Automationssysteme für die Hämostaseologie: Von der Ausschreibung zum Gerät

Tabelle Analysespektrum

Tabelle Automations­systeme für die Hämostaseologie

In der Übersicht finden Sie 17 aktuelle Laboranalyzer für die Gerinnungsdiagnostik von sechs verschiedenen Firmen. Der tabellarische Vergleich gewährt nicht nur einen schnellen Überblick zu den Prozess- und Systemdaten, sondern beinhaltet auch Informationen zur IT und Wartung sowie der Präanalytik und der Analytik. Eine detaillierte Übersicht der jeweiligen Analysespektren ist in einer gesonderten Tabelle zu finden.

16 der vorgestellten Vollautomaten sind kombinierte Geräte, die verschiedene Technologien für ihre Nachweisverfahren verwenden und ein breites Analysespektrum für die Hämostaseologie abdecken. Eine Firma stellt außerdem ein vollautomatisiertes Gerät für die Thrombozytenaggregometrie vor.

Unter den aufgelisteten Geräten sind sowohl Tisch- als auch Standgeräte zu finden, die bezüglich Größe, Gewicht sowie Probendurchsatz variieren und dadurch verschiedene Anforderungen abdecken. Benötigt ein Labor einen neuen Automaten, gibt es einige Aspekte zu bedenken. Der Weg vom Brainstorming der Anforderungen bis zur finalen Entscheidung für ein bestimmtes Gerät umfasst diverse Schritte und sollte auch verschiedene Stakeholder wie Geschäftsführung, Labormitarbeitende und die IT-Abteilung miteinbeziehen.

Allgemeine Anforderungen

Die Anforderungen, die erfüllt werden sollen, sind von den Bedürfnissen der jeweiligen Einrichtung abhängig.
Im Folgenden werden mögliche Fragen, die für die Entscheidungsfindung wichtig sein können, aufgeführt.

Für die Medizinischen Technolog:innen für Laboratoriumsanalytik (MTL) ist vor allem die Bedienerfreundlichkeit der Automaten von Bedeutung: Ist die Nutzeroberfläche von Hard- und Software intuitiv zu bedienen? Wie hoch ist die Hands-on-Zeit? Wie viel Wartung benötigt ein Gerät? MTL sollten daher keinesfalls bei der Entscheidungsfindung außen vor gelassen werden. Sie bedienen nicht nur die Geräte und verkörpern somit die Schnittstelle zwischen Labormediziner:innen und Untersuchungsergebnis, sondern können – im Hinblick auf die vorhandenen Laborbedingungen – die erforderlichen Vorbereitungsmaßnahmen und die Handhabung des Geräts in der Regel gut beurteilen.

Die erforderliche Probenkapazität und der Probendurchsatz hängen vom Probenaufkommen des jeweiligen Labors ab. In der Regel fassen Tischgeräte weniger Proben als die großen Standgeräte. Diese und weitere Angaben wie den Zeitaufwand für die eventuell erforderliche Kalibration der Geräte, die Aufrüstzeit bis zur Messung, die tägliche oder wöchentliche Wartungszeit des Geräts sowie den möglichen Verbleib im Standby-Modus können Sie der Tabelle entnehmen.

Auch das Thema Nachhaltigkeit wird immer präsenter. Dabei wird auf die Einsparung der Ressourcen wie Energie, Wasser und Reagenzien sowie die Reduktion von Abfall geachtet. Die Mehrheit der Geräte benö­tigt beispielsweise keinen Wasser- oder Abflussanschluss mehr. Stattdessen können viele Modelle flexibel über Kanister versorgt werden.

Für viele Interessierte spielt ebenso eine Rolle, welcher Service von den einzelnen Unternehmen geboten werden kann. Die Anschaffung eines Vollautomaten ist bei Weitem keine günstige Angelegenheit. Die Geschäftsführung hat in der Regel den Blick auf die Frage nach der Wirtschaftlichkeit und gibt anhand des vorhandenen Budgets Auskunft über die finalen Möglichkeiten.

