Laborinformationssysteme und Software für das Labor: Die unsichtbare Landschaft

Glossar der Abkürzungen zu Abrechnungsinformationen, medizinischen Normen und IT

Tabelle Laborinformationssysteme

Laborinformationssysteme (LIS) haben die Arbeitsweise medizinischer Labore in den vergangenen Jahrzehnten grundlegend verändert. Die Verarbeitung der durch zahlreiche Laboruntersuchungen entstehenden Informationsfülle wäre ohne LIS inzwischen undenkbar. Von den frühen Anfängen in den 1960er-Jahren bis hin zu den hochentwickelten Systemen von heute haben LIS die Effizienz, Genauigkeit und Sicherheit von Laborprozessen erheblich verbessert.

Noch vor 1960 erfolgte Laborarbeit hauptsächlich manuell, und Patientenakten wurden handschriftlich geführt. Dadurch ergaben sich ständige Verzögerungen und eine erhöhte Fehlerquote [1].

In den 1960er-Jahren – mit Beginn des Computerzeitalters in medizinischen Laboren – wurden die ersten Versuche unternommen, den gesamten Laborprozess zu automatisieren und zu digitalisieren. Sogenannte Mainframe-Computer wurden eingesetzt, um grundlegende Aufgaben wie die Speicherung von Patientendaten und die Durchführung einfacher Berechnungen zu übernehmen [1]. Diese frühen Systeme waren jedoch teuer in der Anschaffung und im Betrieb, komplex in der Bedienung und in ihrer Funktionalität begrenzt. So beschränkte sich das frühere LIS nur auf die Daten eines einzigen Labors; die Integration mit anderen Systemen (beispielsweise mit Arztpraxen) fehlte, und die Datenübertragung war begrenzt. Zur Eingabe wurden damals noch Lochstreifen oder Magnetbänder genutzt [2].

Mit der Einführung von Minicomputern in den 1970er- und 1980er-Jahren waren bedeutende Fortschritte der LIS-Technologie zu verzeichnen [3]. Minicomputer waren kleiner, erschwinglicher und einfacher zu bedienen als Mainframes, wodurch LIS auch für kleine Labore zugänglich wurden [4]. Flexiblere LIS mit verbesserter Benutzeroberfläche ermöglichten nun die Integration verschiedener Module wie beispielsweise der Probenverwaltung, der automatisierten Erfassung von Testergebnissen, der Erstellung von Laborberichten und der Qualitätskontrolle. Weiterhin konnte zwischen verschiedenen Abteilungen und Standorten über das LIS kommuniziert werden [1]. Die Programmiersprache Massachusetts General Hospital Utility Multi-Programming System (MUMPS) spielte dabei eine entscheidende Rolle. MUMPS eignete sich besonders gut für die Verwaltung von Datenbanken und die Verarbeitung von Textdaten, was die Funktionalität von LIS erweitert hat [5]. Die ersten kommerziellen LIS-Systeme, die speziell auf die Bedürfnisse medizinischer Labore zugeschnitten waren, kamen nun auf.

Die 1990er-Jahre waren geprägt von einer rasanten Verbreitung von LIS. Neue Technologien unterstützten deren fortlaufende Entwicklung zu komplexen, integrierten Systemen. Die Entwicklung von Client-Server-Architekturen ermöglichte die Integration von LIS in Netzwerke und den Datenaustausch mit beispielsweise Krankenhausinformationssystemen (KIS) [6]. Gleichzeitig revolutionierte die zunehmende Automatisierung von Laborprozessen wie etwa die Verwendung von automatisierten Analysegeräten die Arbeitsweise in Laboren und trieb die Nachfrage nach LIS weiter voran. LIS wurden zum zentralen Knotenpunkt für die Verwaltung von Labordaten sowie zur Verbesserung der Kommunikation innerhalb eines Krankenhauses und mit Arztpraxen.              

Ein entscheidender Faktor für die erfolgreiche Integration von LIS ist die Einführung von Standards wie Health Level Seven (HL7) und Logical Observation Identifiers Names and Codes (LOINC). HL7 ermöglicht die standardisierte Kommunikation zwischen verschiedenen Gesundheitssys­temen, während LOINC eine einheitliche Benennung und Kodierung von Laborergebnissen und klinischen Beobachtungen bereitstellt [7].

Die Einführung dieser Standards markiert einen Wendepunkt, durch den zukünftig ein nahtloser Datenaustausch zum Beispiel zwischen LIS und elektronischer Patientenakte (ePA) sowie auch anderen klinischen Systemen ermöglicht wird.

Mit jeder neuen Generation von Computertechnologie wurden LIS leistungsfähiger und benutzerfreundlicher. Dieser Trend setzte sich mit dem Aufkommen von cloudbasierten Systemen fort, die die Zugänglichkeit und Skalierbarkeit von LIS weiter erhöhten [1]. Heute können zusätzliche Technologien wie die Künstliche Intelligenz (KI) und Maschinelles Lernen (ML) beispielsweise für die automatisierte Bilderkennung in der Mikroskopie eingesetzt werden, um die Effizienz und Genauigkeit von Laborergebnissen weiter zu steigern [8].

