ER-low-Brustkrebs: Auswertung der NCDB
Die National Cancer Database (NCDB) ist eine Datenbank, die von mehr als 1.500 Einrichtungen in den USA Daten zu Personen mit malignen neoplastischen Erkrankungen sammelt und unter anderem deren Behandlung und Therapieergebnis analysiert. Choong et al. von der Mayo Clinic in Rochester, MN/USA, haben eine retrospektive Datenauswertung mithilfe der NCDB zum Mammakarzinom durchgeführt, das nur sehr gering den Östrogenrezeptor exprimiert (ER-low). Ziel der Auswertung war es, die Wertigkeit der endokrinen Therapie in dieser Population zu untersuchen. In den Jahren 2018 bis 2020 haben Choong et al. Patientinnen mit einem ER-low-Mammakarzinom im Stadium I–III analysiert [1]. ER-low wurde definiert als eine Östrogenrezeptorexpression von 1 bis 10 % in der Immunhistochemie. Einschlusskriterien waren unter anderem die erfolgte neoadjuvante oder adjuvante Chemotherapie sowie eine operative Resektion des Tumors.
Von 354.378 Frauen mit einem hormonrezeptorpositiven (HR+) Mammakarzinom hatten 3 % eine ER-low-Expression, und wiederum 68 % davon (n = 7.018) erhielten eine Chemotherapie und wurden in die Auswertung aufgenommen. Im Median waren die Patientinnen 55 Jahre alt und hatten in 73 % der Fälle ein G3-Karzinom (Grading). 73 % der Tumoren wiesen keine Expression des Progesteronrezeptors (PR–) und 65 % keine Expression des HER2-neu-Rezeptors (HER2–) auf. Im Durchschnitt betrug der Ki67 58 %. Zusammenfassend handelte es sich also um eine Patientenpopulation mit einem erhöhten Rückfallrisiko, um sogenannte High-Risk-Patientinnen.
42 % der Patientinnen erhielten keine endokrine Therapie. Nach einem medianen Follow-up (Nachbeobachtungszeitraum) von drei Jahren ergab sich ein signifikant schlechteres Gesamtüberleben (OS) mit einem Unterschied von 3,2 % (94,3 vs. Hazard Ratio [HR] 1,25; 95 %-Konfidenzintervall [95%-KI] 1,05–1,48; p = 0,01) für die Patientinnen, die keine endokrine Therapie erhalten hatten. Somit wurde gezeigt, dass der Verzicht auf eine endokrine Therapie mit einem 25 % höheren Risiko für Tod assoziiert ist, insbesondere bei fehlender pathologischer Komplettremission (non-pCR) nach einer neoadjuvanten Chemotherapie. Es wurde postuliert, dass bis zum Erhalt der prospektiven Studiendaten die endokrine Therapie auch bei Patientinnen mit einem ER-low-Mammakarzinom empfohlen werden sollte [1].
Erste DESTINY-Breast06-Daten: HER2-low/-ultralow
Nach den Daten der Studie DESTINY-Breast04 ist Trastuzumab-Deruxtecan (T-DXd) bereits eine zugelassene Therapie in der dritten Linie beim metastasierten HR+ HER2-low-Mammakarzinom. T-DXd ist ein Antikörper-Wirkstoff-Konjugat (ADC), dessen Antikörper Trastuzumab gegen den HER2-Rezeptor gerichtet ist und der mit dem Zytostatikum Deruxtecan (Topoisomerase-I-Inhibitor) beladen ist. In der randomisierten, multizentrischen Phase-III-Studie DESTINY-Breast06 wurde der Einsatz von T-DXd in früherer Therapielinie beim metastasierten HR+ Mammakarzinom untersucht und in der HER2-low- und HER2-ultralow-Subgruppe analysiert.
Als HER2-low wird der Tumor kategorisiert, wenn in der Immunhistochemie (IHC) 1+ oder 2+ mit negativer In-situ-Hybridisierung vorliegt. Die HER2-low-Gruppe IHC 0 wurde in der DESTINY-Breast06-Studie jedoch weiter aufgeteilt in HER2– mit komplettem Fehlen einer HER2-Expression und in HER2-ultralow mit schwacher, partieller Membranfärbung von ≤ 10 % der Zellen.
