Myeloproliferative Neoplasien: Alte Bekannte und neue Kombinationen
Aktuelle Studien bei Patienten mit myeloproliferativen Neoplasien, die bei der Jahrestagung der American Society of Hematology (ASH) im Dezember 2023 in San Diego, CA/USA, präsentiert worden sind, beleuchten die Rolle von Standardtherapien wie Hydroxyurea, Interferon und Ruxolitinib sowie ihre mögliche Optimierung durch die Kombination mit neuen Wirkstoffen.
myeloproliferative Neoplasien, Myelofibrose, Polycythaemia Vera, essenzielle Thrombozythämie, Hydroxyurea, Interferon, Ruxolitinib
Hydroxyurea/Hydroxycarbamid oder IFN?
Wird bei myeloproliferativen Neoplasien (MPN) eine zytoreduktive Therapie erforderlich, ist die Therapie mit Hydroxyurea/Hydroxycarbamid (HU) ein lange etablierter Standard. Seit einiger Zeit gibt es Berichte über die Wirksamkeit von einem rekombinanten pegylierten Interferon-α-2 (pegIFNα) als zytoreduktive Therapie bei MPN, insbesondere auch hinsichtlich des molekularen Ansprechens. Aktuell ist Ropeginterferon-α-2b in Deutschland zur Behandlung bei Polycythaemia Vera ohne symptomatische Splenomegalie zugelassen. Die Onkopedia-Leitlinie empfiehlt, diese Alternative zu HU insbesondere bei Patienten im Alter von unter 60 Jahren zu erwägen [1]. Die anlässlich des ASH 2023 von Dr. Trine Alma Knudsen, Roskilde, Dänemark, vorgestellten finalen Ergebnisse der akademisch initiierten Phase-III-Studie DALIAH mit Patienten mit verschiedenen MPN zeigen nach 60 Monaten Therapie eine höhere molekulare Ansprechrate bei der Behandlung mit niedrig dosiertem pegIFNα im Vergleich zu HU [2]. Allerdings hatten fast zwei Drittel der Behandelten der pegIFNα-Gruppe die Therapie zu diesem Zeitpunkt bereits abgebrochen.
An der Studie nahmen 203 Erwachsene mit neu diagnostizierten Philadelphia-Chromosom-negativen MPN teil. In der Altersgruppe der unter 60-Jährigen erhielten sie randomisiert entweder pegIFNα-2a (in dieser Indikation off-label) oder pegIFNα-2b (seit 2021 nicht mehr verfügbar). Die über 60-Jährigen wurden in drei Gruppen randomisiert (pegIFNα-2a, -2b und HU). Insgesamt wiesen 36 % der Patienten eine essenzielle Thrombozythämie, 44 % eine Polycythaemia Vera, 8 % eine prä-primäre Myelofibrose und 12 % eine primäre Myelofibrose auf. Bei 75 % war eine JAK2V617F-Mutation nachgewiesen worden, 20 % hatten bereits ein schweres thrombotisches Ereignis erlitten.
Die Intention-to-treat(ITT)-Analyse ergab nach 18, 36 oder 60 Monaten keinen Unterschied im molekularen Ansprechen zwischen den zusammengefassten pegIFNα-Gruppen und der HU-Gruppe (Abb. 1).