HER2-positives Mammakarzinom adjuvant
Pertuzumab neoadjuvant: noch kein Überlebensvorteil
In der adjuvanten Behandlung des frühen HER2-positiven Mammakarzinoms hat die Zugabe von Trastuzumab zur Chemotherapie rezidivfreies und Gesamtüberleben verlängert. Ob die zusätzliche Anwendung des Anti-HER2-Antikörpers Pertuzumab, der an einer anderen Stelle des Rezeptors bindet als Trastuzumab, die Ergebnisse noch einmal verbessert, wird derzeit von der Breast International Group (BIG) in der Phase-III-Studie APHINITY untersucht. In der primären Analyse hatte sich dadurch zwar das von invasiver Erkrankung freie Überleben (IDFS), nicht aber das Gesamtüberleben signifikant verlängert [1], worauf die Kombination für Patientinnen mit hohem Rezidivrisiko zugelassen wurde. In San Antonio präsentierte Martine Piccart, Brüssel, die zweite Interimsanalyse bezüglich des Überlebens [2].
Wie schwer es ist, in der adjuvanten Situation noch eine Überlebensverlängerung zu erzielen, zeigt schon die Tatsache, dass in der Studie beinahe 5.000 Patientinnen mit operablem HER2-positivem Mammakarzinom und einem hohen Rezidivrisiko randomisiert worden waren: Sie hatten eine Taxan-haltige Chemotherapie und über ein Jahr Trastuzumab und zusätzlich entweder Pertuzumab oder Placebo erhalten. Nach median 74 Monaten waren im Pertuzumab-Arm 5,2 %, im Placebo-Arm 6,1 % der Patientinnen verstorben – eine Reduktion des relativen Risikos um 15 % (Hazard Ratio 0,85), die aber nicht signifikant ausfiel (p = 0,170): Der dafür erforderliche p-Wert hätte bei 0,0012 gelegen.
Beim IDFS hatte sich der klinische Nutzen mit einem absoluten Unterschied von 2,8 % seit der primären Analyse verstärkt (6-Jahres-Raten 90,6 % vs. 87,8 %; HR 0,76), beschränkte sich aber auf Patientinnen mit positivem Nodalstatus
(87,9 % vs. 83,4 %; HR 0,72), während nodal negative Patientinnen, die immerhin ein gutes Drittel der Population ausmachten, keinen Nutzen zu haben scheinen (95 % vs. 94,9 %; HR 1,02).
Neue kardiale Sicherheitsaspekte ergaben sich nicht; seit der Primäranalyse waren ein primärer Fall von kardialer Nebenwirkung im Pertuzumab- und je ein Fall von sekundären Ereignissen in beiden Armen hinzugekommen.
Trastuzumab Emtansin: kein Unterschied zu TH
Eine etwas andere Strategie wurde in der randomisierten US-amerikanischen Phase-II-Studie ATEMPT untersucht: Da das Antikörper-Toxin-Konjugat Trastuzumab Emtansin (T-DM1), das in der metastasierten Situation nach Vorbehandlung mit Trastuzumab und einem Taxan zugelassen ist, dieser Kombination hinsichtlich der Toxizität überlegen ist, sollten beide Therapien in ATEMPT hinsichtlich Wirksamkeit und Sicherheit in der adjuvanten Situation miteinander verglichen werden [3].
In diesem Fall, so Sara Tolaney, Boston, wurden knapp 500 Patientinnen mit HER2-positiven Tumoren im Stadium I mit höchstens mikroskopisch befallenen Lymphknoten im Verhältnis 3 : 1 randomisiert, die klassische Therapie aus Paclitaxel und Trastuzumab (TH) oder das Immuntoxin über ein Jahr zu erhalten. Mit einem krankheitsfreien Überleben von 97,7 % nach drei Jahren schnitt der T-DM1-Arm bezüglich der Wirksamkeit ausgezeichnet ab; Trastuzumab/Paclitaxel fiel hingegen mit 92,8 % stark gegenüber der APT-Studie ab, wo der entsprechende Wert 98,7 % betragen hatte.Allerdings gestattete das Studiendesign keinen formellen statistischen Vergleich der beiden Arme.
