NSCLC, frühe Stadien
Adjuvante Chemo- plus Immuntherapie verlängert Rezidivfreiheit
Obgleich das nicht-kleinzellige Lungenkarzinom (NSCLC) in den klinischen Stadien I–III in kurativer Intention behandelt wird, betragen die Rezidivraten bis zu 60 %. In der Phase-III-Studie IMpower010 fand sich erstmals eine Verlängerung des krankheitsfreien Überlebens, wenn nach der Operation im Anschluss an eine adjuvante Chemotherapie noch eine Immuntherapie – in diesem Fall der Anti-PD-L1-Immuncheckpoint-Inhibitor Atezolizumab – verabreicht wurde. Nach ersten Ergebnissen beim virtuellen ASCO-Kongress 2021 [1] konnte Enriqueta Felip, Barcelona, Spanien, beim ESMO-Kongress zusätzliche Analysen zu Rezidiv-Lokalisationen und zu den anschließend gegebenen Rezidivtherapien zeigen [2], die soeben auch voll publiziert wurden [3].
Von 1.280 Patienten, die postoperativ eine adjuvante platinbasierte Chemotherapie erhalten hatten, wurden 1.005 auf entweder 16 Zyklen Atezolizumab oder „Best supportive care“ randomisiert. In den Stadien II–IIIA und bei positiver PD-L1-Expression war das krankheitsfreie Überlebensrisiko signifikant um etwa ein Drittel reduziert (HR 0,66; 95%-Konfidenzintervall 0,50–0,88), bei allen randomisierten Patienten in den Stadien II–IIIA um 21 % (95%-KI 0,64–0,96). Bei einem Vergleich der Subgruppen war ein tatsächlicher Nutzen vor allem bei einer PD-L1-Expression in ≥ 50 % der Zellen gegeben, mit einer Hazard Ratio von 0,43 (95%-KI 0,27–0,68).
In exploratorischen Analysen, so Felip, entwickelten in der Kohorte mit einer PD-L1-Expression von ≥ 1 % im Atezolizumab-Arm 29 % der Patienten ein Rezidiv, im Kontrollarm hingegen 45 %. Im Detail zeigte sich eine Tendenz zu mehr lokoregionären Rezidiven im Atezolizumab-Arm, aber insgesamt war kein klares Muster erkennbar. Der einzige nennenswerte Unterschied hinsichtlich der Post-Rezidiv-Therapien bestand in einer häufigeren Anwendung von Checkpoint-Inhibitoren im Kontrollarm (35 % vs. 11 %). Mit 16 % versus 11 % erfolgte im Atezolizumab-Arm außerdem etwas häufiger eine erneute chirurgische Intervention wegen des Rezidivs.
IMpower010 ist damit die erste Phase-III-Studie, so Felip, in der eine adjuvante Immuntherapie nach chirurgischer Resektion und adjuvanter Chemotherapie beim frühen NSCLC in der PD-L1-positiven Population eine Reduktion des Risikos für Rezidiv oder Tod um 34 % zeigt. Bei einer PD-L1-Expression in mindestens 50 % der Zellen wird das Risiko mehr als halbiert.
Konsolidierende Immuntherapie im Stadium III noch optimierbar
Auch nicht operable NSCLC im Stadium III lassen sich häufig in kurativer Absicht behandeln: Neuerdings wird dazu eine simultane Chemoradiotherapie durch den PD-L1-Inhibitor Durvalumab ergänzt. Weitere innovative Checkpoint-Inhibitoren können die Wirkung von Durvalumab offenbar noch verstärken, wie Alex Martinez-Marti, Barcelona, Spanien, in einem Late Breaking Abstract zeigte [4].
Die 5-Jahres-Überlebensrate wurde in der PACIFIC-Studie durch Durvalumab auf 42,9 % und die für das progressionsfreie Überleben auf 33,1 % erhöht [5], aber neben der PD-1/PD-L1-Achse hindern weitere Checkpoint-Mechanismen das Immunsystem an der Bekämpfung von Tumorzellen: So induziert Strahlung durch die Expression des Checkpoint-Moleküls CD73 eine Resistenz und bremst außerdem durch Expression des Liganden NKG2A die Anti-Tumor-Aktivität von T-Zellen und natürlichen Killerzellen. In der randomisierten Phase-II-Studie COAST wurden 189 Patienten mit nicht resektablem NSCLC im Stadium III nach einer Chemoradiotherapie in drei Arme randomisiert, in denen sie über ein Jahr eine konsolidierende Immuntherapie mit Durvalumab entweder alleine, in Kombination mit dem CD73-Antikörper Oleclumab oder mit dem NKG2A-Antikörper Monalizumab bekamen. Primärer Endpunkt war die objektive Ansprechrate, sekundäre Endpunkte progressionsfreies Überleben und Sicherheit.
