ASCO 2022: Aktuelle Studiendaten zu gynäkologischen Tumoren
Bei der ASCO-Jahrestagung 2022 wurden spannende Daten zum Ovarial-, Zervix- und Endometriumkarzinom präsentiert. Beim Ovarialkarzinom standen Ergebnisse zur Erhaltungstherapie mit PARP-Inhibitoren, neue Möglichkeiten zu maßgeschneiderten Behandlungskonzepten durch die bessere Identifikation von Risikopatientinnen sowie operative und medikamentöse Ansätze in der Rezidivsituation im Fokus. Beim Endometrium- und Gebärmutterhalskrebs gab es ein Update zur Immuntherapie und den Ausblick auf neue therapeutische Optionen.
gynäkologische Tumoren, PARP-Inhibitoren, Rezidivchirurgie, Immuntherapie, Antikörper-Wirkstoff-Konjugate, Selinexor, Endometrium- und Gebärmutterhalskrebs, Ovarialkarzinom, Rezidivtherapie, Zervixkarzinom
Ovarialkarzinom – Primärtherapie
Neue Daten zur Erhaltungstherapie mit PARP-Inhibitoren
Nachdem bereits auf dem ESMO-Kongress 2018 die hervorragenden Daten der SOLO-1-Studie [1] zur Erhaltungstherapie mit Olaparib bei Frauen mit high-grade-Ovarialkarzinom vorgestellt wurden, schlossen sich auf dem ESMO-Jahreskongress 2019 in Barcelona drei weitere Studien an, die nun nicht allein auf BRCA-mutierte Ovarialkarzinome fokussierten und den Stellenwert der PARP-Inhibition untermauerten. Mit PAOLA-1 (Olaparib plus Bevacizumab), PRIMA (Niraparib) und VELIA (Veliparib) wurden die Daten von gleich drei Phase-III-Studien mit PARP-Inhibitoren in der Erhaltungstherapie des epithelialen Ovarialkarzinoms (EOC) präsentiert [2–4]. Alle drei Studien erreichten den primären Endpunkt progressionfreies Überleben (PFS) in der Gesamtpopulation im Vergleich zu einer Placebo-Medikation (HR 0,62 [PRIMA]; HR 0,59 [PAOLA-1]; HR 0,68 [VELIA]) und verlängerten das mediane PFS um mehr als 5,5 Monate. Der maximale PFS-Benefit zeigte sich in der BRCA-mutierten Kohorte mit einer HR von 0,43 (PRIMA), 0,31 (PAOLA-1) und 0,44 (VELIA) [1–3]. PARP-Inhibitoren spielen seit dieser Zeit – alleine und in Kombination mit Bevacizumab – eine zentrale Rolle in der Erstlinien-Erhaltungstherapie von Patientinnen mit primärem EOC.
Nun gesellt sich zu den drei großen Studien zu PARP-Inhibitoren eine vierte dazu. Beim ASCO 2022 wurden die Daten der doppelblinden Phase-III-Studie ATHENA-MONO zur Erstlinien-Erhaltungstherapie bei Patientinnen mit fortgeschrittenem high-grade-Ovarialkarzinom, die auf eine Platin-basierte Chemotherapie angesprochen haben, mit dem PARP-Inhibitor Rucaparib präsentiert. Eingeschlossen waren Frauen mit Stadium III–IV high-grade-Ovarialkarzinomen nach zytoreduktiver Therapie und Ansprechen auf 4–8 Zyklen einer Platin-basierten Chemotherapie-Doublette (Addition von Bevacizumab war erlaubt), unabhängig vom BRCA-Status und Tumorrest. Die Frauen wurden 4:1 randomisiert zu Rucaparib (600 mg 2 x tägl.; n = 427) oder Placebo (n = 111) und stratifiziert nach HRD-Status (bestimmt mittels FoundationOne CDx), Rest-erkrankung nach Chemotherapie und Zeitpunkt der Operation. Die Therapie wurde für maximal 2 Jahre bzw. bis zum Auftreten eines radiologischen Progresses oder nicht mehr tolerierbarer Toxizität fortgeführt. Primärer Endpunkt war das durch den Investigator (INV) evaluierte PFS, zunächst ermittelt in der HRD-Population (BRCA-mutiert oder -Wildtyp/LOH [loss of heterozygosity] high), dann in der Intention-to-treat(ITT)-Population, und sekundärer Endpunkt war das durch ein verblindetes Reviewkomitee (BICR) bestimmte PFS. Explorative Endpunkte waren das PFS bei BRCA-mutierten und HRD-negativen Erkrankten (BRCA-Wildtyp/LOH low). Die mediane Therapie-dauer betrug 14,7 Monate im Verum-Arm bzw. 9,9 Monate im Placebo-Arm [5].
Wie Bradley J. Monk, Phoenix, AZ, USA, beim ASCO berichtete, verlängerte die Erstlinien-Erhaltungstherapie mit Rucaparib signifikant das PFS im Vergleich zu Placebo – sowohl in der ITT-Population als auch in der Population mit HRD sowie in der Subgruppe ohne HRD; im letzteren Fall allerdings weniger ausgeprägt. Das mediane PFS (mPFS) in der ITT-Population (INV) war unter Rucaparib mit 20,2 Monaten signifikant länger als unter Placebo mit 9,2 Monaten (p < 0,0001) (Abb. 1) [5].