Überraschenderweise war die Toxizität insgesamt wider Erwarten nicht reduziert, trotz einer Halbierung der Neurotoxizitäten vom Grad ≥ 2 (11 % vs. 23 %) und einer Abnahme asymptomatischer Reduktionen der linksventrikulären Auswurffraktion (mindestens 15 %) von 6,1 % auf 1,3 %. 23,5 % der Patientinnen mussten die T-DM1-Behandlung abbrechen, allerdings nur 9 % wegen im Protokoll vorgegebener Toxizitäten.
Man kann den Autoren zufolge T-DM1 als Alternative in der adjuvanten Situation für Patientinnen in Erwägung ziehen, bei denen Bedenken wegen spezifischer, durch Trastuzumab oder Pacli-taxel verursachter Toxizitäten besteht; allerdings müsste das bei fehlender Zulassung zuvor zumindest in Leitlinien als Empfehlung gelistet werden. Darüber hinaus sollte aber in weiteren Studien eine Verkürzung der Behandlungsdauer mit dem Immuntoxin geprüft werden.
HR-positives Mammakarzinom
Neoadjuvant ohne Chemotherapie?
Das Hormonrezeptor(HR)-positive, HER2-negative Mammakarzinom ist biologisch und klinisch sehr heterogen und zerfällt in mehrere Subgruppen, von denen der Typ Luminal B etwa ein Drittel ausmacht. Diese Patientinnen haben, wenn sie im frühen Stadium operiert werden können, dennoch ein 10-Jahres-Risiko für Fernmetastasierung von mehr als 10 %. Derzeit erhalten sie meist eine adjuvante oder neoadjuvante Chemotherapie, aber im metastasierten Stadium hat sich mittlerweile die Kombination aus endokriner Therapie und CDK4/6-Inhibitoren etabliert. Ob sich bei Patientinnen mit HR-positiven, HER2-negativen Tumoren die Chemotherapie in der Neoadjuvanz durch eine solche Kombination ersetzen lässt, ist derzeit noch unklar. In der Phase-II-Studie CORALLEEN wurde das in einem Kollektiv von 103 Patientinnen mit Luminal-B-Tumoren untersucht [4]: Sie wurden randomisiert, so Joaquin Gavilá, Barcelona, entweder eine Chemotherapie aus Doxorubicin, Cyclophosphamid und Paclitaxel oder eine Kombination aus dem Aromatase-Inhibitor Letrozol (2,5 mg/d) und dem CDK4/6-Inhibitor Ribociclib (600 mg/d für 3 von jeweils 4 Wochen) zu erhalten. Nach 6 Monaten wurde der Tumor operiert.
Primärer Endpunkt war der Anteil der Patientinnen, die bei Operation im PAM50/Prosigna®-Test in die niedrige Risikoklasse fielen: Dieser Anteil war in beiden Therapiearmen gleich hoch (Chemotherapie 46,1 %, Verum 46,9 %), aber der mediane Risikoscore war im Verumarm ebenso niedriger (18 vs. 25) wie der mediane Ki67-Wert (3 vs. 10) und der Anteil von Patientinnen mit niedriger residueller Tumorlast (6,1 % vs. 11,8 %). Das ging im Chemotherapie-freien Arm allerdings mit einer geringeren Toxizität einher, was sowohl Nebenwirkungen vom Grad ≥ 3 (56,9 % vs. 69,2 %), Dosisre-duktionen oder Unterbrechungen wegen Nebenwirkungen (58,8 % vs. 82,7 %) sowie schwere Nebenwirkungen (3,9 % vs. 15,4 %) betraf. Diese Daten lassen zumindest die weitere Untersuchung Chemotherapie-freier adjuvanter oder neoadjuvanter Therapiestrategien auf Basis der CDK4/6-Hemmung lohnend erscheinen, so Gavilá.
Immuntherapien neoadjuvant
Unterschiede zwischen PD-1- und PD-L1-Inhibitoren?
