Die EU-Zulassung von Capivasertib (Truqap®) erfolgte im Juni 2024 in Kombination mit Fulvestrant zur Behandlung des ER+/HER2–, lokal fortgeschrittenen oder metastasierten Mammakarzinoms mit einer oder mehreren Alteration(en) im Signalweg von PIK3CA (katalytische α-Untereinheit der Phosphatidylinositol-4,5-Bisphosphat-3-Kinase), AKT1 und PTEN(„phosphatase and tensin homolog“) nach einem Rezidiv oder einer Progression der Erkrankung während oder nach einer endokrinen Therapie.
Überlegenheit von Capivasertib/Fulvestrant versus Fulvestrant
Die Zulassung basiert auf der Phase-III-Studie CAPItello-291 [1]. Darin verlängerte Capivasertib/Fulvestrant im Vergleich zu Placebo/Fulvestrant signifikant das mediane progressionsfreie Überleben (PFS), ein dual-primärer Endpunkt, in der Subgruppe der Teilnehmenden mit PIK3CA/AKT1/PTEN-Alterationen (7,3 vs. 3,1 Monate; Hazard Ratio 0,50; 95 %-Konfidenzintervall 0,38–0,65; p < 0,001). Ein klinisch relevanter PFS-Vorteil zeigte sich in allen präspezifizierten Subgruppen innerhalb dieser Patientenpopulation – er war beispielsweise unabhängig von einer vorherigen Therapie mit einem CDK4/6-Inhibitor und der Art der genetischen Alteration.
An der CAPItello-291-Studie nahmen 708 Patienten mit ER+/HER2– Mammakarzinom und einem Rezidiv beziehungsweise einer Progression während oder nach einer endokrinen Therapie teil. Rund 99 % waren Frauen, bei 40,8 % ließen sich PIK3CA/AKT1/PTEN-Alteration(en) nachweisen, und 69,1 % hatten zuvor bereits einen CDK4/6-Inhibitor erhalten [1].
Die objektive Ansprechrate (ORR) betrug in der Subgruppe mit PIK3CA/AKT1/PTEN-Alterationen unter Capivasertib plus Fulvestrant knapp 29 % und war damit fast dreimal so hoch wie unter Fulvestrant (ca. 10 %). Darüber hinaus verlängerte Capivasertib/Fulvestrant in dieser Subgruppe gegenüber Fulvestrant die Zeit bis zur ersten nachfolgenden Chemotherapie (median 11 vs. 6 Monate) [2]. Beim Gesamtüberleben, dessen Datenreife erst 28 % beträgt, zeigte sich ein Trend für eine Überlegenheit bei Personen mit PIK3CA/AKT1/PTEN-Alterationen [1].
Im Verumarm gab es zwar zusätzliche Toxizitäten, doch waren diese gemäß Prof. Andreas Schneeweiss, Heidelberg, handhabbar. Er nannte als besondere Nebenwirkungen Diarrhöen, die sich mit Loperamid oder Dosisreduktion behandeln lassen, und Hyperglykämien, bei denen Dosisreduktionen in Betracht gezogen werden sollten. Nach seinen Ausführungen empfiehlt die Kommission Mamma der Arbeitsgemeinschaft Gynäkologische Onkologie (AGO) Capivasertib plus Fulvestrant beim ER+/HER2– Brustkrebs mit PIK3CA/AKT1/PTEN-Alterationen in der Zweitlinie nach Versagen einer endokrinen Therapie.
Endokrine Resistenz überwinden
Das ER+ Mammakarzinom ist laut PD Dr. Mattea Reinisch, Mannheim, mit einem Anteil von circa 75 % der häufigste Subtyp. In der Erstlinientherapie hat nach ihren Ausführungen die endokrine Therapie in Kombination mit einem CDK4/6-Inhibitor einen hohen Stellenwert. Doch primäre und sekundäre endokrine Resistenzen können die Wirksamkeit der Therapie beeinträchtigen. Hierbei spiele die Hyperaktivierung des PI3K/AKT-Signalwegs aufgrund von genetischen Alterationen eine wichtige Rolle, erläuterte Reinisch.
So haben ungefähr 50 % der Patienten mit einem ER+/HER2– Mammakarzinom im fortgeschrittenen Stadium Alterationen in den Tumoronkogenen PIK3CA (ca. 40 %), AKT1 (ca. 5 %) oder PTEN (ca. 5 %). Capivasertib kann als hochwirksamer Inhibitor aller drei AKT-Isoformen (AKT1/2/3) die Überaktivierung des PI3K/AKT-Signalwegs, die aus diesen Alterationen resultiert, gezielt hemmen und somit das Tumorwachstum inhibieren. Daher wurde in der Studie CAPItello-291 die simultane ER- und PI3K/AKT-Hemmung bei therapieresistentem ER+ Brustkrebs untersucht.
Geeignete Patienten früh identifizieren
Um Betroffene zu identifizieren, die für zielgerichtete Therapien wie Capivasertib infrage kommen, rät die Kommission Mamma der AGO beim Mammakarzinom zu einer frühzeitigen Biomarkertestung im Tumorgewebe, unter anderem auf das Vorliegen von PIK3CA-, AKT1- und PTEN-Alterationen. Laut Reinisch sind entsprechende Tests abrechenbar, bei Pathologen standardisiert und bundesweit verfügbar. Es sei wichtig, alle drei Marker parallel zu testen, was jedoch nur mit vielen Next-Generation-Sequencing-Panels gelingen könne, ergänzte sie.
Petra Eiden