Respiratorische Infektionen: Mehr als (nur) Schnupfen
Infektionserreger von akuten, respiratorischen Erkrankungen (ARE) stellen eine sehr heterogene Gruppe von Krankheitserregern dar. Viren sind für mehr als 80 % der Infektionen verantwortlich, gefolgt von Bakterien (Tab. 1).
Tab. 1: Häufige respiratorische Erreger.
Viren | |
---|---|
Influenza A und B (FluA, FluB) | Humanes Metapneumovirus (hMPV) |
Respiratory Syncytial Virus A/B (RSV-A/B) | Rhinoviren (RV) |
Parainfluenza 1, 2, 3 und 4 (PIF 1–4) | Enteroviren (EV) |
SARS-Coronovirus 2 (SARS-CoV-2) | Adenoviren (AdV) |
Saisonale Cononaviren (CoV) | Humanes Bocavirus (hBoV) |
Bakterien |
---|
Chlamydophila pneumoniae |
Streptococcus pneumoniae |
Haemophilus influenzae |
Mycoplasma pneumoniae |
Bordetella pertussis |
Bordetella parapertussis |
Nach aktuellen Angaben des Robert Koch-Instituts wird das epidemiologische Geschehen bei ARE seit Juli 2024 hauptsächlich durch Rhinoviren und SARS-CoV-2 bestimmt, zu einem geringeren Teil von Adeno-, Influenza-/Parainfluenza- und saisonalen Coronaviren. Pilze sind insbesondere bei immungeschwächten Personen für chronische Atemwegserkrankungen verantwortlich, und Parasiten wie Entamoeba histolytica oder Toxocara spec kommen in sehr seltenen Fällen – beispielsweise als Reisemitbringsel – ursächlich in Betracht.
Die Nachweisverfahren
Welches Nachweisverfahren zur Identifikation eingesetzt wird, hängt von der Art des Erregers und vom diagnostischen Umfeld ab (Tab. 2).
Tab. 2: Nachweisverfahren für respiratorische Erreger.
Methode | Einsatzgebiet | Analytische Zielstruktur | Anbieter |
---|---|---|---|
Kulturverfahren | Bakterien, Pilze | Phänotyp | |
Nukleinsäurenachweis | alle | Erkennung erregerspezifischer Sequenzen | alle aufgeführten Anbieter |
Antigentests | alle | Erkennung erregerspezifischer Proteine | |
Antikörpernachweis | alle | Nachweis der Immunreaktion gegen den Erreger | Mehr Informationen |
Massenspektrometrie | v. a. Bakterien | Mustererkennung erregerspezifischer Proteine und Metabolite | – |
Next Generation Sequencing (NGS) | alle | Erkennung erregerspezifischer Sequenzen | – |
Als Untersuchungsmaterialien werden meist Rachen- und Nasenabstriche gewonnen, doch werden ebenso Sputum oder eine bronchoalveoläre Lavage (BAL) zur Gewinnung von Proben aus den tiefen unteren Atemwegen verwendet. Bei Kindern kann der Rachen- und Nasenabstrich durch die schonendere Gewinnung von Gurgelwasser ersetzt werden – ein Verfahren, das sich insbesondere während der Coronavirus-Pandemie bewährt hatte.
Bakterien und Pilze
Die klassische Nachweismethode für bakterielle und mykotische Krankheitserreger ist die Kultur. Diese hat den Vorteil, dass neben der Erregeridentifizierung auch die Resistenztestung gegen Antibiotika bzw. Antimykotika durchgeführt werden kann.
Der Nachweis von Pilzen (z. B. Candida, Aspergillus oder Zygomyzeten) stellt besondere Ansprüche an die Interpretation des Ergebnisses, da die Lunge die Eintrittspforte für in der Luft zirkulierende Pilze jeglicher Art ist. Die Frage, ob die gefundene Species zur normalen Mikrobiota der Lunge gehört oder Krankheitswert hat, stellt die Diagnostik vor Herausforderungen. Gegebenenfalls bietet die Quantifizierung von Erreger-DNA mittels qPCR einen sinnvollen Ansatz. Weitere wegweisende Informationen erhält man durch die Klinik und zusätzliche Laborparameter wie etwa Entzündungswerte oder radiologische und bronchoskopische Untersuchungen.