Präanalytik

In Bezug auf das Proben- und Reagenz-Handling gibt es Unterschiede in der Zufuhr. Einige Geräte bieten die Zufuhr in Racks aus einem Probensortiergerät an. Weiterhin kommen auf den Geräten verschiedene Reagenzien zum Einsatz: Ready-to-Use-Reagenzien sind sofort einsatzbereit; lyophilisierte Reagenzien können bei Raumtemperatur transportiert und gelagert werden, brauchen aber etwas Vorlaufzeit, da sie vor dem Einsatz erst noch rekonstituiert werden müssen. Nahezu alle vorgestellten Geräte arbeiten mit Cap Piercing. Ebenso sind die Überwachung des Füllstands sowie ein HIL-Check der Proben bei fast allen Geräten gegeben. Es kann von Vorteil sein, wenn Funktio­nen der Präanalytik individuell auf den Bedarf eines Labors angepasst werden: Bei einigen Geräten kann beispielsweise die Füllhöhe der Probe manuell eingestellt werden. Dies ist bei wenig verfügbarem Probenmaterial – wie in der Pädiatrie – eine wünschenswerte Funktion.

Analytik

Die ärztliche Leitung eines Instituts entscheidet in der Regel gemeinsam mit den Labormediziner:innen und Naturwissenschaftler:innen auf Basis der notwendigen Untersuchungen, welche Anforderungen der neue Hämostaseologie-Automat erfüllen sollte. Bezüglich des Analysespektrums legen die Krankenhäuser auf unterschiedliche Parameter Wert. In einem Krankenhaus mit großer kardiochirurgischer Abteilung können eine automatisierte Diagnostik zur Beurteilung einer Heparin-induzierten Thrombozytopenie (HIT) sowie die Bestimmung von Anti-Faktor-Xa-Aktivität (Anti-FXa) wichtig sein. Speziallabore für Hämostaseologie legen hingegen den Fokus vorrangig auf die Analyse von Gerinnungsfaktoren und Spezialtests.

Manche Geräte bieten die Möglichkeit des Einsatzes von Fremdapplikationen in Form von Testkits und schaffen so mehr Flexibilität im gewünschten Analysespektrum.

In den Geräten kommen unterschiedliche analytische Methoden zum Einsatz. Die Auswertung der Clotting-Assays wird mechanisch (viskositätsbasiert) oder optisch durchgeführt. Weiterhin gibt es Nachweisverfahren wie die Aggregometrie und die Chemilumineszenz, zum Beispiel für die Bestimmung von Anti-Cardiolipin und Anti-ß2-Glykoprotein I, die nur auf Geräteplattformen einzelner Hersteller eingesetzt werden [1].

Postanalytik und IT

Nach der Messung werden anhand der analytischen Daten die optischen Reaktionsprofile als Gerinnungs- bzw. Aggregationskurven dargestellt. Die für das System erforderliche Software muss von der IT-Abteilung geprüft werden. Mit an erster Stelle steht hier wohl die Bewertung der Kompatibilität mit der bestehenden IT-Infrastruktur des Labors bzw. der Klinik. Einige Hersteller bieten Gerätefamilien, die eine gemeinsame Bediener-Software nutzen, was für die Anwender:innen komfortabel ist. In manchen Fällen kann es wünschenswert sein, die Software individuell anzupassen. In der Regel ist dies jedoch aus regulatorischen Gründen nicht möglich.

Sehr wichtig ist auch die Bewertung der IT-Sicherheit, für die besonders bei Einrichtungen, die zur kritischen Infrastruktur zählen, hohe Anforderungen bestehen. Beides beeinflusst in vielen Häusern die Entscheidung der Vergabe zu gleichen Teilen – wie auch die Eigenschaften des Geräts an sich.

Die engere Auswahl

Passen die Anforderungen des Auftraggebers und das Angebot des Unternehmens zusammen, können ausgewählte Mitarbeitende des Auftraggebers die Show­räume der jeweiligen Unternehmen für eine Demonstration der Geräte besuchen. Weiterhin können auch Probestellungen in der Auftragseinrichtung und Mitarbeiterschulungen vereinbart werden. Nach der finalen Vergabe sind die meisten Firmen offen für individuelle vertragliche Regelungen bezüglich Vertragslaufzeit, weiterführenden Schulungen und des Services.

Ann-Marie Brenner
Dr. Sabine Ramspott
Mitglieder der Redaktion

Prof. Dr. Andreas Ambrosch
Prof. Dr. Gutensohn 
Dr. dr. Zsuzsanna Wolf
Mitglieder des Fachbeirats

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