In den letzten 20 Jahren hat sich das Oropharynxkarzinom (OPSCC) mit einer geschätzten Inzidenz von ca. 16/100.000 bei Männern und ca. 6/100.000 bei Frauen als das Karzinom im Kopf-Hals-Bereich in Deutschland mit der am stärksten steigenden Inzidenz entwickelt.
Für Zungengrund- und Tonsillenkarzinome konnte gerade bei jungen Erwachsenen ein Anstieg der Neuerkrankungen gezeigt werden (Tonsillenkarzinome: zwischen 2013 und 2020 Anstieg von 1.249 auf 1.818 Neuerkrankungen/Jahr; Zungengrundkarzinome: entsprechend Anstieg von 823 auf 1.075 Neuerkrankungen/Jahr (Robert Koch-Institut)). Die Platten-epithelkarzinome des Oropharynx rangieren mittlerweile an sechster Stelle der häufigsten Krebsformen bei Männern [1].
Für die Gruppe der OPSCC-Patienten fällt auf, dass die „klassischen“ Risikofaktoren Tabak-/Alkoholkonsum in den Schatten der prominent gewordenen und kausal hinreichend untermauerten Infektionen mit dem Humanen Papillomavirus (HPV) Subtyp 16 getreten sind (insbesondere die am stärksten zunehmenden Tonsillen- und Zungengrundkarzinome), ohne jedoch den Stellenwert des Tabak- und/oder Alkoholkonsums als Hauptrisikofaktoren für das OPSCC in Europa zu schmälern. Andl und Bosch hatten bereits 1998 erstmals auf Basis von Zellzyklus-Analysen an einer Patientenserie auf diesen klinisch relevanten Zusammenhang zwischen HPV-Infektionen und dem Auftreten von OPSCC hingewiesen [2].
Eine HPV-Übertragung erfolgt überwiegend durch Haut- und Schleimhautkontakt. Aktuell besteht die Annahme, dass etwa 30–40 Subtypen primär durch ungeschützten Sexualverkehr (genital, anal, oral), aber wahrscheinlich auch durch Kontakt zu öffentlichen Feuchtflächen wie Toiletten, Türgriffen, Badeanstalten etc. übertragen werden.
Man geht heute davon aus, dass es sich bei HPV-assoziierten OPSCC um eine genetisch diverse, von HPV-negativen Oropharynxkarzinomen unterscheidbare eigene Subgruppe handelt [3–5].
Rein HPV-assoziierte Tumoren zeigen häufig einen hornarmen, an ein basaloides Plattenepithelkarzinom erinnernden histologischen Phänotyp, ohne jedoch der Subgruppe der basaloiden Plattenepithelkarzinome im engeren Sinne zugehörig zu sein. Da die entsprechende Morphologie aber einer gewissen Variationsbreite unterliegt, ist eine alleinige histologische Zuordnung unzuverlässig. Der Nachweis von HPV16-mRNA E6*I, einer für die neoplastische Transformation ursächlichen frühen („early”, E) für die Proteine E6 und E7 kodierenden Sequenz, wird derzeit als sicherste Nachweismethode der definitiven HPV16-Assoziation angesehen, ist aber in der Routine oft nicht möglich (Frischmaterial) [1]. Tatsächlich berichten relevante Autoren von 15 % bis 23 % der p16-positiven OPSCC, die schließlich in der Polymerase-Kettenreaktion (PCR) und In-situ-Hybridisierung HPV16-negativ waren [6–8]. Ungeachtet dieser Unschärfe ist p16 die heute praktikabelste und billigste Methode der indirekten HPV-16-Detektion und wird daher übereinstimmend – auch vom American Joint Committee on Cancer (AJCC) und dem Union for International Cancer Control(UICC)-TNM-Komitee – empfohlen, allerdings „noch“ ohne therapeutische Konsequenzen.
Aus retrospektiven Analysen liegt die Vermutung nahe, dass HPV-assoziierte OPSCC erheblich besser auf die bisherigen Therapiekonzepte ansprechen. Sowohl nach primärer chirurgischer als auch Radio- bzw. Radiochemo- bzw. Anti-EGFR-Behandlung zeigt diese Tumorgruppe ein signifikant besseres Überleben. In der Mehrheit der Studien lag das Gesamtüberleben im Durchschnitt aller Erstdiagnosestadien nach 5 Jahren für HPV-positive (bzw. p16-positive) Oropharynxmalignome bei bis zu 80 % und für HPV-negative bei 30–35 % [1].
