Bei der Behandlung des Analkarzinoms hat sich die organerhaltende kombinierte Radiochemotherapie (RCT) als Primärbehandlung durchgesetzt. Eine chirurgische Entfernung des Tumors kommt nur als Option für Nicht-Ansprecher oder bei lokoregionärem Rezidiv zum Einsatz [1]. Vor der Einführung der RCT war die abdominoperineale Resektion mit Schließmuskelverlust der einzige kurative Ansatz, der aber mit Einbußen an Lebensqualität und schlechten onkologischen Ergebnissen verbunden war [2]. Der Übersichtsartikel fasst die aktuellen, klinisch-therapeutischen Entwicklungen zusammen und gibt einen Ausblick auf mögliche zukünftige Entwicklungen.
Ätiologie
Analkarzinome sind in 70–90 % der Fälle mit einer HPV-Infektion assoziiert, meist mit dem Hochrisiko-Stamm HPV16. Eine bestehende Immunsuppression ist einer der wichtigsten Risikofaktoren für die Entstehung des Analkarzinoms. Hier müssen die Infektion durch das Humane Immundefizienz-Virus (HIV) oder die medikamentöse Immunsuppression nach Organtransplantation als häufigste Ursachen genannt werden [3, 4]. Zigarettenrauchen, rezeptiver Analverkehr und eine hohe Anzahl von Sexualpartnern sind weitere etablierte Risikofaktoren [5].
Therapie
Simultane Radiochemotherapie alleiniger Radiotherapie überlegen
Die primäre RCT, wie sie erstmals 1974 von Nigro et al. beschrieben wurde, ist derzeit die Standardbehandlung [6]. In drei großen Studien wurde die Kombination von Strahlentherapie und paralleler Chemotherapie mit 5-FU und MMC (Mitomycin C) mit der alleinigen Radiotherapie (RT) bzw. einer RCT mit 5-FU alleine verglichen. Dies waren die britischen ACT-I-Studie [7], die EORTC-Studie [8] und die RTOG-87-04-Studie [9]. Zusammenfassend zeigten sich in allen diesen Untersuchungen eine bessere lokale Kontrolle und ein längeres krankheitsfreies Überleben für die Kombination der RT mit 5-FU und MMC.
Rolle von Cisplatin, Induktionschemotherapie und adjuvanter Chemotherapie
Trotz seiner belegten Wirksamkeit ist MMC mit einer hohen Rate an hämatologischen Toxizitäten verbunden, während Cis-platin häufig bei der RCT von Plattenepithelkarzinomen eingesetzt wird und ein etwas günstigeres hämatologisches Nebenwirkungsprofil hat. In Rahmen mehrerer Phase-III-Studien wurde Cisplatin vs. MMC während der RCT sowie im Rahmen einer Induktions- oder adjuvanten Chemotherapie getestet, nämlich in der RTOG 98-11-Studie [10], der britischen ACT-II-Studie [11] und der ACCORD-03-Studie [12] (Abb. 1).