenommen.
Heute wissen wir, dass sich Tumoren mit ähnlicher oder sogar identischer Histologie durch spezifische Charakteristika, meist typische Mutationsmuster, grundlegend unterscheiden können. Diese Merkmale lassen sich biochemisch analysieren und therapeutisch nutzen. Für eine ganze Reihe neuerer Anti-Tumor-Wirkstoffe ist deshalb die begleitende Bestimmung von Biomarkern inzwischen verpflichtend oder wird empfohlen, und für die Zukunft kann man davon aus-gehen, dass Neuentwicklungen kaum mehr ohne Begleitdiagnostik auf den Weg gebracht werden.
So sind „Companion Diagnostics“ heute fester Bestandteil der personalisierten Medizin, und zwar überwiegend – wenn auch nicht ausschließlich – für onkologische Therapeutika.
Laut Definition soll die Zusatzdiagnostik feststellen, ob eine zielgerichtete Therapie für einen bestimmten Patienten sicher und effektiv angewendet werden kann. Diese Strategie ergänzt oder ersetzt bereits schon teilweise die älteren, meist unspezifisch wirkenden antiproliferativen Therapien, etwa im Bereich der Chemotherapien. Momentan sind in Deutschland laut einer Liste des Verbands der forschenden Pharma-Unternehmen (Stand 30.10.2020) 73 Medikamente zugelassen, bei denen eine spezifische Diagnostik Voraussetzung für die Kostenerstattung ist; bei 9 weiteren wird sie empfohlen [1]. In Tabelle 1 und 2 sind die in Deutschland verpflichtend vorgeschriebenen Biomarker für die Behandlung solider Tumoren (Tab. 1) und hämatoonkologischer Erkrankungen (Tab. 2) mit ihren jeweiligen Indikationen aufgeführt.