Paradigmenwandel beim Zervixkarzinom
Die Phase-III-Studie KEYNOTE(KN)-A18 zeigt, dass auch Patientinnen mit lokal fortgeschrittenem Zervixkarzinom und hohem Rezidivrisiko von einer immunonkologischen Therapie profitieren können. In der Studie wurde der PD-1-Inhibitor Pembrolizumab zusätzlich zur Radiochemotherapie (RCT) eingesetzt; er reduzierte das relative Progressionsrisiko um 30 % [1].
KN-A18: Rezidivrisiko reduziert
In die placebokontrollierte Phase-III-Studie KN-A18 waren neu diagnostizierte Patientinnen mit einem nicht vorbehandelten, lokal fortgeschrittenen Zervixkarzinom und einem hohen Rezidivrisiko eingeschlossen (Stadium IB2–IIB plus Lymphknotenbefall [N+]; Stadium III–IVA; FIGO-Klassifikation 2014). Im experimentellen Arm erhielten die Frauen zusätzlich zur RCT den PD-1-Inhibitor Pembrolizumab, der simultan zur RCT eingesetzt und nach Beendigung der RCT als Monotherapie fortgeführt wurde.
Die erste Zwischenauswertung zeigt eine relative Reduktion des Progressionsrisikos (koprimärer Studienendpunkt) um 30 % im Pembrolizumab-Arm (Hazard Ratio [HR] 0,70; p = 0,0020). In beiden Studienarmen war das mediane progressionsfreie Überleben (PFS) noch nicht erreicht, die Ereignisrate lag jedoch im Pembrolizumab-Arm niedriger (21,7 vs. 29,0 %) bei höherer 2-Jahres-PFS-Rate (67,8 vs. 57,3 %). Laut Subgruppenanalyse profitierten insbesondere die Patientinnen im Stadium III–IVA (> 55 %) (HR 0,58 bzw. 0,92 [IB2–IIB]). Die Daten zum Gesamtüberleben (OS; koprimärer Studienendpunkt) sind noch nicht reif, zeigen aber einen positiven Trend zugunsten der zusätzlichen Pembrolizumab-Gabe (HR 0,73).
Pembrolizumab induzierte keine klinisch relevante Zunahme an unerwünschten Begleiteffekten und verschlechterte die gesundheitsbezogene Lebensqualität nicht. Prof. Domenica Lorusso, Rom, Italien, sieht in der Kombination aus RCT plus Pembrolizumab eine potenzielle neue Standardtherapie für Patientinnen mit einem neu diagnostizierten, nicht vorbehandelten lokal fortgeschrittenen Zervixkarzinom und einem hohen Rezidivrisiko.
Konzept mit Induktions-Chemotherapie erfolgreich?
Ein etwas anderes Konzept wurde in der Phase-III-Studie INTERLACE verfolgt. Hier erhielten Frauen mit lokal fortgeschrittenem Zervixkarzinom zusätzlich zur RCT eine vorgeschaltete Induktions-Chemotherapie (IC). Nach median 64 Monaten zeigten sich auch hier klare Wirksamkeitsvorteile. Anders als in KN-A18 waren in der INTERLACE-Studie nicht nur Hochrisikopatientinnen eingeschlossen [2].
Für die INTERLACE-Studie wurden neu diagnostizierte Patientinnen der Stadien IB1/N+ beziehungsweise IB2–IVA (FIGO-Klassifikation 2008) randomisiert. Mehrheitlich (77 %) befanden sich die Frauen im Stadium II, und 58 % aller Patientinnen wiesen keinen Lymphknotenbefall auf. Im experimentellen Arm war der Standard-RCT eine wöchentliche IC mit Carboplatin (AUC 2) plus Paclitaxel (80 mg/m²) über sechs Wochen vorgeschaltet. Das Intervall zwischen IC und RCT betrug median sieben Tage.
Nach einem medianen Follow-up von 64 Monaten war das relative Progressionsrisiko im experimentellen Arm gegenüber der alleinigen RCT um 35 % (HR 0,65; p = 0,013) reduziert. Nach fünf Jahren waren noch 73 % der Patientinnen ohne Progression im Vergleich zu 64 % im RCT-Arm. Das relative Sterberisiko wurde durch die IC um 39 % gesenkt (HR 0,61; p = 0,04) bei einer 5-Jahres-Überlebensrate von 80 % im IC-Arm versus 72 % unter alleiniger RCT.
Entscheidend für den Therapieerfolg sei die niedrigere Rate an Fernmetastasen im IC-Arm (12 vs. 20 %), erläuterte Prof. Mary McCormack, London, UK. Trotz einer höheren Rate an hämatologischen Nebenwirkungen (alle Grade: 30 vs. 5 %) sei die Kombination aus IC und RCT gut handhabbar. Ausdruck dessen sei, dass über 90 % der Patientinnen mindestens fünf Zyklen IC mit nachfolgender RCT erhielten, meinte sie.
