Kolorektalkarzinom
Sotorasib plus Panitumumab bei KRASG12C-mutierter Erkrankung
Etwa 3 % der Patient:innen mit einem Kolorektalkarzinom (CRC) sind Träger der onkogenen KRASG12C-Mutation. Die Kombination einer Anti-EGFR-Therapie mit einem KRASG12C-Inhibitor hat in der Phase-Ib-Studie CodeBreaK 101 vielversprechende Ansprechraten von 30 % erreicht. Panitumumab plus Sotorasib wurde nun in der dreiarmigen, randomisierten, offenen Phase-III-Studie CodeBreak 300 gegen Trifluridin/Tipiracil oder Regorafenib (nach Wahl der Prüfärzt:innen) geprüft [1]. In den beiden experimentellen Armen wurde Sotorasib in den Dosierungen täglich 960 mg und 240 mg plus jeweils 6 mg/kg Panitumumab (q2w) gegeben. Primärer Endpunkt war das progressionsfreie Überleben (PFS).
Es wurden 160 Patient:innen in die CodeBreak-300-Studie eingeschlossen. Entsprechend der Einschlusskriterien waren die Patient:innen mit mindestens einer Therapie vorbehandelt sowie unter oder nach Fluoropyrimidin, Irinotecan und Oxaliplatin progredient. 83–87 % der Patient:innen in den drei Therapiearmen hatten bereits ≥ 2 Therapielinien erhalten, mehrheitlich eine Chemotherapie und eine antiangiogene Therapie. Im Ergebnis wurde für die experimentellen Arme mit Sotorasib gegenüber der Chemotherapie nach Wahl der Behandelnden ein signifikant verlängertes PFS gesehen, wobei die Kombination mit höherer Sotorasib-Dosierung das beste Ergebnis erzielte.
Im Median betrug das PFS 5,6 Monate (960 mg), 3,9 Monate (240 mg) und 2,2 Monate (Kontrolle). Das Risiko für einen Progress wurde mit der 960-mg-Dosierung um 51 % (Hazard Ratio [HR] 0,49; 95%-Konfidenzintervall [95%-KI] 0,30–0,80; p = 0,006) und mit der 240-mg-Dosierung um 42 % (HR 0,58; 95%-KI 0,36–0,93; p = 0,030) gegenüber dem Kontrollarm reduziert. Ein Ansprechen erreichten 26 versus 6 versus 0 % der Patient:innen, eine Krankheitskontrolle 72 versus 68 versus 46 %. Eine Tumorschrumpfung jedweden Ausmaßes wurde bei 81 versus 57 versus 20 % beobachtet. Die Ergebnisse zum Gesamtüberleben (OS) waren mit 55 Ereignissen (35 %) noch nicht reif. Sotorasib in beiden Dosierungen plus Panitumumab wurde gut vertragen. Es gab keine neuen Sicherheitssignale und keine fatalen Nebenwirkungen.
Fazit: Sotorasib sollte beim CRC – wie bereits beim nichtkleinzelligen Lungenkarzinom (NSCLC) gesehen – in einer Dosierung von 960 mg Anwendung finden. In Kombination mit Panitumumab ist Sotorasib 960 mg ein potenzieller neuer Standard beim chemorefraktären KRASG12C-mutierten mCRC.
Acetylsalicylsäure nach adjuvanter Therapie bringt keinen Überlebensvorteil
Mit Acetylsalicylsäure (ASS) könne möglicherweise das Auftreten von Polypen und CRC verringert werden, so das Ergebnis verschiedener Studien. Beobachtungen gaben auch Hinweise auf einen positiven Effekt von ASS bei bereits etablierter Erkrankung, gegebenenfalls aber nur in der Subgruppe mit PIK3CA-Mutation [2]. In der Phase-III-Studie ASCOLT wurde der Frage, ob die adjuvante ASS-Gabe das krankheitsfreie Überleben (DFS) verlängern könne, randomisiert und placebokontrolliert nachgegangen [3]. 1.587 Patient:innen erhielten nach Operation eine adjuvante Standardtherapie plus täglich 200 mg ASS oder Placebo über die Dauer von drei Jahren. 28 % der Teilnehmenden waren kaukasischen und 72 % asiatischen Ursprungs. Als adjuvante Therapie erhielten 41–44 % der Betroffenen CAPOX, 32–36 % FOLFOX und 20–21 % alleiniges 5-Fluorouracil (5-FU) oder Capecitabin.
Im Ergebnis konnte kein Unterschied zwischen den beiden Studienarmen bezüglich des primären Endpunkts festgestellt werden. Mit DFS-Ereignissen bei 20,6 % (ASS) versus 22,8 % (Placebo) betrug die HR 0,91 (95%-KI 0,73–1,13; p = 0,38). Bezogen auf das OS trat ein Ereignis bei 7,3 versus 9,5 % der Patient:innen ein (HR 0,75; 95%-KI 0,53–1,07; p = 0,11). Kumulativ gab es Hinweise, dass die Zeit bis zum ersten Rezidiv sowie die Zeit bis zum Versterben im ASS-Arm verlängert waren. In den Subgruppenanalysen gab es außerdem – mit kleiner Fallzahl – einen Hinweis auf einen Vorteil für die ASS-Gabe bei Patient:innen, die kein Oxaliplatin erhalten hatten. Die ASS-Gabe wurde gut vertragen. Es gab keine Unterschiede zwischen dem experimentellen und dem Kontrollarm bei kardiovaskulären Nebenwirkungen und Ereignissen.