2017 wurde daher in der aktuellen 8. Auflage der TNM-Klassifikation (UICC, AJCC) der HPV-assoziierten unterschiedlichen Betrachtung mit einer Neuordnung der Tumorstadien und des N-Status Rechnung getragen. Ist also ein Oropharynxkarzinom p16-positiv, werden unter Stadium I – anstatt wie bisher ausschließlich T1N0M0-Tumoren – neuerdings T1,2 und N0,1-Tumoren zusammengefasst. Stadium II umfasst sogar T1–3, N0–2-Tumoren gegenüber vorher ausschließlich erlaubten T2N0-Tumoren [9]. Dieses fast gefährliche „Downstaging“ hat bislang rein prognostische Bedeutung, da in retrospektiven Analysen aufgrund der schlechten Stadien-Diskriminierung bei HPV-Positivität Handlungsbedarf gesehen wurde. Man muss also bei der neuen Betrachtung von Tumorstadien sehr darauf achten, insbesondere bei paralleler Tabak-, Alkohol- und HPV-Assoziation, nicht in die Gefahr des zu geringen Umfangs bzw. der mangelnden Intensität von vorgeschlagenen Therapiemaßnahmen zu geraten [10].
Um es klarer zu formulieren: Die übereilt verabschiedete 8. Novellierung der TNM-Klassifikation führte zu großer Verwirrung unter Kopf-Hals-Onkologen, da die Datenbasis nur aus retrospektiven Betrachtungen der ICON-S-Studie von nahezu ausschließlich mit Radio-(Chemo)-Therapie behandelten Oropharynxkarzinom-Patienten gezogen wurde [11] und sich therapeutische Implikationen definitiv (noch) nicht ergeben. Entsprechend groß ist die aktuelle Unsicherheit, wie man das OPSCC im Spiegel der aufgezeigten Entwicklungen optimal behandeln kann. Auch gibt es große Unsicherheiten bei der Früherkennung; so drängen Schnelltestverfahren zur HPV-Detektion ohne ausreichende klinische Prüfung auf den Markt. Als gesichert gilt die Prävention. Es gelten die HPV-Impf-empfehlungen in Analogie zum Zervixkarzinom; seit 2018 ist die HPV-Impfung auch für Jungen Kassenleistung [12].
Therapeutische Betrachtung
Aktuelle Therapiestandards in Deutschland
Die Therapieempfehlungen des Oropharynxkarzinoms sind weltweit sehr heterogen und reichen von primärer Chirurgie bis hin zur alleinigen Bestrahlung/± Chemotherapie bei p16-Positivität.
Generell ist ein Trend zur transoralen Resektion plus Neck dissection plus adjuvante Radio-(Chemo-)Therapie auch bei größeren Tumoren zu beobachten. Transmandibuläre Zugänge sind aufgrund der höheren Zugangsmorbidität (allein die bleibende sichtbare Narbe durch Unterlippe und Kinn) kritisch zu sehen und im Kontext des modernen Zugangsspektrums (transzervikal lateral, supra-hyoidal, transoral) nur noch sehr selten notwendig.
Über die einzelnen Operationstechniken des Primärtumors wird aufgrund der hohen Komplexität aus Resektions- und Rekonstruktionstechniken auf die bestehenden Operationslehren verwiesen [13]. Bei der Neck dissection wird zwischen einer elektiven (bei cN0-Situation prophylaktischen) und einer kurativen Neck dissection (bei cN+ Situation) unterschieden.
Das chirurgische Ausmaß der Neck dissection wird nach Robbins [14] klassifiziert: Die selektive Neck dissection (SND) ist die heute am häufigsten empfohlene und durchgeführte Form der Neck dissection. Bei cN0-Situation wird bis zu T2 und strenger Einseitigkeit des Primärtumors die einseitige selektive Neck dissection (Level IIa–IV, ggf. V), bei größeren T-Stadien oder Mittelliniennähe oder gar -überschreitung das beidseitige Vorgehen empfohlen. Bei N+ Situation richtet sich das Ausmaß der Neck dissection nach dem N-Status (N > 1) und sollte überwiegend beidseitig erfolgen.