Nach median 11,5 Monaten lag die Ansprechrate unter der Durvalumab-Monotherapie bei 25,4 %, unter der Kombination mit Oleclumab bei 38,3 % (Odds Ratio 1,83; 95%-KI 0,80–4,20) und unter der Kombination mit Monalizumab bei 37,1 % (OR 1,77; 95%-KI 0,77–4,11). Vor allem aber verlängerte sich die progressionsfreie Überlebensrate nach zehn Monaten von 39,2 % unter Durvalumab alleine signifikant auf 64,8 % unter Oleclumab (HR 0,44; 95%-KI 0,26–0,75) bzw. 72,7 % mit Monalizumab (HR 0,65; 95%-KI 0,49–0,85). Dieser Nutzen der zusätzlichen Antikörper war in einer Subgruppenanalyse unabhängig von Histologie, Performancestatus, vorheriger platinhaltiger Chemotherapie oder PD-L1-Expression.
Die Verträglichkeit beider Testsubstanzen war gut, und obwohl es sich nur um eine relativ kleine Phase-II-Studie handelt, scheinen die beiden neuen Antikörper die konsolidierende Wirkung von Durvalumab nach einer Chemoradiotherapie noch einmal deutlich zu verbessern – eine Phase-III-Studie ist in Planung.
Fortgeschrittene Stadien
EGFR-mutiertes NSCLC auch nach Osimertinib-Resistenz therapierbar
Das NSCLC mit aktivierenden Mutationen des Rezeptors für den epidermalen Wachstumsfaktor (EGFR) ist mit EGFR-Tyrosinkinase-Inhibitoren (TKIs) behandelbar, deren Wirkung aber aufgrund von Resistenzentwicklungen mit der Zeit nachlässt. Auch gegen den bislang wirksamsten zugelassenen Inhibitor Osimertinib treten Resistenzen auf, die aber auch behandelbar scheinen, wie Natasha Leighl, Toronto, Kanada, berichtete [7]:
Resistenzen gegenüber Osimertinib entstehen meist entweder durch zusätzliche Mutationen im EGFR-Gen oder durch Veränderungen des MET-Onkogens (meist Genamplifikationen). Der Dritt-generations-EGFR-TKI Lazertinib wirkt auch bei Osimertinib-resistenten Tumorzellen und ist liquorgängig, während der bispezifische Antikörper Amivantamab den EGFR- wie auch den MET-Rezeptor hemmt und in den USA bereits zur Behandlung von NSCLC mit EGFR-Exon-20-Insertionsmutationen zugelassen ist. In die Phase-II-CHRYSALISStudie wurden Patienten mit EGFR-mutiertem, nach Osimertinib progredientem NSCLC eingeschlossen. Eine Kohorte mit Resistenzmutationen im EGFR-Gen (C797S oder andere) oder MET-Amplifikation erhielt eine Amivantamab-Monotherapie, eine zweite Kohorte unselektierter, ebenfalls Osimertinib-resistenter Patienten Amivantamab und Lazertinib.
Primärer Endpunkt war die Gesamtansprechrate; sie lag in der Monotherapie-Kohorte bei 19 %, in der Kombinationsgruppe mit 36 % etwa doppelt so hoch, die „Clinical Benefit“-Rate (Remissionen und Krankheitsstabilisierungen) betrug 48 % bzw. 64 %, die mediane Dauer des Ansprechens 5,9 bzw. 9,6 Monate. Eine intrakranielle Progression war in beiden Kohorten selten. Das Sicherheitsprofil für beide Substanzen ergab keine bislang unbekannten Nebenwirkungen.