Immuncheckpoint-Inhibitoren, die sich vor allem gegen PD-1 bzw. PD-L1 richten, haben sich in den letzten Jahren einen festen Platz in der Therapie von Melanom, Lungen-, Nierenzellkarzinom und einer Reihe weiterer, vor allem
solider Tumoren erobert, aber beim
Mammakarzinom sind sie noch nicht so richtig angekommen. Neben der meta-stasierten Situation werden sie dort aber auch in der adjuvanten bzw. neoadjuvanten Behandlung getestet, wozu in San Antonio zwei Studien vorgestellt wurden:
• Beim frühen triple-negativen Mammakarzinom erreicht man mit einer neoadjuvanten Chemotherapie in 40–55 % der Fälle eine pathologische Komplett-remission, die mit einer deutlichen Verlängerung von ereignisfreiem und Gesamtüberleben einhergeht. Da die Zugabe des PD-1-Inhibitors Pembrolizumab zur Chemotherapie in dieser Situation Anti-Tumor-Aktivität und gute Verträglichkeit gezeigt hat, wurde sie in der Phase-III-Studie KEYNOTE-522 bei 602 Patientinnen formal gegen die alleinige Chemotherapie (Carboplatin/Paclitaxel, gefolgt von Doxorubicin oder Epirubicin und Cyclophosphamid) getestet [5]. Die Erhöhung der Rate an pathologischen Komplettremissionen war bereits beim ESMO-Kongress 2019 berichtet worden, und konnte von Peter Schmid, London, in San Antonio bestätigt werden (64,8 % vs. 51,2 %; p = 0,00055). Ebenso konnte Pembrolizumab in dieser ersten Interims-analyse das ereignisfreie Überleben verlängern (nach 15,5 Monaten 91,3 % vs. 85,3 %; HR 0,63). Aus formalen Gründen ist dieser Unterschied noch nicht signi-fikant, dafür wäre ein HR-Wert von < 0,4 und ein p-Wert von 0,000051 erforderlich.
Schmid konnte auch eine Subgruppenanalyse präsentieren, in der vor allem diejenigen Patientinnen bezüglich der pathologischen Komplettremissionen von der Immuntherapie profitierten, deren Tumoren im Stadium III oder mit positiven Lymphknoten diagnostiziert worden waren, oder die nicht die komplette
Chemotherapie erhalten konnten. Der Nutzen war unabhängig von der PD-L1-Expression. Außerdem war Pembrolizumab insgesamt mit einer geringeren residuellen Tumorlast assoziiert.
• Ebenfalls Patientinnen mit triple-negativem Mammakarzinom wurden in der Phase-III-Studie NeoTRIPaPDL1 Michelangelo randomisiert mit Carbo-platin/nab-Paclitaxel alleine oder in Kombination mit dem PD-L1-Antikörper Atezolizumab behandelt [6]. Die pathologische Komplettremissionsrate wurde hier durch die Immuntherapie nur nicht-signifikant von 40,8 % auf 43,5 % erhöht (Odds Ratio 1,11; p = 0,66). Höher war der Zugewinn bei den Patientinnen mit PD-L1-Expression (51,9 % vs. 48,0 %) und mit frühen, nicht lokal fortgeschrittenen Hochrisiko-Tumoren (44, 9% vs. 39,7 %). In einer multivariaten Analyse war lediglich die PD-L1-Expression mit einer signifikanten Verbesserung durch Atezolizumab verknüpft (OR 2,08; p < 0,0001).
Die Verträglichkeit war in beiden Armen gleich, lediglich schwere Nebenwirkungen traten im Atezolizumab-Arm mit 18,1 % versus 5,7 % häufiger auf. Die pathologische Komplettremissionsrate war ein sekundärer Endpunkt, der primäre Endpunkt ereignisfreies Überleben wird erst im weiteren Verlauf der Studie zur Auswertung kommen.
