Das Melanom ist ein von den Melanozyten ausgehender Tumor. Er betrifft meist primär die Haut, kann aber auch von der Schleimhaut, der Uvea, der Bindehaut oder den Meningen ausgehen. Normalerweise ist das Melanom pigmentiert, es gibt aber auch amelanotische Befunde. Das Melanom neigt zur frühzeitigen lymphogenen oder hämatogenen Metastasierung und ist für 90 % der hautkrebsbedingten Todesfälle verantwortlich [1]. Die Inzidenz des Melanoms steigt weltweit an, vor allem bei hellhäutigen Menschen. Sie liegt in Europa bei zehn bis 25 neuen Fällen pro 100.000 Einwohnern [2].
In den lokal begrenzten Tumorstadien I und II ist die radikale Exzision mit einem seitlichen Sicherheitsabstand oder vollständiger histologischer Schnittrandkontrolle die Therapie der Wahl [3, 4]. Ab einer Tumordicke von 1 mm steigt das Risiko für eine lymphogene Metastasierung in die regionalen Lymphknotenstationen. In diesem Fall wird eine Wächterlymphknotenbiopsie empfohlen [3].
Verfügbare effektive Systemtherapien
Seit ungefähr zehn Jahren stehen uns erstmals effektive Systemtherapien zur Therapie des metastasierten Melanoms zur Verfügung: die Immuntherapie und die zielgerichtete Therapie.
Immuntherapien
Zugelassene ICI sind der monoklonale CTLA-4(„cytotoxic T-lymphocyte-associated protein 4“)-Antikörper Ipilimumab sowie die monoklonalen PD-1-Antikörper Nivolumab und Pembrolizumab. CTLA-4 und PD-1 sind Oberflächenproteine auf T-Zellen. Sie führen zu einer Herunterregulation des Immunsystems, wodurch eine überschießende Immunantwort verhindert werden soll. Im Falle einer Tumorerkrankung führt dieser Mechanismus jedoch dazu, dass eine effektive antitumorale Immunantwort unterdrückt wird. CTLA-4- und PD-1-Antikörper können diese Herunterregulation unterdrücken und eine starke antitumorale Immunantwort induzieren. Ipilimumab wird stets in Kombination mit Nivolumab gegeben und zeigt eine Gesamtansprechrate (ORR) und ein 6,5-Jahres-Gesamtüberleben (OS) von jeweils 49 % [3, 5].
Aufgrund der starken Aktivierung des Immunsystems verursacht vor allem der CTLA-4-Antikörper Ipilimumab teils schwere immunvermittelte Nebenwirkungen (irAE). Entzündungen von Darm, Lunge, Leber, Haut, endokrinen Organen, dem Nervensystem, dem Herzmuskel und anderen Organen treten bei fast jedem Patienten auf und verlaufen in ungefähr der Hälfte der Fälle schwergradig [5]. Ein zeitnahes, professionelles Nebenwirkungsmanagement ist essenziell, um bleibende Schäden oder sogar Todesfälle zu verhindern.
Die Anti-PD-1-Monotherapie mit Nivolumab oder Pembrolizumab zeigt ein etwas geringeres Ansprechen und OS, schwere irAE treten dafür deutlich seltener auf [3].
Zielgerichtete Therapien
Etwa 45 % der Melanome weisen eine aktivierende BRAFV600-Mutation auf, die zu einer dauerhaften Aktivierung des MAP-Kinase-Signalwegs führt [6]. Mit den BRAF-Inhibitoren Vemurafenib, Dabrafenib und Encorafenib kann BRAFV600 blockiert und das unkontrollierte Tumorwachstum gehemmt werden.
