Definition, Epidemiologie, Biologie
Als CUP-Syndrom (cancer of un-known primary, Tumorerkrankung mit unbekanntem Primarius) wird ein heterogenes Krankheitsbild bezeichnet, das durch den histologischen Nachweis von Metastasen in Abwesenheit eines Primärtumors auch nach Abschluss umfassender Diagnostik gekennzeichnet ist. Obwohl CUP-Syndrome mit einer Inzidenz von 4–12/100.000/Jahr ca. 2–5 % aller Tumorerkrankungen ausmachen, stellen sie aufgrund ihres zumeist aggressiven Krankheitsverlaufs die vierthäufigste Ursache krebsbedingter Todesfälle dar [1].
Die Erkrankungsbiologie ist bis heute ungeklärt. Einerseits könnte es sich um eine heterogene Gruppe verschiedener Entitäten handeln, bei denen der Primarius aufgrund diagnostischer Limitationen nicht identifiziert werden kann. Nach dieser Theorie würde die Prognose jeder dieser Erkrankungen durch die Eigenschaften des unentdeckten Primarius bestimmt; es sollten demnach alle verfügbaren diagnostischen Möglichkeiten genutzt werden, um den Primärtumor zu identifizieren und im Anschluss eine primariusspezifische Therapie durchführen zu können. Andererseits weisen CUP-Syndrome auch über die Abwesenheit eines identifizierbaren Primärtumors hinaus weitere Gemeinsamkeiten wie ein atypisches Metastasierungsmuster, einen aggressiven Krankheitsverlauf und häufig eine Resistenz gegenüber einer konventionellen Chemotherapie auf. Dies impliziert eine CUP-spezifische Biologie und spezifische pathogenetische Mechanismen, die zu einer frühen Metastasierung und einem eingeschränkten lokalen Wachstum im Ursprungsorgan führen.
Beide Theorien schließen sich nicht gegenseitig aus. Wie später beschrieben weisen einige CUP-Erkrankungen Merkmale auf, die auf ein bestimmtes Ursprungsorgan hinweisen (prognostisch günstige Subgruppen), während bei anderen Hinweise auf ihre Herkunft fehlen.
Histologie und Primariusprädiktion
Histologisch handelt es sich neben wenigen vollständig undifferenzierten Malignomen ohne jede Möglichkeit der Linienzuordnung meist um Tumoren epithelialen Ursprungs, also Karzinome. Dabei machen Adenokarzinome mit ca. 75–90 % den größten Anteil aus, während undifferenzierte Karzinome und Plattenepithelkarzinome seltener sind. In Autopsiestudien konnte in bis zu 73 % der Fälle der Primarius post mortem identifiziert werden.
Die meisten, oft sehr kleinen Primärtumoren wurden hierbei in Lunge (20 %), Pankreas (17 %) und Gastrointestinaltrakt (15 %) gefunden [2]. Genexpressionsanalysen hingegen, welche in bis zu 90 % der Fälle eine molekulare Zuordnung zu einem mutmaßlichen Primärorgan ermöglichen, identifizieren den Primarius deutlich seltener in Lunge oder Pankreas (11 % bzw. 12 %) und häufiger in der Brust (15 %), dem Kolon (12 %) und den ableitenden Harnwegen (5 %). Die Spezifität dieser Befunde bleibt auch vor dem Hintergrund ihrer Diskrepanz zu den Autopsieergebnissen unklar.
Prognostische Faktoren
Unterschieden werden zwei prognostische Subgruppen: Die ca. 20 % der Fälle umfassende prognostisch günstige Subgruppe beinhaltet alle CUP-Erkrankungen, die entweder lokal begrenzt und vollständig resezierbar bzw. im Rahmen eines Oligometastasierungskonzepts behandelbar sind oder anhand histo- und molekularpathologischer Merkmale bzw. ihres Manifestationsmusters einem spezifischen Primarius zugeordnet werden können (Tab. 1).