Für Patienten mit fortgeschrittenem Urothelkarzinom (mUC) und nicht-kleinzelligem Lungenkarzinom (NSCLC) bietet die Immuntherapie mittels PD-L1-Blockade neue Chancen. Der Checkpoint-Inhibitor Atezolizumab konnte sowohl in der Erstlinie beim mUC als auch nach Platin-basierter Chemotherapie beim NSCLC die Prognose der Patienten verbessern, die auf die Therapie ansprachen. In beiden Indikationen profitierten auch Patienten von der Behandlung, deren Tumoren keine PD-L1-Expression aufwiesen.
Der historische Standard für die Therapie des metastasierten Urothelkarzinoms ist eine Cisplatin-basierte Chemotherapie, erinnerte PD Dr. Gunhild von Amsberg, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf. Allerdings könne mehr als jeder zweite der oft multimorbiden Patienten mit mUC eine solche Therapie nicht erhalten – oft wegen eingeschränkter Nierenfunktion.
Diese Patienten profitieren besonders von einer Therapie mit dem PD-L1-Inhibitor Atezolizumab (Tecentriq®), wie die Phase-II-Zulassungsstudie IMvigor 210 (Kohorte 1) mit 119 Patienten zeigte. Die Studie untersuchte Wirksamkeit und Verträglichkeit von Atezolizumab bei Patienten, deren fortgeschrittene Erkrankung noch nicht behandelt worden war und die für eine Cisplatin-haltige Chemotherapie nicht infrage kamen. „Klinisches Ansprechen konnte in allen Gruppen unabhängig von der PD-L1-Expression beobachtet werden – es lag zwischen 20% und 30% (im Schnitt 23%). Spannend ist vor allem die relativ hohe Rate von Komplettremissionen (8–13%) – solche Werte sehen wir sonst nur in der Erstlinie unter Cisplatin-basierter Chemotherapie – und hier können wir das mit einer Immuntherapie schaffen“, kommentierte von Amsberg die Ergebnisse. Unter der Therapie mit Atezolizumab wurden ein medianes Gesamtüberleben (OS) von 15,9 Monaten und 1-Jahres-Überlebensraten von 57% erzielt [1]. Bisher hatten Cisplatin-untaugliche Patienten meist eine Chemotherapie mit Gemcitabin/Carboplatin erhalten – mit einem medianen OS von 9,3 Monaten und einem 1-Jahres-Überleben von 37%, sagte von Amsberg.
Die Patienten profitierten langfristig von der Behandlung mit Atezolizumab: Zum Zeitpunkt der Auswertung (medianes Follow-up 17,2 Monate) war die mediane Ansprechdauer noch nicht erreicht. Bei 70% der Patienten hielt der Therapieeffekt zum Analysezeitpunkt weiter an [1]. Die Nierenfunktion blieb laut von Amsberg von der Immuntherapie relativ unbeeinträchtigt.
Für Patienten mit lokal fortgeschrittenen oder metastasierten NSCLC mache der Einsatz des PD-L1-Inhibitors nach vorheriger Chemotherapie Sinn, berichtete Dr. Nicolas J. Dickgreber, Klinikum Rheine. In der Phase-III-Zulassungsstudie OAK konnte das mediane Gesamtüberleben (OS) in der Zweitlinie durch die Immuntherapie gegenüber Docetaxel signifikant von 9,6 auf 13,8 Monate verlängert werden (Hazard Ratio 0,73; [2]). Eine Monotherapie mit einem Checkpoint-Inhibitor könne bei Tumoren mit inflammatorischem Phänotyp ausreichen, während andere Tumortypen eine Kombination mehrerer Wirkansätze erforderten. In aktuellen Studien werde derzeit auch die Kombination von Atezolizumab mit Chemotherapien und zielgerichteten Therapien wie dem Angiogenese-Inhibitor Bevacizumab erforscht.
Susanne Pickl