Erste Resultate nach einem Follow-up von 18,2 Monaten wurden von Giuseppe Curigliano, Mailand, Italien, beim ASCO 2024 präsentiert [2]. In der DESTINY-Breast06-Studie wurde T-DXd mit einer Chemotherapie nach Arztwahl (Capecitabin, nab-Paclitaxel oder Paclitaxel) verglichen. Eingeschlossen wurden Patientinnen mit einem metastasierten chemotherapienaiven HR+ HER2-low- oder HER2-ultralow-Mammakarzinom. Sie mussten eine der folgenden Einschlusskriterien vorweisen: mindestens zwei endokrine Vortherapien im metastasierten Setting oder eine endokrine Vortherapie und einen Progress nach weniger als sechs Monaten Therapie beziehungsweise eine Erstdiagnose des metastasierten Rezidivs innerhalb der ersten zwei Jahre der adjuvanten endokrinen Therapie. Es wurden 865 Patientinnen und ein Patient eingeschlossen, von denen bei 713 eine HER2-low- und bei 152 eine HER2-ultralow-Expression nachgewiesen wurde. Bei circa 85 % der Teilnehmenden lag eine viszerale Metastasierung vor, und 90,4 % hatten eine Vortherapie mit einem CDK4/6-Inhibitor erhalten.
In der HER2-low-Population verlängerte sich das progressionsfreies Überleben (PFS; primärer Endpunkt) von 8,1 Monaten unter der Chemotherapie auf 13,2 Monate unter T-DXd (HR 0,62; 95 %-KI 0,51–0,74; p < 0,0001). Der signifikante Unterschied von 5,1 Monaten beim HER2-low-Mammakarzinom ähnelte den Resultaten in der Population mit HER2-ultralow-Mammakarzinomen. Hier konnte eine Verlängerung des PFS von 4,9 Monaten (8,3 vs. 13,2 Monate; HR 0,78; 95 %-KI 0,5–1,21) durch den Einsatz von T-DXd erreicht werden. Somit waren die Ergebnisse in beiden Subgruppen vergleichbar.
Die erste Interimsanalyse des OS, dem sekundären Endpunkt, ergab ebenfalls vielversprechende Daten. Nach einem Jahr lag das OS in der HER2-low-Population unter T-DXd bei 87,6 % und unter der Chemotherapie bei 81,7 % (HR 0,83; 95 %-KI 0,66–1,05; p = 0,1181). 20,1 % der Teilnehmenden im Chemotherapiearm hatten nach einem Progress eine Therapieumstellung auf T-DXd erhalten. Auch in der HER2-ultralow-Population konnte bereits ein OS-Unterschied festgestellt werden. Hier konnte in der T-DXd-Gruppe eine OS-Rate von 84 % und in der Chemotherapiegruppe von 78,7 % erzielt werden (HR 0,75; 95 %-KI 0,43–1,29).
Zusammenfassend hat sich in der DESTINY-Breast06-Studie eine signifikante Verlängerung des PFS beim metastasierten HR+ HER2-low-Mammakarzinom bereits in einer Therapielinie früher als in der DESTINY-Breast04-Studie gezeigt. Darüber hinaus liegen in der HER2-ultralow-Population vergleichbare Resultate vor, sodass auch für diese Subgruppe T-DXd eine Therapieoption darstellt [2].
A-BRAVE: weiterer ICI für triple-negativen Bruskrebs
Das triple-negative Mammakarzinom ist der Subtyp mit der höchsten Immunogenität. Darüber hinaus geht es mit einer schlechten Prognose einher, vor allem wenn trotz einer neoadjuvanten Chemotherapie keine pathologische Komplettremission (non-pCR) erreicht werden konnte. Deshalb ist im Jahr 2015 die randomisierte Phase-III-Studie A-BRAVE initiiert worden. Zu diesem Zeitpunkt stand bis auf die konventionelle Chemotherapie noch keine zielgerichtete Therapie für diese Patientengruppe zur Verfügung.
Eingeschlossen wurden 477 Patientinnen mit einer Hochrisikosituation, die entweder nach einer neoadjuvanten Chemotherapie eine non-pCR in der Brust oder im Lymphknoten aufwiesen oder nach einer primär operativen Therapie und einer adjuvanten Chemotherapie einen fortgeschrittenen Befund (pT2pN1; pT3–4; ≥ pN2) boten. Verglichen wurde der Immuncheckpoint-Inhibitor (ICI) Avelumab, ein PD-L1-Antikörper, der für 52 Wochen (q2w) intravenös verabreicht wurde, mit keiner weiteren Systemtherapie.