Aufgrund einer häufig auftretenden Resistenz gegen BRAF-Inhibitoren wird auch die im Signalweg folgende Proteinkinase MEK blockiert, indem eine Kombinationstherapie mit den MEK-Inhibitoren Cobimetinib, Trametinib und Binimetinib gegeben wird. Mit der zielgerichteten Therapie werden hohe ORR von 54 bis 76 % erreicht [3, 7–9]. Aufgrund der häufig im Verlauf auftretenden sekundären Resistenz liegt das 5-Jahres-OS bei 30 bis 35 % und ist damit niedriger verglichen mit der ICI-Therapie. Dennoch ist die zielgerichtete Therapie hochrelevant, beispielsweise nach einem Therapieversagen unter ICI.
Sowohl die PD-1-Antikörper Nivolumab [10] und Pembrolizumab [11] als auch die BRAF- und MEK-Inhibitor-Kombination Dabrafenib und Trametinib [12] sind seit mehreren Jahren für die adjuvante Therapie des metastasierten Melanoms im Stadium III zugelassen, Nivolumab zusätzlich auch im fernmetastasierten Stadium IV. Nivolumab und Pembrolizumab konnten das Rezidivrisiko in den Zulassungsstudien um ungefähr ein Drittel reduzieren. Dabrafenib und Trametinib senkten das Risiko für Rezidive um fast die Hälfte bei tolerabler Toxizität [3]. Seit dem Jahr 2022 ist Pembrolizumab [13] und seit 2023 Nivolumab [14] auch für die adjuvante Therapie des Melanoms im Stadium IIB/IIC zugelassen.
Neoadjuvante Therapie
Die neoadjuvante Therapie ist eine potenzielle Therapieoption für das resektable lymphogene (AJCC-Stadium III) oder fernmetastasierte (AJCC-Stadium IV) Melanom [3, 15]. Mit der neoadjuvanten Systemtherapie werden vor allem drei Ziele verfolgt [3]:
- Durch eine Verkleinerung des Primärtumors soll die anschließende chirurgische Resektion kleiner ausfallen.
- Basierend auf dem Ansprechen der neoadjuvanten Therapie kann das folgende Therapiekonzept individuell auf den Patienten angepasst werden.
- Im Idealfall wird eine komplette Remission erreicht, sodass eine nachfolgende Operation nicht mehr notwendig ist.
Darüber hinaus ermöglicht es die neoadjuvante Therapie, Tumorgewebe vor und nach der Durchführung einer Systemtherapie zu untersuchen und Biomarker und/oder therapeutische Targets zu identifizieren [16].
Rationale
Der neoadjuvanten Immuntherapie liegt die Überlegung zugrunde, dass diese die Fähigkeit hat, die T-Zell-Expansion zu induzieren. Das ist insbesondere in frühen Tumorstadien entscheidend, wenn die T-Zell-Funktion weniger beeinträchtigt ist [17]. Die T-Zell-Expansion beschreibt die Aktivierung und anschließende klonale Proliferation von T-Zellen. Diese tumorspezifischen T-Zellen spielen eine entscheidende Rolle in der Tumorabwehr. Sind unzureichende tumorspezifische T-Zellen vorhanden, erleiden die Patienten nach erfolgter Operation häufiger Rezidive [18].
Werden der Primärtumor und eventuelle lymphogene Metastasen chirurgisch entfernt und wird anschließend eine adjuvante Therapie eingeleitet, befinden sich nur noch wenige Tumorresiduen im Organismus mit wenigen Tumorantigenen. Durch die adjuvante Immuntherapie wird eine geringe Anzahl unterschiedlicher T-Zellen induziert. Die Immunantwort auf verbleibende Tumorzellen nach der Operation ist schwach. Im Falle einer neoadjuvanten Immuntherapie befinden sich zum Therapiezeitpunkt viele Tumorantigene im Organismus. Das aktivierte Immunsystem trifft auf eine große Anzahl unterschiedlicher Antigene. Es werden viele unterschiedliche tumorspezifische T-Zellen expandiert, die sich auch nach erfolgter Tumorexzision im Organismus befinden. Die resultierende Immunantwort auf verbleibende Tumorzellen ist deutlich stärker als im adjuvanten Therapieansatz (Abb. 1) [17].