Chemotherapie: orale Fluoropyrimidine
Orale Fluoropyrimidine sind in vielen Chemotherapie-Protokollen beim metastasierten Mammakarzinom vertreten, aber in der adjuvanten Situation gibt es bislang nicht sehr viele Daten. In San Antonio wurde eine Metaanalyse mit über 15.000 Patientinnen zu Capecitabin und zwei Phase-III-Studien zum triple-negativen sowie zum HR-positiven, HER2-negativen Mammakarzinom vorgestellt:
• In der bislang größten Metaanalyse zum Thema wurde die adjuvante bzw. neoadjuvante Gabe von Capecitabin beim frühen Mammakarzinom anhand der Daten von 15.457 Patientinnen aus insgesamt zwölf randomisierten Studien analysiert [7]. Primärer Endpunkt war wie in früheren, kleineren und widersprüchlichen Metaanalysen das krankheitsfreie Überleben, bei dem insgesamt kein Vorteil für Capecitabin erkennbar war, während in den Studien, in denen die orale Substanz zusätzlich zur Standard-Chemotherapie und nicht als Ersatz für eine parenterale Fluoropyrimidin-Behandlung gegeben wurde, ein kleiner Nutzen auftrat (HR 0,89; p = 0,0005). Ähnlich war der Effekt beim Gesamtüberleben über alle Patientinnen (HR 0,892); er nahm auch hier zu, wenn Capecitabin zusätzlich verabreicht wurde (HR 0,837). Richtig profitieren konnten allerdings nur Patientinnen mit triple-negativem Mammakarzinom, bei denen in der Gesamtstudie eine Reduktion des Mortalitäts-risikos um 17 % auftrat (HR 0,828; p = 0,008), das bei zusätzlich gegebenem Capecitabin auf 22 % anstieg (HR 0,778; p = 0,004). Capecitabin-typische Toxizitäten wie Mukositis, Hand-Fuß-Syndrom oder Diarrhö, so van Mackelenberg, erwiesen sich nicht als prädiktiv für einen Nutzen der Substanz bezüglich des krankheitsfreien Überlebens.
• Der Ersatz von Fluorouracil durch Capecitabin beim frühen triple-negativen Mammakarzinom stand im Fokus einer chinesischen Phase-III-Studie. In dieser Indikation ist eine adjuvante Chemotherapie auf der Basis von Anthrazyklinen und Taxanen Standard, deren Wirksamkeit durch Dosisintensivierung noch erhöht werden kann. In der chinesischen Studie wurde bei insgesamt knapp 600 Patientinnen in einem sequenziellen T-FEC-Protokoll (3 Zyklen Docetaxel, gefolgt von 3 Zyklen Fluorouracil/Epirubicin/Cyclophosphamid) randomisiert das Fluorouracil durch Capecitabin ersetzt, das außerdem von Anfang an zusätzlich zum Docetaxel gegeben wurde (XT-XEC; [8]). Die Verträglichkeit war vergleichbar: Die einzigen Nebenwirkungen, die unter Capecitabin häufiger auftraten, waren eine Stomatitis (Grad 3–4: 5,1 % vs. 1,0 %) und ein Hand-Fuß-Syndrom (Grad 3–4: 8,4 % vs. 0 %); etwa 40 % der Patientinnen mussten die Dosis reduzieren, sieben von ihnen auf 750 mg/m2 oder weniger.
Primärer Endpunkt war das ereignisfreie Überleben, bei dem der Arm mit dem oralen Fluoropyrimidin mit 86,3 % versus 80,4 % nach 5 Jahren signifikant besser abschnitt (HR 0,66; p = 0,044). Ganz ähnlich waren die Verhältnisse bei den sekundären Endpunkten rezidivfreies und Fernmetastasen-freies Überleben, während beim Gesamtüberleben keine Signifikanz erreicht wurde (nach 5 Jahren 93,3 % vs. 90,7 %; HR 0,67; p = 0,186). XT-XEC, so Li, ist damit eine Alternative in der adjuvanten Therapie des triple-negativen Mammakarzinoms, die eine klinische bedeutsame Verbesserung der Prognose bei einem überschaubaren und bekannten Sicherheitsprofil bringt.
• Eine weitere Alternative zum parenteralen Fluorouracil, S-1 (Tegafur/Gimeracil/Oteracil), wurde in einer japanischen Phase-III-Studie beim Hormon-rezeptor-positiven, HER2-negativen Mammakarzinom geprüft [9]. Kontrolltherapie war hier eine endokrine Standardtherapie, die bei der Hälfte der 1.932 Patientinnen randomisiert durch S-1 ergänzt wurde. Primärer Endpunkt war hier das IDFS, bei dem die Verumgruppe signifikant besser abschnitt (IDFS nach 5 Jahren 86,9 % vs. 81,6 %; HR 0,63; p < 0,001), weshalb die Studie vorzeitig beendet wurde. Bei einem handhabbaren Sicherheitsprofil empfehlen auch hier die Autoren die Zugabe von oralem S-1 zur endokrinen Therapie als wichtige zusätzliche therapeutische Option bei endokrin aktiven, HER2-negativen Tumoren mit einem intermediären oder hohen Rezidivrisiko.