Fazit: Die adjuvante ASS-Gabe beim CRC brachte keinen Vorteil bezüglich des DFS oder OS. Weitere Studien zum Nutzen von ASS in verschiedenen Dosierungen, über eine unterschiedliche Applikationsdauer und bei unterschiedlichen Patientenkollektiven sowie eine Metaanalyse sind in Bearbeitung und werden noch mehr Aspekte zur ASS-Frage beantworten.
Personalisierte Liquid-Biopsy-geleitete adjuvante Behandlung
Der Nutzen der adjuvanten Standardchemotherapie bei Patient:innen Hochrisiko-CRC im Stadium II und III ist begrenzt, und prognostische Marker zur Identifizierung eines höheren Rückfallrisikos fehlen. Daher werden viele Patient:innen behandelt, die mit der Resektion bereits geheilt wären. Die Liquid Biopsy könnte erlauben, Betroffene entsprechend des Vorhandenseins von zellfreier Tumor-DNA (ctDNA) personalisiert adjuvant zu behandeln. In der Studie PEGASUS wurde geprüft, ob es machbar sei, die adjuvante Therapie mithilfe der Liquid Biopsy zu optimieren [4]. Es wurde zudem versucht, das Risiko für falsch-negative Rückschlüsse zu minimieren, indem die Liquid Biopsy zu zwei Zeitpunkten eingesetzt wurde, sowie die Therapie zu eskalieren, wenn eine positive Probe identifiziert wurde.
Der Studienaufbau war wie folgt: Zwei bis vier Wochen nach der Operation wurde eine Liquid Biopsy durchgeführt. Adjuvant wurde bei positivem Befund CAPOX über drei Monate, bei negativem Befund Capecitabin über sechs Monate gegeben. Postadjuvant wurde Patient:innen nach CAPOX bei vorhandener ctDNA für sechs Monate FOLFIRI oder bei nicht vorhandener ctDNA für vier Zyklen Capecitabin verabreicht. Patient:innen mit Capecitabin in der adjuvanten Phase erhielten bei ctDNA-positiver Erkrankung im Anschluss sechs Monate CAPOX oder bei ctDNA-negativer Erkrankung nur die Nachbeobachtung. Blutuntersuchungen wurden an vielen Schaltstellen im Verlauf der Therapie eingesetzt, und die ctDNA wurde mindestens doppelt kontrolliert. Die PEGASUS-Studie war als Machbarkeitsstudie angelegt und untersuchte als primären Endpunkt die Anzahl falsch-negativer Fälle.
In die Per-Protocol-Population konnten 135 Patient:innen rekrutiert werden, von denen 14 im Stadium II mit hohem Rezidivrisiko, 72 im Stadium III mit niedrigem und 49 im Stadium III mit hohem Risiko waren. 26 % der Patient:innen waren nach der Operation ctDNA-positiv; bei den Stadium-III-Patient:innen mit niedrigem Risiko waren dies 21 %, mit hohem Risiko 32 % (Stadium II: 57 %; Stadium III: 24 %). Bezüglich der verschiedenen klinischen Stadien zeigte sich kein Unterschied für die Zeit bis zum Krankheitsrückfall (TTR). Ein signifikanter TTR-Unterschied wurde aber für die ctDNA-positiven versus -negativen Fälle beobachtet (HR 3,91; 95 %-KI 1,46–10,47; p = 0,0006). Mit einer medianen Nachbeobachtungszeit von 21,2 Monaten wurden innerhalb der ctDNA-negativen Kohorte zehn Rezidive berichtet, die Falsch-negativ-Rate lag bei 10 %. Innerhalb der ctDNA-positiven Kohorte betrug die Rezidivrate 34 % bei einer Nachbeobachtungszeit von 24,2 Monaten und zwölf Fällen.
Fazit: Eine längere Nachbeobachtungszeit wird für definitive Rückschlüsse aus den Studienergebnissen benötigt. Ein hoher prognostischer Wert der ctDNA konnte bereits bestätigt werden.
Magenkarzinom
Perioperative Therapie mit Durvalumab plus FLOT
Das FLOT-Regime ist eine perioperative Standardtherapie für resezierbare Karzinome von Magen und gastroösophagealem Übergang. In der ersten Therapielinie wird eine PD-1-gerichtete Immuntherapie in Kombination mit Chemotherapie als Standard gegeben. In der Phase-III-Studie MATTERHORN wurde nun placebokontrolliert untersucht, ob die perioperative Kombination von Durvalumab, einem PD-L1-Antikörper, mit FLOT die Prognose verbessern kann [5]. 948 Patient:innen erhielten zwei Zyklen Durvalumab (q4w) oder Placebo sowie vier Zyklen FLOT (q2w) vor sowie nach der Resektion. Danach wurden weitere zehn Zyklen Durvalumab (q4w) oder Placebo appliziert. Primärer Endpunkt war das ereignisfreie Überleben (EFS).
