NSCLC-Patienten mit cEGFRm können laut Prof. Frank Griesinger, Oldenburg, in der Erstlinie mit EGFR-Tyrosinkinase-Inhibitoren (TKIs) behandelt werden. Allerdings komme es häufig aufgrund von Resistenzen zu einem Progress, erklärte er. Etwa 60 % der Progressionen sind auf eine Mutation im Exon 20 zurückzuführen, bei der ein Threonin (T) durch ein Methionin (M) an Position 790 in der Kinasedomäne ersetzt wird (T790M). Diese Mutation kann gezielt mit Osimertinib angegangen werden, jedoch schreitet die Erkrankung nach Darstellung von Griesinger trotzdem nach durchschnittlich zehn Monaten erneut fort.
Für Erkrankte, die eine Chemoimmuntherapie, einen weiteren TKI oder lediglich eine Chemotherapie (CT) erhalten, ist die Prognose ebenfalls ungünstig. Hier besteht eine medizinische Unterversorgung, die der bispezifische Antikörper Amivantamab (Rybrevant®) nun adressieren kann.
MARIPOSA-2-Studie: auch intrakraniell signifikant überlegen
Seine Wirksamkeit wurde in der Phase-III-Studie MARIPOSA-2 nachgewiesen, in der die Zugabe von Amivantamab zu einer CT das mediane progressionsfreie Überleben (mPFS) von 4,2 auf 6,3 Monate verlängerte (verblindete, unabhängige zentrale Beurteilung [BICR]; Hazard Ratio [HR] 0,48; p < 0,001) [1]. Auch die Interimsdaten zum Gesamtüberleben (OS) zeigten einen positiven Trend. Zudem wurde eine signifikante intrakranielle Effektivität dokumentiert (progressionsfreies Überleben [PFS]; HR 0,55). EGFR- und MET-assoziierte Nebenwirkungen traten unter Amivantamab häufiger auf; sie waren jedoch gut zu managen, wie Griesinger kommentierte.
PAPILLON-Studie: Vorteil bei aktivierender EGFR-Exon20ins
Die Phase-III-Studie PAPILLON, referiert von Prof. Jürgen Wolf, Köln, führte zur Erstlinienzulassung von Amivantamab beim fortgeschrittenen NSCLC mit EGFR-Exon20ins. Diese Subentität, so Wolf, „weist eine Konformationsänderung auf, die die TKI-Bindung vermindert“. In der Studie wurde Amivantamab plus CT (Carboplatin, Pemetrexed) gegen eine alleinige CT getestet. Der primäre Endpunkt ergab unter Amivantamab ein medianes PFS von 11,4 Monaten im Vergleich zu 6,7 Monaten unter alleiniger CT (HR 0,4; p < 0,001) [2].
Dieser Vorteil war – wie auch in der MARIPOSA-2-Studie – in allen Subgruppen zu beobachten. Die Gesamtansprechrate (ORR) betrug 73 versus 47 %, und die mediane Ansprechdauer (mDOR) lag bei 9,7 versus 4,4 Monaten. Diese Vorteile erstreckten sich auch auf die nächste Therapielinie (PFS2). Beim OS errechnete sich eine HR von 0,67. Nach 24 Monaten waren 72 % der Patienten im Kombinationsarm noch am Leben.
Nebenwirkungen vom Grad ≥ 3 traten häufiger im Kombinationsarm auf (75 vs. 54 %), führten jedoch selten zu Therapieabbrüchen (7 %) [2].
MARIPOSA-Studie: bispezifischer Antikörper plus TKI effektiv
Darüber hinaus wurde die Kombinationstherapie aus dem oralen Drittgenerations-TKI Lazertinib (Lazcluze®) und Amivantamab kürzlich von der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) zur Erstlinienbehandlung von Erwachsenen mit einem fortgeschrittenen NSCLC mit den häufigen EGFR-Mutationen Exon-19-Deletion oder Exon-21-L858R-Substitution zugelassen. Die Zulassung basiert auf der Phase-III-Studie MARIPOSA, in der die Kombinationstherapie signifikant das Risiko für eine Progression oder für Tod um 30 % gegenüber einer Osimertinib-Monotherapie senken konnte (BICR medianes PFS 23,7 vs. 16,6 Monate; HR 0,70; 95 %-Konfidenzintervall 0,58–0,85; p < 0,001) [3]. Die häufigsten therapiebedingten Nebenwirkungen vom Grad ≥ 3 waren Rash, Paronychie und akneiforme Dermatitis. Die Therapieabbruchrate aufgrund von Nebenwirkungen lag in der Amivantamab-Lazertinib-Gruppe bei 10 % und im Osimertinib-Arm bei 3 %.
Reimund Freye