mHSPC mit niedrigem Volumen: Strahlentherapie vorteilhaft
In der aktuellen S3-Leitlinie [1] wird eine Prostatabestrahlung für mHSPC-Patienten mit maximal vier Knochenmetastasen zusätzlich zur systemischen Therapie empfohlen. Allerdings beruht diese Empfehlung auf den Ergebnissen der STAMPEDE-Studie (Arm H) [2] und der HORRAD-Studie [3], in der die angewendete Systemtherapie überwiegend aus einer alleinigen Androgendeprivationstherapie (ADT) bzw. zum Teil plus Docetaxel in der STAMPEDE-Studie bestand. Mittlerweile seien aber intensivere und effektivere Systemtherapien für das mHSPC verfügbar, wie Dr. Karen Hoffman, Houston, TX/USA, auf der ASCO-Jahrestagung 2023 erklärte. Ob die lokale Bestrahlung in Kombination mit den modernen Systemtherapien immer noch einen Stellenwert beim nHSPC mit niedrigem Volumen hat, wurde deshalb in der Phase-III-Studie PEACE-1 untersucht, die Dr. Alberto Bossi, Villejuif, Frankreich, vorgestellt hat [4].
1.172 Männer mit mHSPC erhielten im Rahmen des 2x2-Studiendesigns randomisiert entweder eine Standardsystemtherapie bestehend aus ADT plus Docetaxel mit oder ohne zusätzlichem Abirateron plus Prednison (AAP) kombiniert mit einer lokalen Bestrahlung (n = 584) oder einer Standardtherapie (mit oder ohne AAP) ohne Strahlentherapie (n = 588). Bei 505 Patienten lag ein niedriges Tumorvolumen vor (0–3 Knochenmetastasen mit oder ohne Lymphknotenbefall).
Insgesamt konnte die ergänzende Bestrahlung weder die mediane radiologische progressionsfreie Überlebenszeit (rPFS) noch das Gesamtüberleben (OS) – beides primäre Studienendpunkte – verbessern. Die Studienarme einzeln betrachtet, verlängerte sich allerdings das rPFS im Median um 7,5 Jahre durch die Hinzunahme von AAP und der Bestrahlung zur Standardtherapie (Hazard Ratio [HR] 0,49; 99%-Konfidenzintervall [99%-KI] 0,28–0,87; p < 0,0001). Zudem war das mediane OS in dieser Gruppe noch nicht erreicht, im Standardarm hingegen schon (im Median 7,1 Jahre). Für AAP und eine lokale Bestrahlung scheine ein synergistischer Effekt vorzuliegen, folgerte Bossi.
Obwohl kein Überlebensvorteil in der Gesamtpopulation gezeigt werden konnte, habe die lokale Bestrahlung trotzdem andere wichtige Vorteile für die Patienten bewirkt, erklärte Hoffman als Diskutantin der Studie. So habe die Therapiekombination – im Unterschied zu den Ergebnissen der STAMPEDE-Studie – das Auftreten von schweren lokalen Symptomen in den ableitenden Harnwegen reduziert. Dies war nicht nur der Fall bei den Männern mit geringem Tumorvolumen, sondern auch in der Gesamtpopulation. Hoffman schlug vor, weiterhin mHSPC mit niedrigem Tumorvolumen lokal zu bestrahlen – mit der Prämisse, die Patienten über die Vor- und Nachteile aufzuklären: Prävention lokaler Symptome, verbesserte Tumorkontrolle, verlängertes rPFS in Verbindung mit AAP, Aufschieben der Kastrationsresistenz – aber eine geringere Chance für einen OS-Vorteil.
Lokales Prostatakarzinom mit hohem Risiko: Biomarker für Nutzen der Langzeit-ADT
Die ADT verlängert das OS und reduziert das Risiko für Metastasen bei Männern mit lokalem Prostatakarzinom und hohem Metastasierungsrisiko, die sich einer zusätzlichen Strahlentherapie unterziehen. In der Studie ArteraAI Long-Term ADT evaluierte das Team um Andrew J. Armstrong, Durham, NC/USA, einen prädiktiven Biomarker, der auf dem Einsatz künstlicher Intelligenz beruht [5].
Anhand von sechs Phase-III-Studien der US-amerikanischen Kooperation NRG-Oncology, in der Prostatakarzinompatienten eine Bestrahlung mit oder ohne ADT erhielten, sollte der Biomarker den Einfluss der Langzeit-ADT auf die Fernmetastasierung bestimmen. Anschließend wurde der KI-Biomarker anhand der NRG/RTOG-9202-Studie validiert, in der die Patienten randomisiert entweder eine Bestrahlung plus Kurzzeit-ADT oder eine Bestrahlung plus Langzeit-ADT erhielten.
Der prädiktive KI-Biomarker konnte ein Drittel der Hochrisikopatienten identifizieren (34 %), die von einer Kurzzeit-ADT profitieren würden und demzufolge wahrscheinlich keine Langzeit-ADT benötigten. Der größte Nutzen des Biomarkers sei daher, die Last der ADT für eine substanzielle Anzahl von Hochrisikopatienten zu reduzieren, da die Nebenwirkungen der Langzeit-ADT verhindert werden könnten. So ordnete Hoffman auch diese Studie ein. Allerdings sollten daneben immer Patientencharakteristika, Komorbiditäten und der Patientenwunsch berücksichtigt werden, mahnte sie.
mCRPC: AR-Inhibitor plus PARP-Inhibitor
Kürzlich hat die US-Zulassungsbehörde FDA den Androgenrezeptor(AR)-Inhibitor Abirateron plus Prednison in Kombination mit dem PARP-Inhibitor Olaparib zugelassen zur Therapie des metastasierten kastrationsresistenten Prostatakarzinoms (mCRPC) mit vorliegender BRCA1- oder -2-Mutation. Eine weitere derartige Kombination aus dem AR-Inhibitor Enzalutamid und dem PARP-Inhibitor Talazoparib wurde nun in der Phase-III-Studie TALAPRO-2 geprüft [6]. Im Vergleich zur Enzalutamid-Therapie plus Placebo konnte diese Kombinationstherapie signifikant das rPFS verbessern (HR 0,45; 95%-KI 0,33–0,61; zweiseitiger p-Wert < 0,001).