Laut McCormack ist die wöchentliche IC mit Carboplatin/Paclitaxel plus RCT eine neue Standardoption für Chemotherapie-fitte Patientinnen mit einem neu diagnostizierten, lokal fortgeschrittenen Zervixkarzinom. Für den klinischen Alltag sei wichtig, sich die Patientinnenkollektive in der INTERLACE- und der KN-A18-Studie anzusehen, kommentierte Prof. Krishnansu Tewari, Irvine, CA/USA. Eine offene Frage sei, welche Patientinnen von welchem Konzept am besten profitierten, so Tewari.
Tisotumab vedotin in später Therapielinie effektiv
Ein besonders hoher „medical need“ besteht beim rezidivierenden beziehungsweise metastasierten Zervixkarzinom nach Versagen der systemischen Erstlinientherapie. Vielversprechende Ergebnisse zeigt in dieser Situation das Antikörper-Wirkstoff-Konjugat (ADC) Tisotumab vedotin [3]. In der Phase-III-Studie InnovaTV301 wurde die Substanz bei Patientinnen mit einem rezidivierenden/metastasierten Zervixkarzinom eingesetzt, die mit bis zu zwei Systemtherapien vorbehandelt waren, und mit einer Monochemotherapie (Topotecan, Vinorelbin, Gemcitabin, Irinotecan oder Pemetrexed) verglichen.
Die geplante Interimsanalyse ergab nach einem medianen Follow-up von 10,8 Monaten für die Patientinnen im Tisotumab-vedotin-Arm einen statistisch signifikanten Überlebensvorteil (primärer Studienendpunkt) (11,5 vs. 9,5 Monate; HR 0,70; p = 0,0038). Nach einem Jahr war noch knapp die Hälfte der Patientinnen am Leben im Vergleich zu 35,3 % im Chemotherapie-Arm. Prof. Ignace Vergote, Leuven, Belgien, sprach von einem klinisch relevanten Überlebensvorteil in dieser späten Therapielinie.
Die Rate objektiver Tumorrückbildungen (Gesamtansprechrate [ORR]: komplette Remission [CR]/partielle Remission [PR]) war unter Tisotumab vedotin deutlich höher (ORR: 17,8 vs. 5,2 %). Sechs Patientinnen erzielten sogar eine CR im Vergleich zu keiner CR im Chemotherapie-Arm. Auch die Krankheitskontrolle lag im ADC-Arm deutlich höher (DCR: 75,9 vs. 58,2 %). Im Chemotherapie-Arm traten mehr Grad-3/4-Nebenwirkungen auf (45,2 vs. 29,2 %). Unter Tisotumab vedotin müsse jedoch auf okulare Nebenwirkungen, periphere Neuropathien und Blutungen geachtet werden, betonte Vergote.
Tisotumab vedotin habe das Potenzial zu einer neuen Standardtherapie beim rezidivierenden/metastasierten Zervixkarzinom nach Versagen der First-line-Systemtherapie, resümierte Vergote. Zu klären sei, ob Tisotumab vedotin vorzugsweise als Monotherapie ab der zweiten Therapielinie oder bereits first-line in Kombination mit Carboplatin und Bevacizumab analog zur InnovaTV205-Studie eingesetzt werden sollte, kommentierte Tewari. Hinweis: Für beide Indikationen ist Tisotumab vedotin derzeit in Europa nicht zugelassen.
Neue Daten zum Endometriumkarzinom
Nach Jahren der therapeutischen Stagnation weist die Immuntherapie neue Perspektiven beim fortgeschrittenen Endometriumkarzinom (EC) auf. In der Phase-III-Studie DUO-E wurde die Immuntherapie mit einem PARP-Inhibitor kombiniert und als Erhaltungstherapie nach der Erstlinientherapie aus Chemo- und Immuntherapie eingesetzt [4].
PARP- und PD-L1-Inhibitor als Erhaltungstherapie?
In die DUO-E-Studie waren Patientinnen mit einem neu diagnostizierten fortgeschrittenen (Stadien III/IV nach FIGO-Klassifikation 2009) oder rezidivierenden EC in drei Studienarme randomisiert worden. Im Kontrollarm (Arm 1) erhielten sie als Erstlinientherapie eine Standardchemotherapie mit Carboplatin/Paclitaxel (CP). In den beiden experimentellen Armen (Arm 2+3) wurde die Chemotherapie (CP) mit dem PD-L1-Inhibitor Durvalumab kombiniert. Nach Beendigung der Chemotherapie schloss sich in beiden Durvalumab-Armen eine Erhaltungstherapie an – entweder mit Durvalumab als Monotherapie (D; Arm 2) oder mit Durvalumab plus dem PARP-Inhibitor Olaparib (D/O; Arm 3).