Eine gewisse Effektivität der präoperativen (neoadjuvanten) Induktions-Chemotherapie (ICT) mit Cisplatin und 5-Fluorouracil (5-FU) hinsichtlich des progressionsfreien Überlebens (PFS) oder des Gesamtüberlebens (OS) bei Patienten mit OHNSCC wurde zwar in der Publikation der GETTEC-Studiengruppe im Jahre 2000 postuliert [15], die Hypothese aber bereits kurz darauf von einer italienischen Studiengruppe nicht bestätigt [16]. In einer Studie aus jüngerer Zeit zeigte sich keinerlei Vorteil einer ICT mit TPF (Docetaxel/Cisplatin/5-FU) bei 222 Patienten mit lokal fortgeschrittenem OPSCC [17], sodass die ICT in den Standards für das OPSCC aktuell nicht empfohlen wird.
Bei nicht-resektablen Tumoren ist, wenn es der Allgemeinzustand des Patienten zulässt, die simultane Radiochemotherapie (RCH) mit Cisplatin als Therapiestandard anzusehen. Im angloamerikanischen Raum ist die RCH bzw. alleinige Radiotherapie (R) auch bei kleineren, gut resektablen OPSCC bisheriger Standard [1]. Mehrere Phase-III-Studien konnten eine Verbesserung der lokalen Tumorkontrolle und meist auch des OS durch die zusätzliche simultane Chemotherapie im Vergleich zur alleinigen Bestrahlung nachweisen.
Eine umfangreiche Metaanalyse randomisierter Studien der Jahre 1963–2000 zeigte einen signifikanten absoluten Überlebensvorteil durch die simultane Radiochemotherapie gegenüber der alleinigen Bestrahlung von 6,5 % nach 5 Jahren [18]. Eine Metaanalyse von Budach et al. [19] konnte eine Verlängerung der medianen Überlebenszeit um 12 Monate durch die simultane Chemotherapie nachweisen. Die am häufigsten eingesetzten Zytostatika sind Cisplatin, Carboplatin, 5-FU und Mitomycin C, wobei mit Cisplatin oder der Kombination aus Cisplatin und 5-FU bisher die besten Ergebnisse erzielt werden konnten. Das am weitesten verbreitete und als Therapiestandard zu betrachtende Konzept besteht aus der Gabe von Cisplatin (100 mg/m² KOF) an den Tagen 1, 22 und 43 der Strahlentherapie.
Therapeutische Implikationen für das OPSCC unter Berücksichtigung des HPV-16-Status
Den zentralen Ausschlag für die HPV-16-abhängigen therapeutischen Betrachtungen gaben die im Jahre 2021 publizierten retrospektiven Analysen einer amerikanischen Studie (RTOG 0129), bei der eine akzelerierte fraktionierte Strahlentherapie in Kombination mit Cisplatin gegen eine Standard-fraktionierte Strahlentherapie mit Cisplatin verglichen wurde. Kian Ang vom MD Anderson Center (leider 2013 unverhofft verstorben) konnte abhängig von Tabakkonsum, HPV16-Status, N-Status und Tumorgröße einen dreigliedrigen Score erarbeiten, nach dem die Gruppe der „low risk“ Tumoren (HPV16-pos, ≤ 10 pack years oder > 10 pack years + N0-N2a) von „intermediate risk“ Tumoren (HPV16-pos + > 10 pack years + N2b–N3 oder HPV16-neg. + ≤ 10 pack years + T2–T3) und „high risk“ (alle anderen HPV-negativen Tumoren) abgegrenzt wurden.
Grob gesprochen unterschieden sich die HPV16-positiven Niemalsraucher im 5-Jahresüberleben von den HPV16-negativen Starkrauchern bezüglich des 5-Jahresüberlebens um fast 50 % [20].
