Die aktuellen Leitlinien der European Association of Neuro-Oncology (EANO) definieren ein Glioblastom gemäß der neuen WHO-Klassifikation [1] als ein diffuses astrozytisches Gliom ohne IDH- und Histon-H3-Mutation, mit mikrovaskulärer Proliferation und/oder nekrotischen Arealen und/oder bestimmten molekularen Alterationen, auf die besonders bei Fehlen der typischen histo-morphologischen Befunde jeder Gliom-Patient untersucht werden sollte [2].
Folgende molekulare Parameter definieren einen IDH-Wildtyp-Tumor der histologischen Grade 2 und 3 als Glioblastom:
- eine TERT-Promotormutation und/oder
- eine +7/-10 zytogenetische Signatur (Gewinn von Chromosom 7 kombiniert mit Verlust von Chromosom 10 und/oder
- eine EGFR-Amplifikation.
Glioblastom-Varianten beinhalten Riesenzellglioblastome, Gliosarkome und epitheloide Glioblastome.
Inzidenz und Prognose
Gliome sind die häufigsten primären Hirntumoren des Erwachsenen. Die altersstandardisierte Inzidenz in Europa beträgt 6 pro 100.000 Einwohner pro Jahr. Bei etwa der Hälfte der Gliom-Patienten liegt deren bösartigste Form vor, ein Glioblastom ZNS-WHO-Grad 4. Das Glioblastom rezidiviert regelhaft und ist nicht heilbar. Die Prognose der Patienten ist nach wie vor sehr ungünstig. Weniger als 10 % der Patienten sind fünf Jahre nach Diagnosestellung trotz einer aggressiven multimodalen Therapie noch am Leben [3]. Das höchste Erkrankungsrisiko bei beiden Geschlechtern liegt zwischen dem 70. und 85. Lebensjahr.
Einziger derzeit gesicherter Risikofaktor ist eine ionisierende Bestrahlung im Kopf-Hals-Bereich. Die Relevanz mobiler Telefone als Risikofaktor konnte bisher nicht bestätigt werden. Auch existieren keine Screening-Programme zur Früherkennung. Je nach Lokalisation und Tumorgröße sind die Symptome und klinische Präsentation sehr unterschiedlich. Häufig zeigen sich Symptome eines erhöhten Hirndrucks wie Kopfschmerzen, Übelkeit und Erbrechen. Auch epileptische Anfälle und fokalneurologische Ausfälle können auftreten.
Diagnostik
Auch wenn die Computertomographie (CT) häufig die erste verfügbare Bildgebung bei klinischer Symptomatik darstellt, ist die Magnetresonanztomographie (MRT) des Schädels der diagnostische Goldstandard [2]. Eine Aminosäuren-PET kann zur Bestimmung des Biopsie-Ortes (metabolische Hotspots) oder zur Therapieplanung sowie zur Differenzierung Progression/Pseudoprogression hilfreich sein [2].
Wie bereits eingangs erwähnt ist heute eine molekulare Definition des Glioblastoms möglich, auch wenn histologische Kriterien des WHO-Grads 4 nicht erfüllt sind. Darüber hinaus ist bei allen Gliom-Patienten die Bestimmung definierter molekularer Marker unerlässlich, um die Patienten adäquat therapieren zu können.
Größten Einfluss in der Diagnostik von Gliomen hat die Testung auf das Vorliegen einer IDH-Mutation, da eine solche ein Glioblastom ausschließt. Nachfolgend kommt der Testung auf eine MGMT-Promotormethylierung der größte Stellenwert zu. Sie hat zwar keine direkt diagnostische Bedeutung, ist aber ein prädiktiver Biomarker für das Ansprechen auf eine alkylierende Chemotherapie und damit essentiell für die Therapieentscheidung.
MGMT-Promotormethylierung: Prädiktiver Biomarker für alkylierende Chemotherapie
Das DNA-Reparaturprotein O6-Methylguanin-DNA-Methyltransferase (MGMT) erkennt und behebt vor allem DNA-Schäden, die durch alkylierende Substanzen wie Temozolomid entstanden sind. Eine Hypermethylierung der Promotorregion von MGMT führt zum Funktionsverlust des Enzyms, da das von dem Promotor gesteuerte MGMT-Gen seltener abgelesen und somit eine geringere Menge an MGMT gebildet wird. Damit kann eine MGMT-Promotormethylierung zu erhöhter Sensibilität gegenüber Alkylanzien führen, sodass diese Patienten in der Regel besser auf eine alkylierende Chemotherapie ansprechen. So hat die – allerdings relativ kleine – deutsche Phase-III-CeTeG/NOA-09-Studie ein signifikant verbessertes Gesamtüberleben (OS) bei Patienten mit MGMT-Promotormethylierung gezeigt, die eine intensivierte alkylierende Chemotherapie mit Temozolomid und Lomustin erhalten hatten, gegenüber jenen, die mit einer Temozolomid-Monotherapie behandelt wurden [4].
Auch der Nitrosoharnstoff Lomustin (Chlorethyl-Cyclohexyl-Nitroso-Urea, CCNU) wirkt als Alkylans. Die Therapie mit dem CeTeG-Protokoll hat sich noch nicht als Standard durchgesetzt und wird v. a. im deutschsprachigen Raum eingesetzt. Sie kann aber bei jüngeren, fitten Patienten mit MGMT-Promotormethylierung erwogen werden. Zu bedenken ist, dass der frühe Einsatz von Lomustin die Therapieoptionen in der Rezidivsituation einschränkt.
Liquid Biopsies
Im Blut und in der Zerebrospinalflüssigkeit (Liquor cerebrospinalis) von Patienten mit Glioblastomen finden sich zellfreie Tumor-DNA sowie mRNA, microRNA, Tumorproteine und ganze zirkulierende Tumorzellen, deren Analyse ein Vorteil sein kann, v. a. vor dem Hintergrund der schwierigen Gewinnung von Gewebeproben bei den Patienten. Das größte Potential haben derzeit Liquid Biopsies bei der Überwachung des Therapieansprechens und der Entwicklung des Tumors bzw. der Entwicklung resistenter Klone [5].
Primärtherapie
Die Standardtherapie eines neu diagnostizierten Glioblastoms besteht in der neurochirurgischen Resektion mit nachfolgender fraktionierter Strahlentherapie der erweiterten Tumorregion mit konkomitanter Chemotherapie mit 75 mg/m² täglich Temozolomid während der gesamten Radiotherapie. Danach folgt eine Erhaltungstherapie mit bis zu 6 Zyklen 150–200 mg/m² Temozolomid über 5 Tage, verabreicht alle 28 Tage [2].
Ziel der Operation ist eine makroskopische Komplettresektion des Tumors, soweit dies ohne neurologische Defizite möglich ist. Dabei kann auch die möglichst komplette Resektion von Tumor-arealen ohne Kontrastmittelaufnahme im MRT Vorteile bringen [6]. Eine detaillierte Übersicht, die auch Alter und Allgemeinzustand berücksichtigt, gibt Abb. 2.