Neue Perspektiven beim Mammakarzinom: personalisierte Medizin im Blickpunkt
Auf dem San Antonio Breast Cancer Symposium (SABCS) im Dezember 2021 rückte inhaltlich die personalisierte Medizin in den Vordergrund. Eine Vielzahl von Untersuchungen und klinischen Studien befasste sich damit, die Heterogenität des Mammakarzinoms auf molekularer Ebene besser sichtbar zu machen. Rationale dahinter ist, die Therapie individuell auf die Patientin abzustimmen und die Prognose weiter zu verbessern.
Mammakarzinom, gBRCA1/2, ESR1, ctDNA, Biomarker, Immuntherapie, Pembrolizumab, Abemaciclib, Trastuzumab Deruxtecan, Datopotamab Deruxtecan, Elacestrant, Samuraciclib, molekulare Heterogenität, NGS, PFS, PADA1, HER2+.
Noch sind die vorgestellten Daten zur personalisierten Onkologie nicht reif für den klinischen Alltag, aber insbesondere beim fortgeschrittenen bzw. metastasierten Mammakarzinom deuten sich vielversprechende Perspektiven für eine zunehmende Individualisierung der Behandlung an.
SAFIR02-Breast: Vorteile der personalisierten Therapie
Mit einer gewissen Spannung waren die Daten der SAFIR02-Breast-Studie erwartet worden. Diese zeigt als erste prospektiv randomisierte Studie beim metastasierten Mammakarzinom, dass eine personalisierte Therapie basierend auf identifizierten genomischen Veränderungen – Nachweis mittels NGS (Next Generation Sequencing) – das progressionsfreie Überleben (PFS) der Patientinnen verlängern kann, wenn die ESCAT(ESMO Scale for Clinical Actionability of molecular Targets)-Kriterien I oder II der Europäischen Krebsgesellschaft ESMO (European Society for Medical Oncology) erfüllt sind [1]. ESCAT I/II steht für eine hohe Evidenz, dass die detektierte Mutation von therapeutischer Relevanz ist, da eine entsprechende validierte personalisierte Therapieoption verfügbar ist.
Das Mammakarzinom der Studienpatientinnen wurde mittels NGS molekular charakterisiert, um Mutationen bzw. Alterationen zu detektieren und eine auf den individuellen Tumor abgestimmte Therapieentscheidung zu treffen. Randomisiert wurden Patientinnen, die auf eine Standardchemotherapie angesprochen und mindestens eine Stabilisierung ihrer Erkrankung erreicht hatten. Als Weiterbehandlung erhielten sie entweder eine chemotherapeutische Erhaltungstherapie oder eine auf die nachgewiesene Alteration abgestimmte Therapie. Die Studie war getriggert durch eine hohe Anzahl an Patientinnen mit Nachweis einer BRCA1/2-Mutation in der Keim-bahn (gBRCA1/2), die als personalisierte Therapie den PARP(Poly[ADP-ribose]-Polymerase)-Inhibitor Olaparib erhielten.
Nicht für alle detektierten Mutationen steht eine ausreichend validierte, personalisierte Therapie zur Verfügung. Hier konnte gezeigt werden, dass der Einsatz einer zielgerichteten Therapie voraussetzt, dass die ESCAT-Kriterien I/II erfüllt sind. Erhielten die Patientinnen eine personalisierte Therapie mit der entsprechend hohen Evidenz (ESCAT I/II), war diese Therapie der Erhaltungs-Chemotherapie überlegen und reduzierte das Progressionsrisiko deutlich mit einer Verlängerung des medianen PFS von 2,8 Monaten unter Chemotherapie auf 9,1 Monate im experimentellen Arm (HR 0,41; p < 0,001).
Laut Prof. Fabrice André, Villejuif, Frankreich, der die Studienergebnisse präsentierte, sind das wichtige Daten für zukünftige prospektive Studien. Als Limitation der Studie bezeichnete er den hohen Anteil an gBRCA1/2-mutierten Patientinnen, die den therapeutischen Vorteil zugunsten der personalisierten Therapie maßgeblich beeinflusst hätten.
PADA1: Nachweis von ESR1-Mutationen mittels ctDNA
Bereits näher am klinischen Alltag sind die Ergebnisse der PADA1-Studie beim Hormonrezeptor-positiven/HER2-negativen (HR+/HER2–) fortgeschrittenen Mammakarzinom (ABC) [2]. Die Patientinnen wurden in der Erstlinie mit Palbociclib/Letrozol behandelt. Unter der Behandlung wurden regelmäßig ctDNA-Analysen durchgeführt, um anhand von im Blut zirkulierender Tumor-DNA ESR1-Mutationen nachzuweisen – als Hinweis für eine sich entwickelnde Therapieresistenz. Während ESR1-Mutationen beim Primärtumor selten sind, entwickeln sie sich unter Behandlung mit einem Aromatasehemmer (AH) bei bis zu 40 % der Patientinnen, erläuterte Prof. Francois-Clement Bidard, New York, NY, USA, der die Studienergebnisse beim SABCS präsentierte.
Patientinnen mit ESR1-Mutationsnachweis und ohne klinischen Progress unter Palbociclib/Letrozol wurden randomisiert und entweder mit Palbociclib/Letrozol weiterbehandelt oder auf Palbociclib/Fulvestrant umgestellt.
Das mediane PFS konnte durch den frühen Therapiewechsel signifikant verlängert werden (11,9 vs. 5,7 Monate; HR 0,61; p = 0,005; Abb. 1).