Fitte Patienten: Hochdosis-Chemotherapie mit ASZT bleibt Goldstandard
Auf dem 62nd Meeting der American Society of Hematology (ASH), das aufgrund der Corona-Pandemie erstmals komplett virtuell stattfinden musste, zeigten gleich drei Studien, dass die Behandlung mit einer Hochdosis-Chemotherapie gefolgt von einer autologen Stammzelltransplantation (ASZT) nach wie vor der Goldstandard in der Behandlung neu diagnostizierter, fitter Patienten mit Multiplem Myelom (MM) ist.
In der Phase-III-Studie EMN02/HO95 erhielten Patienten nach einer Induktion mit 3–4 Zyklen VCD (Bortezomib, Cyclophosphamid, Dexamethason) entweder eine Intensivierung mit 4 Zy-klen VMP (Bortezomib, Melphalan, Prednison) oder eine ASZT [1]. In einer zweiten Randomisation wurde ferner geprüft, ob eine Konsolidierungstherapie mit 2 Zyklen VRD (Bortezomib, Lenalidomid, Dexamethason) im Vergleich zur reinen Beobachtung das Überleben verlängert. Alle Patienten erhielten in der Studie eine Erhaltungstherapie mit Lenalidomid. Nach einer Beobachtungszeit von insgesamt 75 Monaten zeigte sich ein signifikanter Vorteil hinsichtlich des Gesamtüberlebens (OS) im ASZT-Arm (Hazard Ratio (HR) 0,80; 95%-KI 0,66–0,98;
p = 0,0342). Bemerkenswert war hierbei, dass Patienten mit ungünstigem Risikoprofil und Hochrisiko-Zytogenetik von einer ASZT besonders profitierten. Wichtige Kritikpunkte der EMN02/HO95-Studie waren die heutzutage suboptimale Induktionstherapie mit VCD sowie der vergleichbar schwache Kontrollarm, der eine Intensivierung mit VMP im Gegensatz zu einer ASZT prüfte.
In der Phase-III-Studie IFM2009/DFCI wurde eine modernere Induktions- und Intensivierungstherapie mit VRD geprüft [2]. Insgesamt erhielten 700 Patienten in der Studie entweder eine Induktionstherapie mit 3 Zyklen VRD gefolgt von einer ASZT und 2 weiteren Zyklen VRD oder eine Therapie mit insgesamt 8 Zyklen VRD. Wie in der EMN02/HO95-Studie erhielten alle Patienten eine Erhaltungstherapie mit Lenalidomid. Auf dem ASH wurden nun neue Ergebnisse nach einer medianen Nachbeobachtungszeit von 93 Monaten vorgestellt. Auch in der IFM2009/DFCI-Studie zeigte sich im ASZT-Arm ein Vorteil hinsichtlich des progressionsfreien Überlebens (PFS; HR 0,70; 95%-KI 0,59–0,83; p < 0,0001). Es konnte kein Unterschied zwischen den beiden Armen hinsichtlich des OS und des Auftretens von Sekundärmalignomen gefunden werden.
Großes Aufsehen erregten die Ergebnisse der Phase-III-Studie FORTE, die von Francesca Gay aus Turin vorgestellt wurden [3]. In dieser Studie erhielten neu diagnostizierte Patienten entweder eine Therapie mit 4 Zyklen KCD (Carfilzomib, Cyclophosphamid, Dexamethason) vor und nach ASZT, eine Behandlung mit 4 Zyklen KRD (Carfilzomib, Lenalidomid, Dexamethason) vor und nach ASZT oder insgesamt 12 Zyklen KRD. In einer zweiten Randomisierung wurde eine Erhaltungstherapie mit Lenalidomid/Carfilzomib (KR) gegenüber einer alleinigen Erhaltungstherapie mit Lenalidomid geprüft. Nach einer medianen Nachbeobachtungszeit von 45 Monaten war die Behandlung mit KRD + ASZT beiden anderen Armen hinsichtlich des PFS überlegen (versus KCD + ASZT: HR 0,53; p < 0,001; versus 12 x KRD: HR 0,64; p = 0,023). Wie in der EMN02/HO95-Studie profitierten insbesondere auch Patienten mit ungünstigem Risikoprofil von einer Behandlung mit KRD + ASZT. Die Nachbeobachtungszeit ist derzeit noch zu kurz, um Aussagen hinsichtlich des OS treffen zu können.
Zusammenfassend zeigen alle drei Studien, dass eine Behandlung mit Proteasom-Inhibitor (PI) und Immunmodulator (IMiD) in Kombination mit einer ASZT der alleinigen Therapie mit einem PI und IMiD überlegen ist. Die ASZT ist daher nach wie vor der Goldstandard für die Behandlung des neu diagnostizierten MM. Aktuelle Studien sind in Tab. 1 zusammengefasst.