Auch wenn Mykosen bei Menschen mit intaktem Immunsystem selten sind, können schwere Pilzerkrankungen endemisch auftreten. Dann sind eher dimorphe Pilze wie Blastomyces, Histoplasma oder Coccidioides verantwortlich [1]. Um auch langsam wachsende Pilze sicher erfassen zu können, müssen lange Bebrütungszeiten von vier Wochen und mehr eingehalten werden. Dies spricht für den Einsatz von Nukleinsäure-Amplifikationstechniken (NAT), die zumindest einen ersten schnellen Hinweis geben können, ob eine Pilzinfektion ursächlich an der Infektion beteiligt sein könnte.
Respiratorische Viren
Da sich die Symptomatik von Erkrankungen durch respiratorische Viren kaum unterscheidet und verschiedene Viren saisonal überlappend auftreten, bietet sich das sogenannte syndromische Testen an, bei dem gleichzeitig auf mehrere potenzielle Erreger gescreent wird. Dafür stehen Testkits mit unterschiedlichen Erregerkonstellationen zur Verfügung.
Da Infektionen durch Pilze oder Parasiten vergleichsweise selten sind, werden mit kommerziellen NAT-Testkits allerdings hauptsächlich virale und bakterielle Erreger nachgewiesen. Die Zahl der Hersteller, die Multiplex-Assays für syndromisches Testen anbieten, ist in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen (Tab. 3).
Tab. 3: Anzahl parallel messbarer Zielsequenzen bei NAT-basierten Multiplexverfahren.
Verfahren | Anzahl Zielsequenzen | Anbieter |
---|---|---|
Multiplex-PCR | 4 | |
TAGS-basierte PCR (= Temperature-Activated Generation of Signal) | 12 | |
PCR-basierter Array | 17 | |
PCR Multiplexing DPO, TOCE, MuDt | 19 | |
RT-PCR (auch am POC) | ? 4 |
Aufgrund der besonderen Herausforderungen während der SARS-CoV-2-Pandemie wurde für Multiplexassays zum 01.07.2022 eine neue Ziffer in den Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) aufgenommen, sodass das syndromische Testen adäquat abgerechnet werden kann. Das hat den Vorteil, dass auch Mischinfektionen besser und schneller erkannt werden – immer vorausgesetzt, dass das Screeningprogramm die entsprechenden Primer vorsieht. Jeder weitere Keim kann in geringerem Maße zusätzlich vergütet werden.
Besonderheiten bei Kindern
Physiologisch verlaufen Infektionen bei Kindern anders als bei Erwachsenen, da das Lumen der Bronchioli enger ist und die entzündliche Schwellung schnell zu Atemnot führt. Zusätzlich fehlt bei Kindern eine Immunität gegen Erreger, die nicht über maternale Antikörper bekämpft werden können.
Ein Beispiel dafür ist das RSV, dessen Immunität auf der Bildung von IgA, das nicht placentagängig ist, beruht. Die Prävention auch dieser schweren, teils tödlichen Erkrankung ist über eine maternale Impfung, die Gabe von Antikörpern sowie eine Einschränkung von Umgebungskontakten möglich [3]. Virale Infektionen werden aus abgehustetem Schleim über Antigen-Schnelltests und NAT nachgewiesen, bakterielle Infektionen vor allem über Schnelltests.
Dr. Gabriele Egert
Mitglied der Redaktion
Prof. Dr. Andreas Ambrosch
Prof. Dr. Lutz Gürtler
Mitglieder des Fachbeirats
Über Trillium Marktübersichten
Der Trillium-Verlag veröffentlicht regelmäßig Marktübersichten über innovative Entwicklungen und Produkte in der Medizin. Dabei fokussieren wir uns auf bewährte und innovative Testverfahren und -systeme aus dem gesamten Spektrum der In-vitro-Diagnostik (Labormedizin, Mikrobiologie, Transfusionsmedizin, Humangenetik, Pathologie und IT). Die Übersichten werden regelmäßig aktualisiert.
Hinweis
Die Sortierung der Anbieter erfolgt in tabellarischen Übersichten und virtuellen Ausstellungsräumen alphabetisch. Die Logos der teilnehmenden Unternehmen werden hingegen randomisiert ausgespielt.
Haftungsausschluss
Sämtliche Marktübersichten (Tabellen, Produktübersichten, virtuelle Industriestände) basieren auf Herstellerangaben und erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit und Richtigkeit; die Teilnahme ist kostenpflichtig. Wir weisen Sie im i. S. d. Bayerischen Pressegesetzes Artikel 9 ausdrücklich darauf hin, dass die Inhalte der virtuellen Industriestände werbend sind.