Dass die Kombination aus Amivantamab und Lazertinib ähnlich wirksam ist, wenn die gegen Osimertinib resistenten Patienten in der Zwischenzeit eine platinhaltige Chemotherapie bekommen haben, zeigen die ersten Ergebnisse der CHRYSALIS-2-Studie [8], die Catherine Shu, New York, USA, beim ESMO-Kongress präsentierte.
HER2-Mutation: Gutes Ansprechen mit Antikörper-Toxin-Konjugat
Bei etwa 3 % aller NSCLC finden sich Mutationen im HER2-Gen, für die es beim NSCLC bisher keine zugelassenen spezifischen Therapien gibt. Beim ESMO-Kongress wurden Daten aus einer Phase-II-Studie vorgestellt, wonach sich mit einem gegen HER2 gerichteten Antikörper-Toxin-Konjugat bei Patienten mit rezidivierter oder refraktärer Erkrankung hohe Ansprechraten erzielen lassen [10].
Mit Trastuzumab-Deruxtecan, das auch beim Mammakarzinom getestet wird, wurden in der Phase-II-Studie DESTINY-Lung01 laut Bob Li, New York, bislang 91 Patienten mit metastasiertem rezidiviertem oder refraktärem HER2-mutiertem NSCLC behandelt. Primärer Endpunkt war das Gesamtansprechen; die Rate lag unter Trastuzumab-Deruxtecan bei 54,9 % und in allen untersuchten Subgruppen ähnlich hoch. Darunter sind auch Patienten, die zuvor schon HER2-Tyrosinkinase-Inhibitoren erhalten hatten oder solche mit Hirnmetastasen. Hinzu kamen 37,4 % Krankheitsstabilisierungen, sodass sich eine Krankheitskontrollrate von 92,3 % ergab. Die Dauer des Ansprechens betrug median 9,3, die mediane Gesamtüberlebensdauer 17,8 Monate.
Das Toxizitätsprofil war handhabbar, die Ergebnisse wurden zeitgleich publiziert [11], und in der DESTINY-Lung02-Studie wird derzeit an einer Optimierung des Dosierungsregimes gearbeitet, so Li [12].
NSCLC mit Treibermutationen: Neues Immuntoxin
Ein weiteres neues Antikörper-Toxin-Konjugat, Datopotamab Deruxtecan, enthält einen monoklonalen Antikörper gegen das TROP-2-Antigen, das unter anderem auf NSCLC – unabhängig vom genomischen Status – stark exprimiert wird und mit einer schlechten Prognose assoziiert ist. Es wurde in der Phase-I-Studie TROPION-PanTumor01 unter anderem bei bisher 34 Patienten mit NSCLC und stabilen Hirnmetastasen getestet, die verschiedene Treibermutationen und umfassende Resistenzen gegen die jeweiligen TKIs aufwiesen [13].
Wie Eddie Garon, Los Angeles, USA, berichtete, hatten 29 der Patienten Mutationen im EGFR-Gen, drei ALK-Translokationen und einer ROS1- und RET-Alterationen. Zwei Drittel derer mit EGFR-Mutation hatten bereits Osimertinib erhalten. Nach median 13 Monaten lag die Ansprechrate bei 35 % und die mediane Dauer der Remissionen bei 9,5 Monaten, was angesichts der Resistenzen vielversprechend erscheint. Die häufigsten Nebenwirkungen waren Nausea (62 %) und Stomatitis (56 %), selten hämatologischer Natur. Die Dosierung von 6 mg/kg KG, so Garon, wird derzeit in der Phase-II-Studie TROPION-Lung05 [14] bei Patienten mit fortgeschrittenem oder metastasiertem NSCLC getestet, die behandelbare Treibermutationen aufweisen (EGFR, ALK, ROS1, RET, BRAF, NTRK, MET Exon-14-Skipping-Mutationen) und bereits zielgerichtete Therapien und eine Chemotherapie erhalten haben.
