50ᵗʰ Annual Meeting of the EBMT
Immuntherapie - Jubiläums-Meeting: ein Blick zurück und spannende neue Daten
Im Jahr 1974 wurde die European Group for Blood and Marrow Transplantation (EBMT) mit dem Ziel gegründet, den Erfahrungsaustausch zwischen Ärzten und Wissenschaftlern im Bereich der Blutstammzelltransplantation zu verbessern und die Durchführung klinischer Studien zu ermöglichen. Dieses Ziel ist mehr als gelungen, betonte EBMT-Präsidentin Prof. Anna Sureda, Barcelona, Spanien, beim 50th Annual Meeting of the EBMT in Glasgow, Schottland/UK. Im Bereich „Wissenschaft, Edukation, Patientenvertretung und Versorgungsqualität“ sei in den vergangenen fünf Dekaden Enormes geleistet worden. Sureda sowie andere EBMT-Vertreterinnen und -vertreter betonten übereinstimmend, die Erfolge seien nur durch eine enge Kooperation der Community, die die EBMT unter allen Fachgesellschaften besonders auszeichne, möglich geworden. Auf dem Jubiläumskongress gab es neben den Rückblicken auch interessante neue Daten.
Mikrobiom, Graft-versus-Host-Erkrankung, allogene Stammzelltransplantation, CAR-T-Zell-Therapie, akute lymphatische Leukämie, akute myeloische Leukämie
Keynote-Speaker der diesjährigen EBMT-Tagung war Prof. Marcel van den Brink, New York, NY/USA, der seinen Vortrag der Bedeutung des intestinalen Mikrobioms für die Krebsimmuntherapie, speziell der Stammzelltransplantation, widmete. Im menschlichen Organismus bestehe ein „symbiotischer Supraorganismus“ aus 100 Billionen Mikroorganismenzellen mit rund zehn Billionen menschlichen Zellen, sagte der Experte. Gleichzeitig stelle das Mikrobiom einen „bedeutenden Immunmodulator“ dar. Speziell im Hinblick auf Immuntherapien wie die allogene Stammzelltransplantation (alloSZT) sowie die Behandlung mit CAR-T-Zellen und Checkpoint-Inhibitoren sei eine mikrobielle Dysbiose im Darm mit schlechtem Ansprechen und erhöhter Toxizität assoziiert. Bei der alloSZT gehe ein Diversitätsverlust des Mikrobioms mit einem schlechteren Gesamtüberleben (OS) und einer erhöhten Rate an letaler Graft-versus-Host-Erkrankung (GvHD) einher. Speziell die Dominanz des Keims Enterococcus sei mit GvHD assoziiert, während kommensale anaerobe Bakterien wie Blautia protektiv wirkten. Die Anwendung von Breitbandantibiotika wie Piperacillin/Tazobactam, Imipenem oder Meropenem sei ebenfalls mit erhöhter GvHD-Mortalität assoziiert.
Einen möglichen Ansatz zur Verbesserung der Outcomes bei der alloSZT sieht van den Brink in der Entwicklung „rational designter Probiotika“. Erste klinische Prüfungen in dieser Richtung seien vielversprechend. Übliche von der Laienpresse beworbene Probiotikapräparate enthielten dagegen oftmals schädliche Entercoccus-Stämme, während die „good guys“, die Blautia-Stämme, fehlten. Bei Melanompatienten und in präklinischen Modellen habe sich bereits gezeigt, dass unter dem Einfluss üblicher Probiotika ebenso wie durch die verminderte Aufnahme von Ballaststoffen die Antitumoraktivität einer Immuntherapie reduziert werde.
Blut-Endothelzellen in Lymphknoten als entscheidende Auslöser der aGvHD identifiziert
Seit Längerem versuchen Forschende, die Mechanismen der akuten GvHD (aGvHD) besser zu verstehen, um Möglichkeiten der frühen therapeutischen Intervention gegen diese belastende, mitunter lebensgefährliche Folge einer alloSZT entwickeln zu können. Ein großer Schritt ist nun einem Würzburger Team gelungen, das einer bedeutenden pathogenetischen Rolle von Endothelzellen in den Lymphknoten auf die Spur kam. Dr. Haaron Shaikh, Würzburg, stellte die Daten im Presidential Symposium des Kongresses vor [1] und wurde dafür mit dem „EBMT Basic Science Award“ geehrt.
Bei der aGvHD werden T-Zellen des Transplantatspenders durch antigenpräsentierende Zellen (APCs) aktiviert; sie wandern dann aus und richten Schäden am Zielgewebe des Empfängers (Darm, Leber oder Haut) an. Die Würzburger Gruppe beobachtete am Mausmodell, dass die Spender-T-Zellen zunächst in sekundäre lymphatische Organe einwandern, bevor sie mit zeitlicher Verzögerung in ihre Zielgewebe migrieren und dort die aGvHD manifestieren. Mit komplexen tierexperimentellen Studien konnten die Forschenden schließlich Blut-Endothelzellen in Lymphknoten als entscheidende ADCs und damit als Initiatoren der aGvHD ausmachen. Demnach „primen“ die Endothelzellen die allogenen T-Zellen in den Lymphknoten mittels MHC-Klasse-II-vermittelter Antigenpräsentation und aktivieren sie dadurch. Die Spender-T-Zellen wandern daraufhin in die Zielgewebe und verrichten dort ihr zerstörerisches Werk. Die Aufklärung dieses pathogenetischen Mechanismus eröffnet laut Shaikh die (zumindest prinzipielle) Möglichkeit eines therapeutischen Eingreifens, nämlich durch „gezielte Hemmung von MHC II auf Endothelzellen“. Zunächst einmal aber müssen die entdeckten Mechanismen den Weg vom Mausmodell zum Menschen finden.
CAR-T-Zellen nach erfolgloser alloSZT bei jungen ALL-Erkrankten vielversprechend
Für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene mit akuter lymphatischer Hochrisiko-Leukämie (ALL), bei denen die Erkrankung nach alloSZT zurückkehrt, gibt es kaum weitere Therapieoptionen mit kurativem Potenzial. Wie Dr. Laura Moser, Frankfurt, beim EBMT-Meeting berichtete [2], zeigt die CAR-T-Zell-Therapie mit Tisagenlecleucel (Tisa-cel) in dieser herausfordernden Situation ermutigende Wirksamkeit. Die retrospektive Untersuchung in 28 europäischen Zentren bewertete die Ergebnisse von 210 Patienten im Alter von maximal 25 Jahren (mittleres Alter zehn Jahre), die von 2018 bis 2023 aufgrund eines Rückfalls nach alloSZT Tisa-cel erhalten hatten. Alle jungen Patienten bekamen eine Bridging-Therapie, die in knapp 80 % der Fälle aus einer niedrigdosierten Chemotherapie bestand; 15 % wurde Inotuzumab verabreicht.
Das Kurzzeitansprechen auf die CAR-T-Zellen ebenso wie die Ergebnisse nach 24 Monaten waren vielversprechend. An Tag 28 nach der CAR-T-Zell-Applikation hatten 93 % der jungen Behandelten eine komplette Remission erreicht; bei 87 % war keine messbare Resterkrankung (MRD) mehr feststellbar. 66 % waren nach zwei Jahren noch am Leben – 42 % ereignisfrei.