Der Teufel steckt im Detail

Ringversuche zur Multiparameter-Immunphänotypisierung hämatologischer Neoplasien

Ringversuche belegen, dass hämatologische Neoplasien heute dank der Multiparameter-Durchflusszytometrie im Allgemeinen korrekt diagnostiziert werden. Stark streuende Ergebnisse finden sich jedoch bei der Quantifizierung des Blastenanteils und der Bewertung einzelner Antigenexpressionen. Eine wichtige Aufgabe für die Zukunft liegt darin, eine homogenere Befundung im Sinne der WHO-Klassifikation von 2017 zu erzielen und die Teilnehmer für das Vorliegen kleinerer Zellpopulationen zu sensibilisieren.

Schlüsselwörter: Ringversuch, hämatologische Neoplasien, Multiparameter-Durchflusszytometrie

Für die Diagnose von hämatologischen Neoplasien, speziell von Lymphomen und Leukämien, wird meist ein interdisziplinäres Team von Experten der Hämatologie, Labormedizin und Pathologie, zunehmend auch Molekularbiologie und Bioinformatik, benötigt. Integraler Bestandteil dieser Diagnostik ist die Immunphänotypisierung mittels Multiparameter-Durchflusszytometrie (MFC), die durch die rasante Weiterentwicklung der technischen Möglichkeiten, insbesondere durch den Übergang von der 4- zur 12-Parameter-Analyse, immer komplexer wird. 

Um weiterhin eine korrekte Diagnostik und therapeutische Stratifizierung zu gewährleisten, wurden in den letzten 20 Jahren zahlreiche Konsensus-Empfehlungen für eine verbesserte Standardisierung und Qualitätskontrolle veröffentlicht (zum Beispiel der Bethesda International Consensus 2006). Um diese internationalen Richt­linien auch im nationalen Rahmen zu implementieren, führte das MLL (Münchner Leukämielabor GmbH) im Jahr 2002 in Zusammenarbeit mit INSTAND e. V. Ringversuche zur Qualitätssicherung der MFC-basierten Diagnos­tik hämatologischer Neoplasien ein. 

Methodik

Als besondere Schwierigkeit erwies sich damals erwartungsgemäß  die Beschaffung  geeigneter Proben von Patienten mit Malignomen und differenzialdiagnostisch bedeutsamen nicht-malignen Erkrankungen. Deshalb wurden zunächst nur digitale Rohdaten von Referenzfällen zur nachträglichen Auswertung (Postanalytik) an die Labore versandt. Seit 2004 umfassen die Ringversuchsprogramme jedoch die Evaluation aller drei Phasen der MFC. So werden unter anderem in der Präanalytik die Wahl des Antikörperpanels, in der Analytik die Probenvorbereitung (Ficoll versus Lyse) und in der Post­analytik die Datenauswertung inklusive Gating-Strategie und Interpretation der Ergebnisse überprüft. 

In allen aktuellen Ringversuchen erhalten die teilnehmenden Labore inzwischen Ausstriche aus peripherem Blut mit viablen Zellen von gesunden Kontrollpersonen sowie von Patienten mit malignen, reaktiven und anderen hämatologischen Erkrankungen. Für das Ringversuchs­institut bedeutet dies im Vergleich zum reinen Versand von digitalen Daten einen erheblichen Mehraufwand. 

Die Herausforderungen reichen von der Koordination bei der Einbestellung der Probanden über die kurzfristige Vorbereitung spezifischer Versandunterlagen und die Erstellung der Ausstriche bis zum pünktlichen Versand der Materialien zu den – lang im Vorhinein festgelegten – Ringversuchs-Terminen. Inzwischen findet der Ringversuch halbjährlich mit deutschlandweit über 100 Laboren statt (Abb. 1).

Ergebnisse

Die Auswertungen der letzten Jahre zeigen, dass die Mehrzahl der Teilnehmer keine Probleme bei der Diagnostik der häufigsten hämatologischen Neoplasien hat. So lag die Rate der korrekten Klassifizierung der versandten Fälle im Frühjahr 2018 bei jeweils 99%.

Aber der Teufel steckt im Detail. Insbesondere  ergeben sich anhaltend Schwierigkeiten bei der Subklassifizierung und der Quantifizierung von Zellpopula­tionen. Vor allem der Blasten-Anteil wird sehr heterogen bewertet. Dabei ist gerade dieser Anteil im Hinblick auf die den meisten Klassifikationen zugrunde liegenden Grenzwerte von hoher diagnostischer Bedeutung: Er spielt beispielsweise bei der Abgrenzung akuter myeloischer Leukämien (AML) von myelodysplastischen Syndromen (Blasten „cut-off“ von 20%, siehe Abb. 2) eine bedeutende Rolle.

Des Weiteren werden kleinere klonale Zellpopulationen mit einem Anteil von weniger als 5% von einigen Teilnehmern nicht identifiziert (z. B. niedrig-leukämisch verlaufende Non-Hodgkin-Lymphome oder monoklonale B-Zell-Lymphozytosen).

Auch zeigt sich anhaltend eine große Varianz in der Panelstrategie (2- bis 10-Farbpanel) und in der Anzahl und Kombination der eingesetzten Antikörper. So werden über 100 verschiedene Antigene von den RV-Teilnehmern untersucht. Hierbei kommt es – auch in Abhängigkeit von Antikörperklonen und Fluorochrom-Konjugaten – zu teilweise erheblichen Unterschieden bei der Quantifizierung der Positivität einzelner Antigene (Abb. 3). Dies kann mit Problemen in der diagnostischen Zuordnung einhergehen (z. B. „Matutes“-Score bei der CLL Diagnostik). Des Weiteren kommt es dadurch zur Fehlinterpretation bei der Identifizierung relevanter Targets wie CD20, CD33 und CD52, gegen die mittlerweile monoklonale Antikörper für die Therapie zur Verfügung stehen.

Ausblick

Zusammenfassend kann dem Teilnehmerkollektiv ein hoher Grad an diagnostischer Korrektheit bestätigt werden. Die Labore sind überwiegend in der Lage, das komplette Spektrum hämatologischer Neo­plasien wie etwa ALL, AML, CLL, MDS oder follikuläres Lymphom korrekt zu diagnostizieren und von reaktiven Veränderungen oder Normalbefunden zu diskriminieren.

Ein Hauptziel des Ringversuchs bleibt es, auf eine homogenere Befundung analog der WHO-Klassifikation von 2017 hinzuwirken und die Sensibilität auch auf die Detektion und korrekte Quantifizierung kleinerer Zellpopulation zu erhöhen.     

Autoren
Dr. Richard Schabath
(korrespondierender Autor)
Dr. Wolfgang Kern
MLL Münchner Leukämielabor GmbH
Dr. Nathalie Wojtalewicz
INSTAND e. V.
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