Prostatakarzinom
Radionuklid-Therapie wirksam auch bei Lebensqualität
Beim metastasierten kastrationsresistenten Prostatakarzinom (mCRPC) sind früher oder später alle therapeutischen Möglichkeiten ausgereizt. Eine neue Option scheint die Therapie mit radioaktiven Nukliden zu sein, die über spezielle Liganden an tumorspezifische Oberflächenantigene wie das Prostata-spezifische Membran-Antigen (PSMA) und damit an die malignen Zellen herangebracht werden. Ein Präparat, das den β-Strahler Lutetium-177 verwendet, scheint hier, wie bereits publiziert [15], erfolgreich die Überlebenszeiten zu verlängern und, wie beim virtuellen ESMO-Kongress berichtet wurde, gleichzeitig die Lebensqualität günstig zu beeinflussen, wie Karim Fizazi, Villejuif, Frankreich, beim ESMO-Kongress berichtete [16]:
Die gesundheitsbezogene Lebensqualität wurde im Wesentlichen mit dem FACT-P-Fragebogen erhoben (Functional Assessment of Cancer Therapy – Prostate), die Schmerzen mit dem Brief Pain Inventory – Short Form (BPI-SF). Bestimmt wurde jeweils die Zeit bis zum ersten Auftreten eines Ereignisses. 177Lu-PSMA-617 schnitt dabei in allen Subskalen signifikant besser ab: beim FACT-P-Gesamtscore (HR 0,46; p < 0,001), bei der Schmerz-Subskala (HR 0,55; p < 0,001) und der Prostatakrebs-Subskala des FACT-P (HR 0,59; p < 0,001) ebenso wie in der BPI-SF bei der Schmerz-intensität (HR 0,45; p < 0,001), den stärksten Schmerzen (HR 0,49; p < 0,001) und bei der Beeinträchtigung des täglichen Lebens durch die Schmerzen (HR 0,60; p < 0,001).
Diese Ergebnisse belegen überzeugend eine Verzögerung der Zeit bis zur Verschlechterung der Lebensqualität und der Schmerzen und sprechen für den klinischen Nutzen der Radiotherapie über die Überlebensverlängerung hinaus, so Fizazi – und das trotz der höheren Inzidenz von Grad-3/4-Nebenwirkungen.
Hormonsensitives Prostatakarzinom: Enzalutamid von Anfang an
Enzalutamid, ein Inhibitor des Androgenrezeptor-Signalweges, ist seit Mai 2021 in der EU in Kombination mit einer Hormonentzugstherapie auch zur Behandlung des hormonsensitiven Prostatakarzinoms zugelassen, basierend auf frühen Daten aus der Phase-III-Studie ARCHES, zu der Andrew Armstrong, Durham, USA, nun beim ESMO-Kongress die beeindruckenden finalen Ergebnisse zum Gesamtüberleben präsentierte [17].
1.150 Männer mit neu diagnostiziertem oder rezidiviertem, metastasiertem, hormonsensitivem Prostatakarzinom hatten eine Hormonentzugstherapie und dazu randomisiert entweder 160 mg/d Enzalutamid oder ein Placebo erhalten. In der ersten Analyse hatte sich bereits beim primären Endpunkt des progressionsfreien Überlebens eine signifikante Reduktion des Risikos um 61 % sowie eine Verbesserung bei einigen sekundären Endpunkten gezeigt [18], zum Gesamtüberleben konnte Armstrong nun die endgültige Analyse zeigen:
Nach median 44,6 Monaten nahm noch ein gutes Drittel der Patienten die ursprüngliche Medikation ein. Beim Gesamtüberleben ist der Medianwert noch in keinem der beiden Arme erreicht, aber in den vergangenen drei Jahren entwickelte sich ein zunehmend deutlicher Vorteil für den Enzalutamid-Arm: Während der Unterschied zum Kontrollarm nach zwei Jahren mit einer Überlebensrate von 86,2 % versus 82,4 % noch gering war, deutete sich nach drei Jahren mit 77,9 % versus 69 % bereits eine Separierung der Kurven an, die nun nach vier Jahren mit 70,6 % versus 57 % noch sehr viel deutlicher ausfällt. Das Mortalitätsrisiko wurde durch Enzalutamid um 34 % reduziert (Hazard Ratio 0,66; p < 0,0001), und zwar für nahezu alle untersuchten Subgruppen.
Dass eine Enzalutamid-Behandlung von Anfang an wichtig ist, zeigt der deutliche Vorteil für den Verumarm beim Gesamtüberleben, obwohl beinahe ein Drittel der Patienten im Kontrollarm wegen einer Progression im Verlauf ihrer ursprünglichen Behandlung die Cross-over-Option zu Enzalutamid gewählt hatte.
