Endometriale Mikrobiomanalysen bei Kinderwunschpatientinnen
Ein Screening auf Infektionserreger des Urogenitaltraktes ist in vielen In-vitro-Fertilisations-Zentren Teil der Routinediagnostik. Bei Frauen mit unerfülltem Kinderwunsch wird bei vaginaler Fehlbesiedelung eine antibiotische Therapie erwogen. Inzwischen gibt es auch Hinweise, dass Störungen des endometrialen Mikrobioms eine Bedeutung für den Erfolg einer Kinderwunschbehandlung haben könnten.
Schlüsselwörter: In-vitro-Fertilisation, bakterielle Vaginose, Chlamydia trachomatis, Lactobacillus sp.
Die Zahl der Kinderwunschbehandlungen in Deutschland steigt seit Jahren an und vielen Paaren kann geholfen werden: Die kumulative Lebendgeburtenrate liegt laut Deutschem IVF-Register nach sechs assistierten Reproduktionstechnologie-(ART-)Zyklen bei 72 %, bei Frauen unter 35 Jahren sogar bei 86 % [1].
Allerdings gibt es auf den Erfolg der Behandlung eine Vielzahl von Einflussfaktoren: Neben Alter (vornehmlich der Frau), Hormonstatus, Immunologie, Genetik und Lebensgewohnheiten spielen Infektionen und vermutlich auch die bakterielle Besiedelung des Genitaltraktes eine wichtige Rolle für den positiven Ausgang einer Behandlung.
Das Screening auf pathogene Infektionserreger des Urogenitaltraktes ist in einigen In-vitro-Fertilisations-(IVF-)Zentren Teil der Routinediagnostik im Rahmen der Sterilitätsabklärung. Beachtung finden v. a. Infektionen mit Chlamydia trachomatis. Sie können neben einer Zervizitis auch eine Entzündung der Eileiter verursachen und in der Folge zu tubarer Infertilität führen. Solche „aufsteigenden“ Infektionen sind auch für andere Erreger wie Neisseria gonorrhoeae oder Mycoplasma sp. und Ureaplasma sp. beschrieben und werden bei akuter Adnexitis mit entsprechendem Keimnachweis antibiotisch behandelt.
Neben dem unauffälligen Infektionsscreening gilt die physiologische Mikrobiota (oder ungenauer: das Mikrobiom) des unteren Genitaltrakts – bestätigt z. B. durch sauren vaginalen pH und unauffälligen Nativabstrich – als wichtiger Baustein für eine unkomplizierte Schwangerschaft. Deshalb empfiehlt es sich, eine bakterielle Vaginose, eine Fehlbesiedelung v. a. mit Gardnerella vaginalis und anaeroben Bakterien, bei drohender Frühgeburt antibiotisch zu behandeln [2]. Bei Frauen mit unerfülltem Kinderwunsch wird bei dieser vaginalen Fehlbesiedelung ebenfalls eine antibiotische Therapie erwogen.
Ungenutzt blieben bisher Informationen über die bakterielle Besiedelung des oberen Genitaltrakts. Lange Zeit galt die Lehrmeinung, das Cavum uteri sei steril, oder eventuelle Keime würden spätestens mit dem nächsten Zyklus eliminiert. Tatsächlich ist über die Mikrobiota, die endometrial nachzuweisen ist, noch vieles unklar: Handelt es sich um eine ständige Besiedelung im Sinne eines endometrialen Mikrobioms oder ist die Besiedelung zyklusabhängig und damit transient? Ist auch eine transient in der zweiten Zyklushälfte nachzuweisende Besiedelung mit Milchsäure-/Döderlein-Bakterien wichtig für die Implantation und eine erfolgreiche Schwangerschaft? Ist die Besiedelung des Endometriums ein Kontinuum der vaginalen Besiedelung oder kann sie davon unabhängig sein? Die neuere Literatur traut der endometrialen Mikrobiota einen wichtigen Beitrag für eine erfolgreiche Implantation zu [3–5].
Studien zeigen, dass die normale endometriale Besiedelung gleich der vaginalen von Lactobacillus sp. dominiert wird. Moreno et al. [3] legen weiter dar, dass ein von Lactobacillus sp. dominiertes endometriales Mikrobiom Voraussetzung für eine erfolgreiche IVF- oder Intrazytoplasmatische Spermieninjektions-(ICSI-)Behandlung ist. In ihrer Studie weisen die Autoren außerdem darauf hin, dass bei bis zu 20 % der untersuchten Frauen gravierende Unterschiede zwischen der vaginalen und der endometrialen Besiedelung nachzuweisen sind. So kommen sie zu dem Schluss, dass die Untersuchungsergebnisse der vaginalen Verhältnisse daher nicht zuverlässig auf die des Endometriums übertragbar sind.
Ähnlich einer bakteriellen Vaginose besteht also die Möglichkeit einer bakteriellen Fehlbesiedelung der endometrialen Schleimhaut, die offenbar eine schlechte Voraussetzung für eine IVF-/ICSI-Behandlung darstellt.
Mikrobiomanalysen bei Kinderwunschpatientinnen
Daten aus der klinischen Praxis zeigen, dass in Mikrobiomanalysen endometrialer Abstriche von ca. 200 Frauen mit unerfülltem Kinderwunsch aufgrund von rezidivierenden Spontanaborten (RSA) und/oder wiederholtem Implantationsversagen (RIF) nur bei einem Teil der Patientinnen ein Lactobacillus-dominiertes Mikrobiom (LDM) nachgewiesen werden kann (Abb. 1).
Fehlbesiedlungen mit einer Dominanz von Gardnerella vaginalis, B-Streptokokken oder GPAC (grampositive, anaerobe Kokken) wurden regelmäßig gefunden (eigene unveröffentlichte Daten).
Wurden auf der Basis der Mikrobiomergebnisse Laktobazillen substituiert und/oder systemisch Antibiotika verabreicht, war ein LDM bei ca. zwei Drittel der behandelten Patientinnen wiederherzustellen.
Es gibt bisher keine Daten, die den Vorteil einer generellen Untersuchung der genitalen Besiedelung bei Kinderwunschpatientinnen belegt. Derzeit mehren sich aber die Hinweise auf einen Zusammenhang zwischen genitalem Mikrobiom und reproduktiver Gesundheit. Die endometriale Mikrobiomanalyse liefert eine Rationale für eine sonst empirische systemische Antibiotikatherapie, u. a. bei Verdacht auf chronische Endometritis (CD138 positiv), und verhindert so eine Überbehandlung mit zunehmendem Risiko der Resistenzentwicklung. Ebenso ist unter der Annahme eines Idealzustandes (= LDM) eine Erfolgskontrolle möglich.
Untersuchungen des endometrialen Mikrobioms werden derzeit auch herangezogen, um einen optimalen Zeitpunkt für die Kinderwunschbehandlung zu wählen, stets unter der Annahme, dass ein nicht-LDM eine schlechte Voraussetzung für eine erfolgreiche Implantation darstellt. Die Konsequenz ist die Verschiebung der nächsten IVF-/ICSI-Behandlung.
Zusammenfassung
Neue Literaturdaten befassen sich mit dem Einfluss des Mikrobioms des Genitaltraktes auf den Erfolg von Kinderwunschbehandlungen. Es gibt Hinweise, dass Lactobazillen sowohl vaginal als auch endometrial einen Beitrag zum Erfolg einer Behandlung beisteuern.