ASCO 2022: Neue Studienergebnisse zur Behandlung von urologischen Tumoren
Dieser Beitrag fokussiert auf aktuelle Studiendaten vom ASCO-Meeting 2022 zum Prostatakarzinom, streift aber auch das Nierenzell- und Urothelkarzinom. Beim Prostatakarzinom standen neue Daten zur Radioligandentherapie und PARP-Inhibition bei kastrationsresistenten sowie zu Androgenrezeptor-Signalweg-Inhibitoren bei hormonsensitiven Tumoren im Mittelpunkt. Beim Nierenzellkarzinom ging es vornehmlich um die adjuvante Therapie sowie neue Daten zur Erstlinien-Kombinationstherapie mit Checkpoint- und Tyrosinkinase-Inhibitoren im metastasierten Setting, beim Urothelkarzinom um neue Daten zur Erstlinien-Erhaltungstherapie.
Uroonkologie, Radioligandentherapie, PARP-Inhibition, adjuvante Therapie, Immuntherapie, Tyrosinkinase-Inhibition, Erhaltungstherapie, mCRPC, Prostata-spezifische Membranantigen, PSMA, PARP-Inhibitoren, BRCA1/2-Mutationen, Nierenzellkarzinom, RCC, Pembrolizumab, Axitinib, Urothelkarzinom, PD-L1-Inhibitor, Avelumab
Prostatakarzinom
mCRPC: Radioligandentherapie etabliert sich weiter
Die Lutetium177-PSMA-Radioligandentherapie kann beim kastrationsresistenten metastasierten Prostatakarzinom (mCRPC) eingesetzt werden, wenn die Standardtherapie gemäß aktuellen Leitlinien ausgeschöpft wurde und die Erkrankung progredient ist. Dabei wird das auf Prostatakarzinomzellen stark überexprimierte Prostata-spezifische Membranantigen (PSMA) als Zielstruktur adressiert. Da PSMA als Rezeptor extrazellulär gebundene Liganden internalisieren kann, wird er mit einem Peptid angesteuert, an das der Beta-Emittent Lutetium177 gekoppelt ist. Auf diese Weise sammeln sich radioaktive Liganden in den Prostatakrebszellen, auch in Metastasen, und können die malignen Zellen punktgenau bestrahlen – und zwar umso ausgeprägter, je höher die PSMA-Expression respektive das Tumorgrading ist.
Die Lutetium177-PSMA-Radioligandentherapie hatte bereits in kleineren Untersuchungen und in der offenen Phase-III-Studie VISION Vorteile gegenüber dem Therapiestandard gezeigt (Hazard Ratio [HR] für das radiologische progressionsfreie Überleben 0,40; p < 0,001; HR für das Gesamtüberleben (OS) 0,62; p < 0,001) [1].
Beim diesjährigen ASCO wurden aktuelle Studiendaten vorgestellt, die die Radioligandentherapie als effektive und verträgliche Therapieoption bei Patienten mit mCRPC weiter unterstützen.
Prof. Michael S. Hofman, Melbourne, Australien, stellte das 3-Jahres-Update der TheraP-Studie vor (ANZUP-Protokoll 1603), in der mit Docetaxel vorbehandelte Patienten mit mCRPC entweder 177Lu-PSMA-617 (Lu-PSMA; n = 99) oder Cabazitaxel (n = 101) erhielten. Die Patienten waren in über 90 % der Fälle mit Enzalutamid oder Abirateron vorbehandelt. Primärer Endpunkt war das biochemische Ansprechen, definiert als PSA-Reduktion ≥ 50 % ab Studienbeginn. In einer früheren Analyse hatte Lu-PSMA in diesem Setting nach einem medianen Follow-up von 13,3 Monaten bereits zu signifikanten Verbesserungen der PSA-Ansprechrate versus Cabazitaxel geführt (66 % vs. 37 %) – bei weniger Grad-3/4-Toxizitäten (35 % vs. 54 %) [2].
Beim ASCO wurde mit einem medianen Follow-up von 36 Monaten der sekundäre Endpunkt OS präsentiert. Neben den Studienteilnehmern gingen auch 80 Patienten in die Analyse mit ein, die wegen geringer PSMA-Expression oder nicht übereinstimmender Erkrankungsparameter bei der Bildgebung (PSMA-PET und FDG-PET) aus der Studie ausgeschlossen worden waren, ansonsten aber für Lu-PSMA infrage gekommen wären.
Lu-PSMA erwies sich weiterhin als geeignete Option für Männer mit mCRPC, deren Erkrankung nach Docetaxel fortschreitet – mit geringeren Nebenwirkungen, höheren Ansprechraten, einem weiterhin deutlich überlegenen PFS (HR 0,62; p = 0,0028) sowie ähnlichem OS im Vergleich zu Cabazitaxel (19,1 vs. 19,6 Monate; Abb. 1).