Beim ASCO 2024 stellte Pier Franco Conte, Padua, Italien, die Studienergebnisse vor [3]. In der Gesamtstudienpopulation („intention to treat“; ITT) konnte ein signifikanter Vorteil von 8,5 % in der OS-Rate gezeigt werden. Im Avelumab-Arm betrug die OS-Rate 84,8 % und in der Vergleichsgruppe 76,3 % (HR 0,66; 95 %-KI 0,45–0,97; p = 0,035). Außerdem konnte in der ITT-Population eine signifikante Verbesserung des fernmetastasenfreien Überlebens (DDFS) erzielt werden: 75,4 % bei (post-)adjuvanter Behandlung mit Avelumab sowie 67,9 % in der Beobachtungsgruppe (HR 0,7; 95 %-KI 0,5–0,96; p = 0,0277). Ein Vorteil des erkrankungsfreien Überlebens (DFS) wurde in der ITT-Population und in der postneoadjuvanten Gruppe sowie beim OS in der postneoadjuvanten Gruppe festgestellt – allerdings ohne Erreichen des Signifikanzniveaus.
Das Nebenwirkungsprofil ähnelte dem der bereits zugelassenen ICI Pembrolizumab und Atezolizumab. Es traten insbesondere Hypo-/Hyperthyreose, Kolitis, Diarrhö und ein Transaminasenanstieg auf.
Erstmalig konnte gezeigt werden, dass eine Immuntherapie auch dann wirksam sein kann, wenn sie nach der Entfernung des Tumors begonnen wird. Obwohl nicht in allen Endpunkten ein signifikantes Ergebnis erreicht werden konnte, scheint Avelumab eine potenzielle Therapieoption beim frühen, triple-negativen Mammakarzinom in der Hochrisikosituation zu sein. Insbesondere im Falle einer non-pCR nach einer neoadjuvanten Chemotherapie ohne Pembrolizumab kann Avelumab zukünftig gegebenenfalls eine weitere Möglichkeit sein, um die Prognose der Patientinnen zu verbessern [3].
EMERALD: Alternative zum Taxan bei HER2+ Brustkrebs
Zu den Standardtherapien beim HER2-positiven (HER2+) Mammakarzinom gehört im metastasierten Setting eine taxanhaltige Chemotherapie in Kombination mit einer dualen HER2-gerichteten Antikörpertherapie. In der EMERALD-Studie wollte man die Nichtunterlegenheit des Einsatzes von Eribulin in Kombination mit einer dualen HER2-gerichteten Blockade (Trastuzumab/Pertuzumab) gegenüber einem Taxan mit dualer HER2-Blockade zeigen. In die Studie aufgenommen wurden Patientinnen mit einem lokal fortgeschrittenen oder metastasierten Mammakarzinom. Die Teilnehmerinnen waren in diesem Setting chemotherapienaiv, die neo- oder adjuvante Chemotherapie musste also mindestens sechs Monate zurückliegen. Die 446 Patientinnen erhielten randomisiert entweder Eribulin an den Tagen 1 und 8 in einem 21-Tage-Zyklus in Kombination mit Trastuzumab/Pertuzumab (q3w) oder Docetaxel (an Tag 1) beziehungsweise Paclitaxel (an den Tagen 1, 8 und 15) in einem 21-Tage-Zyklus in Kombination mit Trastuzumab/Pertuzumab (q3w).
Im Taxan-Arm wurden von 222 Patientinnen 186 mit Docetaxel und 36 mit Paclitaxel behandelt. 59 % des gesamten Studienkollektivs waren de-novo-metastasiert, und 31,8 % hatten nach ihrer Ersterkrankung ein erkrankungsfreies Intervall von mindestens 24 Monaten. Eine taxanhaltige Chemotherapie in der Adjuvanz oder Neoadjuvanz hatten bereits 31,0 % der Frauen des gesamten Studienkollektivs bekommen.
Im primären Endpunkt zeigte sich die Nichtunterlegenheit von Eribulin. Das mediane PFS im Eribulin-Arm betrug 14 Monate (95 %-KI 11,7–16,2) und im Taxan-Arm 12,9 Monate (95 %-KI 10,8–15,6).
Folglich bleibt ein Taxan in Kombination mit einer dualen HER2-Blockade Standard in der Erstlinientherapie des HER2+ metastasierten Mammakarzinoms. Die Ergebnisse der EMERALD-Studie beweisen, dass bei ausgewählten Patientinnen mit einer Kontraindikation gegen ein Taxan das Zytostatikum Eribulin eine valide Alternative darstellen kann [4].