Da es in Nordamerika einen starken Trend zur primären Strahlentherapie des OPSCC gibt, wurde insbesondere dort die hierzulande strittige Empfehlung propagiert, dass aufgrund der HPV-(p16-)-assoziierten höheren Strahlensensibilität des OPSCC generell die primäre Strahlentherapie der Chirurgie vorgezogen werden solle. Gleichsam erlebte die trans-orale Laser-Mikrochirurgie (TLM) einen Aufschwung – und damit die chirurgische Therapie des OPSCC. Bruce Haughey und Kollegen konnten in einer multizentrischen Studie sehr beeindruckend darstellen, dass auch für die TLM die p16-positiven Patienten erheblich bessere Überlebensraten aufwiesen als die p16-negativen [21]; sie widersprachen damit der Annahme, dass p16-Positivität gleichbedeutend mit der notwendigen alleinigen Indikation zu einer primären Radio-/ bzw. Radiochemotherapie sei. Insofern ist p16-Positivität als positiver prognostischer, nicht als prädiktiver Marker anzusehen.
Die gleiche Arbeitsgruppe fand auch in retrospektiven Analysen heraus, dass bei der postoperativen adjuvanten Therapie mittels kombinierter Radiochemotherapie der additive Nutzen einer Chemotherapie bei extrakapsulärer Tumorausdehnung (ECS) in der Halslymphknotenmetastase bei p16-Positivität ausblieb [22]. Diese Frage wird aktuell in einer prospektiven US-Studie geklärt (Adjuvant De-escalation, Extracapsular spread, P16+, Transoral (A.D.E.P.T) Trial for Oropharynx Malignancy; Washington University, St. Louis). Die aktuell in den USA zugelassene transorale Roboter-Chirurgie (TORS) mit dem Da-Vinci-Telemanipulator (Intuitive Surgical) [23] hat eine geradezu euphorische Diskussion zur minimal invasiven Chirurgie von resektablen OPSCC ausgelöst; namhafte Radioonkologen wie Harry Quon (John Hopkins, Baltimore) und David Brizel (Duke University, Durham) setzen sich unter dem Eindruck erheblicher in der Vergangenheit aufgefallener Spättoxizitäten nach primärer Radiochemotherapie mit Cisplatin dafür ein, in Verbindung mit TORS schonendere adjuvante Strahlentherapiekonzepte zu entwickeln. Neue TORS-Konzeptüberlegungen führten mittlerweile zu zahlreichen technischen Weiterentwicklungen, wie etwa dem Flex Robotic System [24].
Die vermeintliche Überbewertung multimodaler Therapieansätze, nicht zuletzt durch die asymmetrische Studiendatenlage zugunsten nicht-operativer Therapieverfahren und damit Verdrängung konventioneller chirurgischer Verfahren in den USA, scheint aktuell einen drastischen Paradigmenwechsel zu erfahren. Unter dem fördernden Schirm des NIH in den USA werden aktuelle Studien zur TORS und TLM begleitet, die den Stellenwert dieser Chirurgie im Spiegel der HPV-Assoziation untersuchen sollen [25].
Unterstützt wird der Perspektivwechsel durch eine retrospektive Untersuchung zur alleinigen chirurgischen Therapie versus kombiniert chirurgischer und adjuvanter Radio-(Chemo)-Therapie von Stadium-I-Tumoren anhand der Daten aus der National Cancer Database von 2.463 Patienten mit HPV16-assoziiertem OPSCC [26].
Dabei ergab sich kein signifikanter Unterschied im 4-Jahres-OS zwischen den Gruppen mit allein chirurgischer, bi- oder trimodaler Therapie im Niedrigrisikokollektiv mit lediglich 0–1 Lymphknotenmetastasen. Bei Patienten mit intermediärem Risiko, entsprechend 2–4 Lymphknotenmetastasen, mikroskopisch extranodulärem Wachstum oder Lymphgefäßinvasion, ließ sich aufgrund der Diversität der Gruppen in der Risikostratifizierung der retrospektiven Analyse keine valide Aussage treffen; im 4-Jahres-Überleben war aber auch hier kein signifikanter Unterschied zu sehen [27].
