Akute myeloische Leukämie: zielgerichtete Therapien für Patient:innen-Subgruppen im Fokus
Die Therapielandschaft bei der akuten myeloischen Leukämie (AML) ist in den letzten Jahren in Bewegung geraten. Im Fokus der Medikamentenentwicklung stehen AML-Subgruppen mit Treibermutationen, bei denen neue zielgerichtete Substanzen eingesetzt werden. Auch Patient:innen, die für eine intensive Therapie weniger geeignet sind, können von den neuen Entwicklungen mit einer besseren Prognose und Lebensqualität profitieren. Aber auch die klassische Chemotherapie hat nach wie vor ihren Stellenwert. Beim ASH 2021 wurden neue Studiendaten mit teilweise praxisveränderndem Potential vorgestellt, die in den kommenden Jahren eine weitere Optimierung der Therapieergebnisse bei der AML erwarten lassen.
AML, CPX-351, Venetoclax, Azacitidin, allogene Stammzelltransplantation, Gilteritinib, Ivosidenib, CC-486, Treibermutationen, Flt3, IDH1, CD47, Magrolimab
Chemotherapie: CPX-351 oder Venetoclax/Azacitidin?
Die Therapielandschaft bei der AML ist nicht nur in Subgruppen mit Treibermutationen, gegen die es neue wirksame Substanzen gibt, sondern auch bei der klassischen Chemotherapie in Bewegung geraten: In einer zulassungsrelevanten Phase-III-Studie hatte die Induktionstherapie mit der liposomal verkapselten Galenik von Cytarabin und Daunorubicin (CPX-351) bei Patient:innen mit MDS-ähnlicher und therapiebedingter AML im Alter von 60–70 Jahren zu höheren Ansprechraten und einem längeren OS geführt als das klassische 7+3-Protokoll [1]. Die beiden deutschen Studiengruppen SAL (Studienallianz Leukämie) und AMLSG (AML-Studiengruppe) zusammen mit der kooperativen deutschen Transplantations-Studiengruppe überprüften nun im Real World Setting, ob sich die Ergebnisse der Zulassungsstudie auch im klinischen Alltag wiederfinden. Dazu analysierten sie retrospektiv die Daten von 188 Pati-ent:innen, die zulassungsgemäß mit CPX-351 behandelt worden waren [2].
Die Studie ergab, dass die Induktionstherapie mit CPX-351 auch in der täglichen Praxis abseits kontrollierter Studien wirksam zu sein scheint und vor allem eine effektive Bridging-Option zu einer allogenen Transplantation (allo-HSCT) darstellt.
47 % der Patient:innen erzielten unter der Therapie eine Komplettremission mit oder ohne vollständige hämatologische Erholung; 64 % der Betroffenen erreichten darüber hinaus MRD(messbare Resterkrankung)-Negativität (10-3). 35 weitere, die bei der ersten Kontrolle als morphologisch leukämiefrei diagnostiziert (MLFS) wurden, erzielten danach ohne weitere Therapie eine Komplettremission. Nach einem medianen Follow-up von 9,3 Monaten lag das mediane Gesamtüberleben (OS) bei 21 Monaten, bei einer 1-Jahres-OS-Rate von 64 %. Insgesamt 116 Patient:innen konnten einer allo-HSCT zugeführt werden, 101 von ihnen in kompletter Remission. 73 % der transplantierten Patient:innen waren nach 12 Monaten noch am Leben, besonders viele von ihnen mit MRD-negativem Status (p = 0,048; Abb. 1) [2].