Erstlinientherapie
CLL14 = Venetoclax/Obinutuzumab
Die zielgerichtete, d. h. chemotherapiefreie und auf ein Jahr limitierte Kombination aus dem B-Zell-Lymphom-2 (BCL-2)-Inhibitor Venetoclax und dem Anti-CD20-Antikörper Obinutuzumab (VenO) ist seit März 2020 für Erwachsene mit nicht vorbehandelter CLL zugelassen. Rationale dafür waren die Ergebnisse der noch laufenden Phase-III-Studie CLL14 der Deutschen CLL-Studiengruppe (DCLLSG), in der das CLL11 Therapieprotokoll aus Obinutuzumab und Chlorambucil randomisiert gegen VenO getestet wurde; beide Therapien wurden über insgesamt ein Jahr gegeben.
Wie wir bereits beim ASH-Kongress 2019 berichteten, war VenO nach median fast 40 Monaten beim progressionsfreien Überleben (PFS) mit einer Hazard Ratio (HR) von 0,31 (p < 0,001) sehr deutlich überlegen. Diese Überlegenheit galt für alle Subgruppen – insbesondere aber für Hochrisiko-Patienten mit unmutiertem IGHV, TP53-Mutationen oder 17p-Deletion und auch für solche mit komplexem Karyotyp. Auch komplette Remissionen waren unter VenO signifikant häufiger, und der Anteil an Patienten mit MRD-Negativität war mehr als verdoppelt, was zu einer erheblichen Verlängerung des PFS führte.
Beim jüngsten virtuellen ASH-Kongress konnte Othman Al-Sawaf, Köln, die neuesten Resultate zur molekularen Nachverfolgung der CLL14-Patienten vorstellen, bei denen individuell für jeden Patienten die klonale Verdoppelungsrate bestimmt und daraus die MRD-Verdoppelungszeit nach der zeitlich limitierten Therapie errechnet wurde [Abstract #127]. Abgesehen davon, dass bei 38 Patienten im VenO-, aber nur bei vier im ClbO-Arm nach Ende der Therapie gar keine MRD mehr nachweisbar war, zeigte sich auch bei der Zeit, innerhalb derer sich die MRD-Titer verdoppelten (89 vs. 71 Tage) bzw. verzehnfachten (296 vs. 237 Tage), ein deutlicher Vorteil für VenO; die mittlere Wachstumsrate des jeweiligen Klons war hier signifikant geringer (p = 0,0057). Die MRD-Messungen in dieser Studienpopulation sollen bis zu neun Jahre nach Einschluss des letzten Patienten fortgeführt werden; damit lassen sich mutmaßlich sehr zuverlässige Prognosemodelle entwickeln.
CAPTIVATE = Venetoclax/Ibrutinib
Auch für die Kombination aus Venetoclax und dem BTK-Inhibitor Ibrutinib werden zeitlich limitierte Behandlungsprotokolle ebenfalls in der Erstlinie getestet. In der MRD-Kohorte der globalen Phase-II-Studie CAPTIVATE, die William Wierda, Houston, vorstellte, erhielten 164 Patienten Ibrutinib zunächst für drei Zyklen alleine und danach für weitere zwölf Zyklen in Kombination mit Venetoclax [Abstract #123].
Die 86 Patienten, die dann weder im peripheren Blut noch im Knochenmark nachweisbare MRD hatten, wurden randomisiert, doppelblind eine Erhaltungstherapie mit Ibrutinib oder Placebo zu erhalten. Die 1-Jahres-Raten für das krankheitsfreie Überleben betrugen 95,3 % im Placebo- versus 100 % im Ibrutinib-Arm – ein nicht signifikanter Unterschied (p = 0,1475).
Patienten mit positiver MRD bekamen randomisiert weiterhin Ibrutinib als Monotherapie oder in der Kombination mit dem BCL-2-Inhibitor. Durch die Kombination konnten die Raten für MRD-Negativität nach der Erhaltungstherapie auf 57 % im peripheren Blut bzw. 54 % im Knochenmark gesteigert werden.
Die progressionsfreie 30-Monats-Überlebensrate betrug in allen Gruppen mehr als 95 %. Das Regime war überdies gut verträglich und könnte damit eine attraktive Option für die Erstlinientherapie der CLL darstellen, mit der sich hohe Raten an MRD-Negativität erzielen lassen. Bei einem großen Teil der Patienten scheint dies bereits initial zu funktionieren, sodass sich eine Konsolidierung oder Erhaltung erübrigen würde, um eine therapiefreie Remission zu erzielen.
UNITY-CLL: Umbralisib/Ublituximab
Das neue chemotherapiefreie „U2“-Protokoll wurde in der großen Phase-III-Studie UNITY-CLL getestet [Abstract #543]: Es besteht aus dem neuartigen Phosphoinositol-3-Kinase-δ-Inhibitor Umbralisib und dem ebenfalls innovativen Anti-CD20-Antikörper Ublituximab, stellt allerdings für beide Substanzen eine Dauertherapie dar, die zumindest in dieser Studie bis zur Progression gegeben wurde. Eingeschlossen wurden 421 Patienten mit CLL, von denen gut die Hälfte therapienaiv war. Im Kontrollarm wurde das Immunchemotherapie-Regime aus Obinutuzumab und Chlorambucil für sechs Zyklen gegeben.
Primärer Endpunkt war das PFS, so John Gribben, London; es zeigte sich unter dem neuen Protokoll deutlich und signifikant verlängert (median 31,9 vs. 17,9 Monate; HR 0,546; p < 0,0001; Abb. 1).