Urothelkarzinom
Muskelinvasives Blasenkarzinom: dosisdichte neoadjuvante Therapie
Standard beim muskelinvasiven Blasenkarzinom ist derzeit die radikale Zystektomie mit perioperativer Chemotherapie, wobei es für eine neoadjuvante Anwendung lediglich Level-I-Evidenz gibt. Ein Überlebensvorteil ist nur für eine Cisplatin-basierte perioperative Chemotherapie gesichert, die in zwei verschiedenen Varianten angewendet wird: ein dosisdichtes Regime aus Methotrexat, Vinblastin, Doxorubicin und Cisplatin (dd-MVAC) oder eine Kombination aus Gemcitabin und Cisplatin (GC). Beim ESMO-Kongress präsentierten französische Urologen nun den ersten direkten randomisierten Vergleich dieser beiden Protokolle direkt [19].
Eingeschlossen in die VESPER-Studie wurden Patienten mit reinem oder gemischtem Urothelkarzinom der Blase (unter Ausschluss von neuroendokrinen Tumoren). Neoadjuvant konnten diejenigen Patienten behandelt werden, deren Tumoren mindestens ein T2-Stadium aufwiesen, die aber nodal negativ waren. Patienten, die bereits operiert waren und einen pT3- oder größeren Tumor hatten oder nodal positiv waren, erhielten die Therapie adjuvant.
Für den Standardarm waren vier Zyklen Gemcitabin (1.250 mg/m2 an den Tagen 1 und 8) und Cisplatin (70 mg/m2 an Tag 1) vorgesehen, im experimentellen Arm sechs Zyklen Methotrexat (30 mg/m2 an Tag 1), Vinblastin (3 mg/m2 an Tag 2), Doxorubicin (30 mg/m2 an Tag 2) und Cisplatin (70 mg/m2 an Tag 2); in diesem Arm wurden routinemäßig Wachstumsfaktoren gegeben. Primärer Endpunkt war das progressionsfreie Überleben nach drei Jahren.
Wie der Urologe Christian Pfister, Rouen, Frankreich, berichtete, erhielten von den 500 randomisierten Patienten 437 (88 %) die Therapie neoadjuvant. Hier wurden im experimentellen Arm 60 % aller Patienten mit den vollen sechs Zy-klen MVAC behandelt, im Kontrollarm bekamen 84 % alle vier Zyklen GC. 91 % bzw. 90 % in beiden Armen konnten anschließend operiert werden, und ein auf die Blase begrenztes Ansprechen (< ypT3N0) war im experimentellen Arm mit 77 % häufiger zu beobachten als im Kontrollarm mit 63 % (p = 0,001). In der adjuvant behandelten Kohorte konnten nur 40 % der Patienten im experimentellen Arm alle sechs Zyklen bekommen, im Kontrollarm 81 % alle vier Zyklen.
Insgesamt wurde im Gesamtkollektiv durch die perioperative dosisdichte MVAC-Therapie die progressionsfreie Überlebensrate nach drei Jahren von 56 % auf 64 % erhöht (Hazard Ratio 0,77; p = 0,066), ebenso stiegen die Werte für die Zeit bis zur Progression von 58 % auf 69 % (HR 0,68; p = 0,014). Der Vorteil beim progressionsfreien Überleben war damit im Gesamtkollektiv nicht signifikant, wohl aber in der Subgruppe mit neoadjuvanter Therapie (66 % vs. 56 %; HR 0,70; p = 0,025). In der adjuvanten Subgruppe lassen die Resultate aufgrund der geringen Zahl von nur 56 Patienten keine sicheren Rückschlüsse zu.
Die VESPER-Studie ist laut Pfister ein Meilenstein für die Chemotherapie des muskelinvasiven Blasenkarzinoms: In der neoadjuvanten Situation sollte das dosisdichte MVAC-Protokoll aufgrund der besseren lokalen Kontrolle und des besseren progressionsfreien Überlebens neuer Goldstandard sein. Es wird erwartet, dass die Resultate zum Gesamtüberleben diese Schlussfolgerungen bestätigen und einen Rahmen für künftige Studien abgeben werden, deren Aufgabe die weitere Optimierung der Chemotherapie und die Integration von Immuntherapien in das therapeutische Vorgehen beim muskelinvasiven Urothelkarzinom der Blase sein wird.
Josef Gulden