„Die richtige Wahl einer möglichst wirksamen Therapiesequenz ist für die Prognose des Patienten entscheidend“, sagte Prof. Gencay Hatiboglu, Heilbronn. „Das mCRPC ist das am weitesten fortgeschrittene Stadium des Prostatakrebses, und die Prognose ist ungünstig“, so der Onkologe. Während über alle Tumorstadien des Prostatakarzinoms hinweg die relative 5-Jahres-Überlebensrate bei circa 91 % liege, betrage sie beim mCRPC nur noch 30 %. Umso wichtiger sei die passende Therapieauswahl. Im Vordergrund der palliativen Behandlung stehen laut Hatiboglu die Verlängerung des Gesamtüberlebens (OS), die Verzögerung der Progression und die Kontrolle der Schmerzsymptomatik. Auch der Erhalt der Lebensqualität spiele eine große Rolle.
In der Erstlinientherapie des mCRPC kann eine Antihormontherapie mit einer neuen hormonellen Substanz („new hormonal agent“; NHA) wie Abirateron (in Kombination mit Prednison/Prednisolon) oder Enzalutamid angeboten werden, vor allem, wenn kaum oder nur eine geringe Symptomatik vorliegt. Auch eine Chemotherapie mit Cabazitaxel oder Docetaxel steht meist im Fokus der ärztlichen Überlegungen; später auch – nach NHA und Chemotherapie/Triplett – eine Therapie mit Lutetium-177(177Lu)PSMA(„prostate-specific membrane antigen“)-617.
Neue Behandlungsoption mit PARP-Inhibitoren
Eine vergleichsweise neue Behandlungsmethode setzt jedoch auf Wirkstoffe, die Poly(ADP-Ribose)-Polymerasen (PARP) inhibieren: Der PARP-Inhibitor (PARPi) Olaparib (Lynparza®) ist seit dem Jahr 2020 für die Monotherapie von mCRPC-Patienten zugelassen, wenn deren Erkrankung nach vorheriger Behandlung mit einem NHA progredient ist. Er greife jedoch nur bei Patienten mit BRCA1/2-Mutation (BRCAm), so Hatiboglu.
Der Hintergrund: Olaparib inhibiert PARP, was zu DNA-Doppelstrangbrüchen führt. In Tumorzellen mit BRCAm können die Stränge nicht repariert werden; folglich kommt es zum Zelltod. Belegt werden konnte dieser Effekt in der Phase-III-Studie PROfound, in der Olaparib das mediane radiografische progressionsfreie Überleben (rPFS) bei Patienten mit BRCAm im Vergleich zur erneuten Behandlung mit Abirateron oder Enzalutamid auf mehr als das Dreifache (9,8 vs. 3,0 Monate; Hazard Ratio [HR] 0,22; 95 %-Konfidenzintervall [95 %-KI] 0,15–0,32) steigerte. Das mediane OS konnte durch die Therapie nominell statistisch signifikant um 5,7 Monate verlängert werden (20,1 vs. 14,4 Monate; HR 0,63; 95 %-KI 0,42–0,95) [1].
Kombinationstherapie für mCRPC-Patienten ohne BRCAm
Bei Patienten ohne BRCAm könne eine DNA-Reparaturschwäche aber auch künstlich induziert werden, erklärte Hatiboglu, und zwar mithilfe von Abirateron: Durch die Gabe des NHA werde die Transkription von Genen der homologen Rekombinationsreparatur (HRR) beeinträchtigt, und es entstehe ein Zustand, der dem einer BRCAm ähnlich sei. Abirateron kann Angaben des Herstellers zufolge zudem das Tumorwachstum hemmen, indem es die Testosteronsynthese reduziert, sodass der Androgenrezeptorsignalweg nicht aktiviert werden kann. Olaparib wiederum erhöhe die Wirksamkeit von Abirateron, da PARP1 inhibiert werde; das Resultat sei ein verstärkter Anti-Tumor-Effekt.
PROpel-Studie: Vorteile für Subgruppen mit und ohne BRCAm
Daten aus der Phase-III-Studie PROpel, für die 796 Männer mit unbehandeltem mCRPC eingeschlossen wurden, bestätigten das Wirkprinzip dieser Kombinationstherapie [2]: Das mediane rPFS unter Olaparib plus Abirateron betrug 24,8 versus 16,6 Monate unter Abirateron allein. „Der größte Vorteil wurde für die BRCAm-Subgruppe ermittelt, wobei es unabhängig davon auch einen klinisch bedeutsamen rPFS-Vorteil von fünf Monaten in der Nicht-BRCAm-Subgruppe gab“, so Hatiboglu.
In die S3-Leitlinien ist die Therapie für Patienten mit BRCAm, wenn eine Chemotherapie nicht indiziert ist, bereits als Soll-Empfehlung aufgenommen worden, für Patienten ohne Genmutation oder Ungetestete (ohne NHA-Vortherapie; Chemotherapie nicht indiziert) als Kann-Empfehlung.
Romy König