Bemerkenswert ist eine von Nichols et al. in Lancet Oncology publizierte Phase-II-Studie (34 Patienten pro Arm; 88 % p16-positiv), bei der erstmals im prospektiven Direktvergleich die operative (TORS) der radioonkologischen Therapie von T1–2, N0–2-Tumoren gegenübergestellt wurde (ORATOR: „Oropharynx Radiotherapy versus Transoral Robotic Surgery“) [28]. Der primäre Endpunkt adressierte die Lebensqualität bezogen auf die Schluckfunktion (MDADI-Score) nach einem Jahr, wobei ein klinisch bedeutsamer Unterschied bei einer Differenz von mehr als 10 Punkten definiert wurde. Wenngleich der MDADI-Score zu allen Zeitpunkten zugunsten der primär radio-(chemo)-therapeutisch behandelten Patientengruppe verschoben war, wurde ein klinisch bedeutsamer Unterschied im Gesamtscore nicht erreicht [28].
Einige Kritik wurde zu dem in der Studie definierten chirurgischen Vorgehen laut: So wurde die Tracheotomie routinemäßig durchgeführt, obgleich sie nicht immer notwendig ist und einen negativen Einfluss auf die Schluckfunktion hat. Zudem wurde ein Sicherheitsabstand von 1 cm gewählt, während international 5 mm Konsens sind. Darüber hinaus ist TORS im Vergleich zur TLM wegen der weiten Expositionsnotwendigkeit mit sperrigen Retraktoren und den vergleichsweise groben Resektionsinstrumenten ein relativ grober Ansatz.
Zusammengefasst ist das aktuelle chirurgische Vorgehen in Deutschland bei diesen kleineren Tumoren deutlich zurückhaltender und bei transoralem Vorgehen mittels TLM behutsamer; nicht in jedem Fall wird eine begleitende Schutztracheotomie durchgeführt. Auch wenn in einer Pressemeldung der Deutschen Gesellschaft für Radioonkologie (DEGRO) vom 24.01.2020 die ORATOR-Studie als vermeintlicher Überlegenheitshinweis der Radio-(Chemo)-Therapie gegenüber der TORS interpretiert wurde [29], beantwortet sie nicht die definitive Frage, welches Verfahren hierzulande bei oropharyngealen Malignomen (ca. 35 % p16 positiv, in der Regel additiver Tabak- und/oder Alkoholkonsum) onkologisch und funktionell überlegen ist.
Obwohl bislang nur retrospektiv gezeigt, wird bei p16-Positivität über eine Therapie-Deeskalation nachgedacht. Diese bestünde in einer reduzierten Gesamtstrahlendosis oder der Reduktion bzw. Unterlassung der Chemotherapie. Brian O'Sullivan formulierte als erster einen Vorschlag zur Deeskalation, der sich auf die Subgruppe der HPV-positiven T1–3-Patienten mit N0–2a und 10 pack years oder N2b bezog [28]. Diese Subgruppen boten retrospektiv keinen Unterschied (Radio- vs. Radiochemotherapie), an Fernmetastasen zu erkranken. Dennoch formulierte O'Sullivan selbst, dass prospektive Studien notwendig seien und daher aktuell klinische Empfehlungen nicht gegeben werden könnten.
Äußerste Vorsicht bei der Indikationsstellung ist auch deshalb geboten, weil die Bereitschaft der Patienten, Einbußen im Hinblick auf ihre Überlebenschancen nach einer Therapie-Deeskalation hinzunehmen, im Allgemeinen gering ist [31]. Die erste offizielle Darstellung prospektiver kontrollierter Daten einer Therapie-Deeskalation beim p16-positiven OPSCC wurde auf dem ESMO 2018 von Mehanna et al. vorgestellt.
In der britischen multizentrischen Phase-III-Studie De-ESCALaTE (Determination of Epidermal growth factor receptor-inhibitor (cetuximab) vs. stand-ard chemotherapy (Cisplatin) early And Late Toxicity Events in HPV+ oropharyngeal squamous cell carcinoma) wurde bei p16-positiven OPSCC die als Standardtherapie empfohlene Radiochemotherapie mit Cisplatin mit einer kombinierten Radiotherapie mit Cetuximab bezüglich Toxizität und Gesamtüberleben verglichen (n = 334).
Bei zwar erhöhter Zahl von schwerwiegenden Toxizitäts-Ereignissen in der Cisplatin-Gruppe war jedoch das OS in der Cetuximab-Gruppe bedeutend niedriger (2-Jahres-OS: 97,5 % vs. 89,4 %, p = 0,001; Abb. 1) [32].