ET: Wirkt Ruxolitinib auch in frühen Linien?
Die Phase-II-Studie Ruxo-BEAT der Deutschen Studiengruppe für Myeloproliferative Neoplasien (GSG-MPN) ist eine Investigator-initiierte Studie, die den Stellenwert des JAK1/2-Inhibitors Ruxolitinib gegenüber der derzeit besten verfügbaren Therapie (BAT) bei Hochrisikopatient:innen mit PV oder ET untersucht, bei denen eine Indikation zur Zytoreduktion bestand. Die Erkrankten mit PV mussten therapienaiv sein, bei Betroffenen mit ET war auch eine Vortherapie (außer mit Ruxolitinib) erlaubt.
Beim ASH wurde eine präspezifizierte Zwischenanalyse für die Erkrankten mit ET vorgestellt. Bei dieser Erkrankung, die durch eine Expansion der Megakaryopoese im Knochenmark und peripheren Blut sowie durch Symptome wie Konzentrationsstörungen und Kopfschmerzen gekennzeichnet ist, geht es auch darum, thromboembolischen Komplikationen sowie einer Progression in eine Post-ET-Myelofibrose oder eine akute Leukämie vorzubeugen.
Zur Zytoreduktion bei der ET sind HU und Anagrelid zugelassen; diese Substanzen können die Symptomatik der Erkrankung aber nur unzureichend mindern. Der JAK-Inhibitor Ruxolitinib (RUX) hatte in Studien seine Wirksamkeit hinsichtlich der Symptomminderung bei der HU-intoleranten/-resistenten ET zeigen können, bisher aber nicht in früheren Linien der ET.
Wie Prof. Steffen Koschmieder, Aachen, berichtete, wurde der primäre Studienendpunkt, eine überlegene klinisch-hämatologische Rate an kompletten Remissionen (CR) nach 6 Monaten, für RUX nicht erreicht. Die Rate an kompletten und partiellen Remissionen (CR/PR) lag bei 58,1 % unter RUX (n = 43) und 71,2 % unter BAT (p = 0,075). Allerdings war RUX effektiver hinsichtlich der Reduktion von Symptomen wie Kopfschmerz, Konzentrationsstörungen, Nachtschweiß, Taubheitsgefühl und Fatigue (p jeweils < 0,05) sowie hinsichtlich der Milzgrößen-reduktion (p = 0,002) [1]. Zudem zeigte sich ein Trend hin zu weniger Nebenwirkungen unter RUX. Die Studie läuft weiter; Ergebnisse mit einem längeren Follow-up sowie Daten für die Teilnehmer:innen mit PV werden mit Spannung erwartet.
Erweiterter klinischer Nutzen für Ruxolitinib bei HU-intoleranter oder -resistenter PV
Die PV wird in den meisten Fällen durch eine Überaktivierung des JAK/STAT-Signalweges verursacht, die zu verstärkter Zellproliferation und Differenzierung von Zellen der roten und weißen Reihe führt. Diese pathologischen Prozesse resultieren in einem erhöhten Risiko für arterielle und venöse thromboembolische Komplikationen und gehen mit einem komplexen Krankheitsbild aus makro- und mikrovaskulären sowie allgemeinen konstitutionellen Symptomen einher, von denen Fatigue und Pruritus besonders belastend sind. Zudem kann die PV in eine sekundäre AML oder sekundäre Myelofibrose übergehen. RUX ist bei der PV angezeigt für die Behandlung von Erwachsenen mit PV, die resistent oder intolerant gegenüber einer zytoreduktiven Primärtherapie mit HU sind. Die Behandlung mit RUX senkt den Hämatokrit, vermindert die Phlebotomie-Rate und verbessert die Symptomatik, doch konnten bisher eine Senkung des Thromboserisikos und eine verminderte Transformation in eine AML nicht sicher nachgewiesen werden. Zudem war noch nicht klar, ob eine Reduktion der JAK2V617F-Allelfrequenz (VAF) mit einem klinischen Nutzen assoziiert ist.
All diesen Fragen widmete sich die Phase-II-StudieMAJIC-PV, deren 3-Jahres-Daten Claire N. Harrison, London, UK, beim ASH vorstellte. In der Studie hatten 180 Erkrankte mit HU-intoleranter oder -resistenter PV randomisiert entweder RUX oder BAT erhalten. Primärer Endpunkt war die CR-Rate; relevante sekundäre Endpunkte waren die Dauer des Ansprechens, das ereignisfreie Überleben (EFS), die Symptomreduktion sowie das molekulare Ansprechen.
Die Studie konnte einen erweiterten klinischen Nutzen für RUX zeigen. Dieser betraf den primären Endpunkt CR-Rate nach einem Jahr (43 % unter RUX vs. 26 % unter BAT; p = 0,02), die Dauer der CR (HR 0,38; p < 0,001), das EFS (HR 0,58; p = 0,03) (Abb. 1) sowie borderline-signifikant auch das thrombosefreie Überleben (HR 0,56; p = 0,05).