alloSCT auch bei Älteren einer normalen Konsolidierung überlegen
Ältere Patient:innen mit AML haben nach wie vor eine schlechte Prognose. Ob sie von einer allogenen Stammzelltransplantation (allo-SCT), die bei Jüngeren mittlerweile ein Standard ist, profitieren würden, war mangels randomisierter Studien bislang nicht klar. Die erste randomisierte Phase-III-Studie zu diesem Thema, in die auf europäischer Ebene Patient:innen mit neu diagnostizierter AML im Alter zwischen 60 und 75 Jahren eingeschlossen wurden, stellte Dietger Niederwieser, Leipzig, beim ASH-Kongress vor [1].
Von 245 Patient:innen, die mit einer Induktionstherapie eine erste Komplettremission erzielt hatten, konnten 125 im Verhältnis 2:1 randomisiert werden, eine allo-SCT von einem HLA-identischen Spender/einer HLA-identischen Spenderin oder eine konventionelle Konsolidierung zu erhalten.
Primärer Endpunkt war das leukämiefreie Überleben, und hier war die Transplantationsstrategie mit einer leukämiefreien Überlebensrate nach 62 Monaten von 28,8 % gegenüber nur 8,9 % im Konsolidierungsarm überlegen. Die Differenz von im Median 8,9 Monaten war statistisch signifikant (p = 0,02), auch in einer multivariaten Analyse nach Kontrolle für den Spendertyp und das zytogenetische Risiko (p = 0,01). Bei den Rezidivraten nach fünf Jahren schnitt die Transplantation mit 37,8 % versus 91,1 % ebenfalls deutlich besser ab (Hazard Ratio 3,1; p < 0,0001). Die therapiebedingte Mortalität nach zwei Jahren war mit 26,8 % allerdings nicht vernachlässigbar, während im Konsolidierungsarm niemand an den Folgen der Behandlung verstorben war. Zum Tod führten vor allem Infektionen (39,4 %) und GvHD (21,5 %). Insgesamt zeigten 12,1 % der transplantierten Patient:innen eine akute GvHD vom Grad 3 oder 4 und 37,9 % eine ausgedehnte chronische Reaktion.
Aufgrund der therapiebedingten Mortalität war der Transplantationsarm beim Gesamtüberleben zunächst unterlegen, aber nach etwa 18 Monaten überschnitten sich die Kurven, sodass nach fünf Jahren mit einer Überlebensrate von 31,3 % gegenüber 27,1 % ein numerischer Vorteil für die Transplantation zu verzeichnen war – obwohl zwei Drittel der rezidivierten Patient:innen im Konsolidierungsarm in der Zweitlinie ebenfalls eine Stammzelltransplantation erhalten hatten.
Die Ergebnisse zeigen, so Niederwieser, dass die Stammzelltransplantation bei über 60-Jährigen der konventionellen Konsolidierung überlegen ist, was das leukämiefreie Überleben nach fünf Jahren betrifft. Die Kontrolle des Rezidivrisikos scheint in diesem Zeitrahmen also die mit der Transplantation assoziierte Mortalität mehr als zu kompensieren.
Bei gutem Ansprechen reicht eine einzelne Induktionstherapie
Bei Patient:innen mit neu diagnostizierter AML, die auf eine Induktionstherapie mit Cytarabin und Daunorubicin gut ansprechen, bringt eine zweite Induktion keinen Überlebensvorteil. Daunorubicin kann dabei auf 60 mg/m2 beschränkt werden, eine höhere Dosierung führt zu keinen höheren Raten für Komplettremissionen (CR) oder Überleben. Die randomisierte Phase-III-Studie SAL Dauno-Double schloss 864 jüngere Erwachsene aus Deutschland und Tschechien (median 52 Jahre alt) ein, die zu 88 % eine nicht vorbehandelte AML aufwiesen und fit genug für eine Induktion nach dem „7 + 3“-Schema waren [2].
Laut Christoph Röllig, Dresden, bestand die Studie aus zwei Teilen: Im ersten wurden für das Anthrazyklin Dosierungen von 60 mg/m2 und 90 mg/m2 unter dem Aspekt des Therapieansprechens verglichen; als gutes Ansprechen galt ein Blastenanteil < 5 % im Knochenmark 15 Tage nach Induktion. Nachdem sich hier in einer Interimsanalyse weder bei den Ansprechraten noch bei den rezidivfreien bzw. Gesamtüberlebensraten klinisch relevante Unterschiede ergaben, erhielten alle weiteren rekrutierten Patient:innen 60 mg/m2 Daunorubicin, sodass in der finalen Analyse 707 Patient:innen unter der niedrigeren Dosis mit 157 unter der höheren verglichen wurden.
