Aktuelle Studiendaten zu gastrointestinalen Tumoren
Der Jahreskongress ASCO 2021 lieferte auch in seiner diesjährigen erneut virtuellen Form interessante Studiendaten zur Behandlung gastrointestinaler Tumoren. Im Hinblick auf das praxisverändernde Potential der Studienergebnisse stand in diesem Jahr der obere Gastrointestinaltrakt im Fokus. Im folgenden Beitrag sind Kongress-Highlights zum Ösophagus-, zum Magen- und zum kolorektalen Karzinom zusammengestellt.
Ösophaguskarzinom, Magenkarzinom, Übergangskarzinom, Gallengangskarzinom, kolorektales Karzinom, Immuntherapie, Nivolumab, Ipilimumab, Pembrolizumab, nal-IRI, Pembrolizumab, Panitumumab, Trastuzumab-Deruxtecan
ESCC: Immuntherapie-Kombinationen auf dem Weg zum Therapiestandard
Ösophaguskarzinome gehören zu den Krebserkrankungen mit eher ungünstigen Überlebensaussichten, da diese Tumoren sich früh lymphatisch und vaskulär ausbreiten; nur bei jedem dritten Patienten ist der Tumor bei Erstdiagnose noch in einem frühen UICC-Stadium I oder II [1].
Die ungünstige Prognose drückt sich auch in den relativen 5-Jahres-Überlebensraten aus, die in Deutschland 24 % bei Frauen und 22 % bei Männern betragen [1]. Weltweit sind Ösophaguskarzinome jährlich für über eine halbe Million Todesfälle verantwortlich, die in etwa 85 % der Fälle durch Plattenepithelkarzinome des Ösophagus (ESCC) verursacht werden – den dominierenden histologischen Subtypen bei diesen Tumoren [2]. Daher besteht beim Ösophaguskarzinom im Allgemeinen und beim ESCC im Besonderen ein hoher Bedarf an neuen Behandlungsoptionen.
Bisheriger Therapiestandard in der Erstlinie beim fortgeschrittenem ESCC ist die Chemotherapie mit Cisplatin und 5-Fluorouracil. Beim ASCO 2021 deutete sich jedoch ein Paradigmenwechsel an: Gleich zwei Phase-III-Studien konnten Überlebensvorteile von Kombinationstherapien mit Checkpoint-Inhibitoren (CPI) gegenüber dem Chemotherapie-Standard zeigen. Sie betrafen die Kombination von gegen PD-1 gerichteten CPI mit einer Chemotherapie, aber auch eine chemotherapiefreie duale Therapie mit zwei CPI.
Dr. Ian Chau, London, UK, stellte beim ASCO die Daten der Phase-III-Studie CheckMate-648 bei Patienten mit fortgeschrittenem ESCC vor. Diese Studie untersuchte die Kombination aus Nivolumab und einer Chemotherapie sowie die duale Immuntherapie aus Nivolumab und Ipilimumab gegenüber einer alleinigen Chemotherapie [3]. Nivolumab ist als Monotherapie bereits für das nicht resezierbare fortgeschrittene, rezidivierte oder metastasierte ESCC nach vorheriger Fluoropyrimidin- und platinbasierter Kombinations-Chemotherapie zugelassen.
In der CheckMate-648-Studie erhielten 970 Patienten mit zuvor unbehandeltem, nicht resezierbarem fortgeschrittenem, rezidivierendem oder metastasiertem ESCC nach 1:1:1-Randomisierung entweder Nivolumab (240 mg q2w; n = 321) mit einer Chemotherapie (5-Fluorouracil und Cisplatin q4w) oder die duale Immuntherapie mit Nivolumab/Ipilimumab (3 mg/kg q2w + 1 mg/kg Q6w; n = 325) oder eine alleinige Chemotherapie (5-Fluorouracil und Cisplatin q4w; n = 324). Koprimäre Endpunkte waren das Gesamtüberleben (OS) sowie das progressionsfreie Überleben (PFS) in der Population mit PD-L1-positiven (≥ 1 %) Tumoren.
Das OS war bei Patienten mit PD-L1-positiven Tumoren sowohl unter Nivolumab plus Chemotherapie als auch Nivolumab plus Ipilimumab im Vergleich zu alleiniger Chemotherapie signifikant verlängert – 15,4 bzw. 13,7 Monate gegenüber 9,1 Monaten (HR 0,54 bzw. 0,64; p < 0,0001 bzw. p = 0,001; Abb. 1).