Die Patient:innen wiesen in circa zwei Dritteln der Fälle ein Magenkarzinom auf. Am häufigsten waren die Tumoren im Stadium T3. Die PD-L1-Expression lag bei 90 % der Patient:innen ≥ 1 % und bei 50–52 % bei ≥ 5 %. Die ersten, aktuell beim ESMO präsentierten Ergebnisse zeigten ein komplettes pathologisches Ansprechen bei 19 % der Patient:innen unter Durvalumab plus FLOT versus 7 % unter Placebo plus FLOT. Ein komplettes oder nahezu komplettes Ansprechen wurde bei 27 versus 14 % der Behandelten beobachtet. 87 versus 84 % erhielten eine Operation, bei der jeweils für 86 % eine R0-Resektion erreicht wurde. Das Staging für die Patient:innen, die einer Operation unterzogen wurden, war bei 23 versus 11 % T0 und bei 52 versus 37 % N0. 63 % der Patient:innen beider Studienarme wurden mit vier post-operativen FLOT-Zyklen behandelt. Das Nebenwirkungsprofil beider Arme war ähnlich wie erwartet. Es wurden keine neuen Sicherheitssignale für Durvalumab oder FLOT identifiziert.
Fazit: Die erste geplante Zwischenanalyse der Studie MATTERHORN zur zusätzlichen Gabe von Durvalumab zu perioperativem FLOT zeigte eine signifikante und klinisch relevante Erhöhung der Rate an pathologischen kompletten Remissionen mit einer absoluten Differenz von 12 %. Das Downstaging der Tumoren wurde verbessert, sodass unter der experimentellen Medikation mehr Patient:innen T0 und N0 erreichten – dies im Vergleich zum Kontrollarm.
Erstlinientherapie mit Pembrolizumab und Trastuzumab bei fortgeschrittener Erkrankung
Für die fortgeschrittene Situation wurden beim ESMO unter anderem die Ergebnisse zum Überleben aus der Phase-III-Studie KEYNOTE-811 präsentiert [6]. Therapiennaive, HER2-positive Patient:innen mit einem fortgeschrittenen, nicht resezierbaren Adenokarzinom des Magens oder gastroösophagealen Übergangs erhielten Pembrolizumab versus Placebo plus – in beiden Studienarmen – Trastuzumab und Chemotherapie. Eingeschlossen waren 698 Personen mit einem Magenkarzinom in 65–69 % der Fälle. Als Chemotherapieregime kam bei 85–86 % CAPOX zum Einsatz.
Mit einer medianen Nachbeobachtungszeit von 28,4 Monaten betrug das mediane PFS 10,0 Monate im Pembrolizumab-Arm versus 8,1 Monate im Placebo-Arm (HR 0,72; 95%-KI 0,60–0,87; p = 0,0002). Patientinnen mit einem PD-L1-CPS ≥1 wurden im Median vergleichbare 10,8 versus 7,2 Monate PFS beobachtet (HR 0,70; 95%-KI 0,58–0,85). Die 12-Monats-PFS-Rate betrug 44 versus 34 % für die ITT-Population und 46 versus 33 % für die PD-L1-positive Population. Die beim ESMO präsentierten finalen PFS-Daten mit einer medianen Nachbeobachtungszeit von 38,5 Monaten bestätigen das positive Studienergebnis (HR 0,73 bzw. 0,71). Nach 36 Monaten lebten noch 17 versus 11 % beziehungsweise 18 versus 10 % der Patient:innen ohne Progress.
Der PFS-Vorteil unter der Pembrolizumab-haltigen Therapie übertrug sich auf die OS-Daten, wenn hier auch für die ITT-Population die statistische Signifikanz bisher nicht erreicht wurde (medianes OS: 20,0 vs. 16,8 Monate; HR 0,84; 95%-KI 0,70–1,01). Ein Ansprechen erreichten 73 versus 60 % der Patient:innen, mit Komplettremissionen bei 17 versus 11 %. Für Betroffene mit einem positiven PD-L1-Status wurde ein signifikanter OS-Vorteil berichtet (medianes OS: 20,0 vs. 15,7 Monate; HR 0,81; 95%-KI 0,67–0,98). Mit der längeren Nachbeobachtungszeit wurden keine neuen Sicherheitssignale beobachtet.
Fazit: Die Ergebnisse der KEYNOTE-811-Studie führten in der EU zur Zulassung von Pembrolizumab plus Trastuzumab plus Chemotherapie in der ersten Therapielinie beim fortgeschrittenen oder metastasierten gastroösophagealen Adenokarzinom mit Überexpression von HER2 und PD-L1. Die finale OS-Analyse wird entsprechend dem Protokoll durchgeführt werden.
Dr. Ine Schmale