Im zweiten Teil wurden die 376 guten Responder randomisiert – eine Hälfte wurde nicht weiter behandelt, die andere erhielt eine zusätzliche Induktionsbehandlung, um potentiell die CR-Rate zu erhöhen und damit die Prognose zu verbessern.
Das rezidivfreie Überleben nach drei Jahren betrug hier 60 % bei doppelter gegenüber 51 % bei einmaliger Induktionstherapie, ein kleiner, in der multivariaten Analyse statistisch nicht signifikanter Unterschied (p = 0,074). Das Gesamtüberleben nach drei Jahren war in beiden Armen praktisch identisch, so Röllig (p = 0,628). Bei der Frühmortalität 60 Tage nach der Induktion gab es mit 0,6 % in beiden Studienarmen keinen Unterschied.
Fitte Patient:innen mit neu diagnostizierter AML erhalten bislang häufig trotz guten initialen Ansprechens eine zweite Induktionstherapie. In der SAL Dauno-Double-Studie konnte nun zum ersten Mal prospektiv und randomisiert gezeigt werden, dass diese Patientengruppe von einer doppelten Induktion nicht unbedingt profitiert und dass sich durch den Verzicht darauf auch die Toxizität reduzieren lässt.
Vielversprechende Remissionen unter einer Triplett-Therapie
Für Patient:innen mit neu diagnostizierter AML, die keine intensive Chemotherapie erhalten können, ist die Kombination aus dem oralen BCL-2-Inhibitor Venetoclax (VEN) und hypomethylierenden Substanzen (HMA) wie Azacitidin (AZA) der Therapiestandard. Allerdings sind nach anfänglich gutem Ansprechen Rezidive die Regel, und besonders ungünstig ist die Prognose für Patient:innen mit TP53-Mutation. Einer in New Orleans vorgestellten Phase-I/II-Studie zufolge könnte diese durch Zugabe des CD47-Inhibitors Magrolimab deutlich verbessert werden [3].
Das Oberflächenmolekül CD47 auf Leukämiezellen fungiert als „Don't eat me“-Signal, das die Phagozytose-Aktivität von Makrophagen hemmt und so die Blasten vor ihrem Angriff bewahrt. Die Blockade von CD47 durch den monoklonalen Antikörper Magrolimab reaktiviert die Makrophagen und hat in Kombination mit AZA hohe Gesamtansprechraten erzielt, auch bei vorliegender TP53-Mutation. Das Triplett Magrolimab/VEN/AZA zeigt in vitro und im Tiermodell vielversprechende Aktivität und wurde erstmals in einer Phase-Ib/II-Studie bei älteren Erkrankten (ab 75 Jahre und/oder mit Komorbiditäten), die für eine intensive Chemotherapie nicht infrage kamen, bzw. Patient:innen mit ungünstigem Karyotyp sowie mit TP53-Mutation getestet. Naval Daver, Houston, TX, USA, zufolge wiesen 43 der 79 eingeschlossenen Patient:innen eine neu diagnostizierte AML auf, 91 % von ihnen hatten eine Hochrisikoerkrankung, 65 % eine ungünstige Zytogenetik.
Die CR-Rate (einschließlich solcher mit nicht vollständiger hämatologischer Erholung) lag bei 88 %, für die Patient:innen mit TP53-Mutation bei 63 %. Die 1-Jahres-Überlebensrate betrug 83 % bei TP53-Wildtyp bzw. 53 % bei TP53-Mutation, nach 18 Monaten immer noch in Remission waren 74 % bzw. 52 %. Erkrankte mit sekundärer neu diagnostizierter AML (nach vorhergehendem myelodysplastischem Syndrom) schnitten schlechter ab, mit einem medianen OS von 9,6 Monaten bei TP53-Wildtyp und 7,6 Monaten bei TP53-Mutation; die mediane Dauer der Remission lag jeweils unter sechs Monaten. Im Vergleich zu historischen Daten mit der Doublette VEN/HMA ergab sich für das Triplett Magrolimab/VEN/AZA bei TP53-mutierter AML dennoch eine deutliche Überlegenheit (HR 0,41). Ein knappes Drittel der Patient:innen konnte eine allo-SCT erhalten.