Der orale HER2-Tyrosinkinase-Inhibitor Tucatinib (Tukysa®) ist seit Februar 2021 kombiniert mit Trastuzumab und Capecitabin zur Therapie von Frauen mit lokal fortgeschrittenem oder metastasiertem HER2-positivem (HER2+) Brustkrebs zugelassen, die zuvor mindestens zwei gegen HER2 gerichtete Behandlungsschemata erhalten haben: Für diesen Einsatz sprach die Kommission Mamma der AGO eine ++-Empfehlung aus.
Die Empfehlung für Tucatinib fußt ebenso wie die Zulassung auf der Studie HER2CLIMB, in die 612 Patientinnen eingeschlossen wurden: 410 erhielten 2 x 300 mg Tucatinib oral täglich plus Trastuzumab (6mg/kg KG Tag 1) plus Capecitabin oral (Tag 1–14) in einem 21-Tage-Zyklus. Die Kontrollgruppe bestand aus 202 Patientinnen, die nach dem gleichen Schema mit Trastuzumab und Capecitabin plus Placebo behandelt wurden. Primärer Endpunkt der Studie war das progressionsfreie Überleben (PFS).
Der zusätzliche Einsatz von Tucatinib ergab eine Verlängerung des PFS um 46 % auf 7,8 Monate gegenüber 5,6 Monaten unter Placebo. Auch das mediane Gesamtüberleben (sekundärer Endpunkt), war unter Tucatinib versus Placebo mit 24,7 vs. 19,2 Monaten verlängert.
Alle Subgruppen profitierten von der Tucatinib-Therapie – auch diejenigen Frauen, die bei Beginn der Studie bereits Hirnmetastasen aufwiesen (n = 291). Im Tucatinib-Arm war zudem das Risiko, neue Hirnmetastasen zu entwickeln, für Frauen mit und ohne vorher bestehende Hirnmetastasierung um 43 % reduziert (6,8 % vs. 9,6 %). Prof. Dr. Sherko Kümmel, Essen, rief dazu auf, Tucatinib nicht erst bei vorhandenen Hirnmetastasen zu verabreichen, sondern anzustreben, ihre Entstehung durch den TKI-Hemmer hinauszuschieben.
Die Behandlungsziele in diesem fortgeschrittenen Brustkrebs-Stadium sind neben dem Hinausschieben der Hirnmetastasierung eine möglichst lange Chemotherapie-freie Zeit sowie erträgliche Nebenwirkungen. Letztere zeigten sich in HER2CLIMB über den gesamten Beobachtungszeitraum von bisher über 30 Monaten stabil. Neben Diarrhö (82 %, davon 13 % Grad 3 oder höher) traten das palmar-plantare Erythrodysästhesie-Syndrom mit 65 % (14 % Grad 3) sowie Übelkeit, Erbrechen und Fatigue auf.
Dr. Barbara Voll