 

Interoperabilität

Die Interoperabilität ist die Fähigkeit von Geräten oder Software, verständlich und nahtlos miteinander zu kommunizieren. Eine Middleware bildet in der IT-Struktur häufig eine Art Brücke zwischen dem Betriebssystem und den laufenden Anwendungen, indem sie als Übersetzungsschicht fungiert. Sie stellt somit sicher, dass Laborgeräte problemlos mit dem LIS kommunizieren. Zudem kümmert sie sich um den sicheren und effizienten Datenfluss – und das in Echtzeit, ohne dass eine direkte Verbindung zwischen den Systemen notwendig wäre [9].

Auch bei der Kommunikation der LIS mit der ePA kommt die Interoperabilität ins Spiel. Wie bei der Middleware erfolgt die Kommunikation über standardisierte Schnittstellen, die eine ordnungsgemäße Datenübermittlung gewährleisten [10]. Hierbei wird das MIO (Medizinisches Informationsobjekt) Laborbefund wichtig: Standards ermöglichen es, Laborbefunde in einem strukturierten, einheitlichen Format in die ePA zu integrieren. MIOs stellen sicher, dass medizinische Daten aus einem LIS korrekt und verständlich in der ePA dargestellt werden. Zur Daten­übertragung werden oft Vermittlungstechnologien wie die oben bereits erwähnte Middleware eingesetzt. Diese sorgt dafür, dass die Datenströme zwischen dem LIS und der ePA standardisiert und kompatibel sind. Den aktuellen Stand der Entwicklung des MIO Laborbefund finden Sie hier.

Auch die Kommunikation von Labor zu Labor im Falle von Spezialanalysen ist bei der Interoperabilität von Bedeutung. Beispielweise, wenn ein Standardlabor humangenetische Analysen anfordern muss [11], ist es vonnöten, Daten schnell und genau zwischen den verschiedenen Laboren auszutauschen. In diesem Fall ist nicht nur die effektive Datenübertragung durch das LIS entscheidend: Spezialisierte Laboruntersuchungen erfordern differenzierte Workflows. Die Flexibilität des LIS hinsichtlich der automatisierten Abläufe ist hier ebenso gefragt.

 

Abbildung von Workflows

LIS sind darauf ausgelegt, Workflows innerhalb eines Labors abzubilden und zu optimieren. Sie erfassen hierbei den gesamten Laborablauf – vom Probentransport und der Probenannahme über die Analyse bis hin zur Ergebnisübermittlung – und helfen dabei, die Arbeitsschritte zu standardisieren. Dadurch wird die Wahrscheinlichkeit von Fehlern reduziert.

Das Abbilden von Workflows erlaubt die Automatisierung der Prozesse, was wiederum die Effizienz steigert und dazu beiträgt, die manuelle Eingabe auf ein Minimum zu reduzieren.

Aufgrund einer modularen Bauweise sind viele moderne LIS sehr flexibel und können Workflows an spezifische Bedürfnisse anpassen. Module für die klinische Chemie, die Transfusionsmedizin und die Mikrobiologie sind Standard in den heutigen LIS. Darüber hinaus gibt es weitere spezialisierte Produkte, beispielsweise für die Humangenetik. Hier werden die Workflows durch anpassbare Benutzeroberflächen und individuelle Programmiermöglichkeiten spezifisch auf die diagnostischen Anforderungen abgestimmt [10].

Ein Beispiel für einen Schritt im Workflow in der Humangenetik ist das Probenpooling. Hierbei werden mehrere Patientenproben miteinander kombiniert, um in einem einzigen Testlauf analysiert zu werden. Diese Technik ist zum Beispiel beim Next Generation Sequencing (NGS) aufgrund der technischen Funktionsweise besonders effektiv sowie zeit- und kostensparend, wenn große Mengen an Proben untersucht werden müssen.

 

Ausblick in die Zukunft

Mit der ständigen Weiterentwicklung von Technologien wie der KI und dem ML gibt es viel Potenzial, die personalisierte Medizin auf die nächste Stufe zu heben. Diese Technologien könnten es uns – basierend auf umfassenden Datenanalysen – ermöglichen, noch präzisere Diagnosen zu stellen und fundierte Entscheidungen zu treffen. Zukünftige LIS werden vermutlich noch stärker auf die individuellen Bedürfnisse der medizinischen Gemeinschaft eingehen. Sie werden noch intensiver mit anderen Systemen im Gesundheitswesen vernetzt sein, um eine rationale Labordia­gnostik unter Bezug mehrerer Ebenen zu ermöglichen (Bildgebung, Anamnesedaten usw.), und so dabei helfen, komplexe gesundheitliche Herausforderungen schneller und effizienter zu bewältigen.

Die Recherche für diesen Beitrag wurde von KI (ChatGPT 4.0 und Gemini 1.5 with Deep Research) unterstützt. 

Ann-Marie Brenner, Mitglied der Redaktion
Jakob Adler, Ressortleitung Software und KI
Harald Maier, Mitglied des Fachbeirats
Sabine Ramspott, Chefredakteurin 
Julian Gebauer, MVZ Labor Krone

Über Trillium Marktübersichten

Der Trillium-Verlag veröffentlicht regelmäßig Marktübersichten über innovative Entwicklungen und Produkte in der Medizin. Dabei fokussieren wir uns auf bewährte und innovative Testverfahren und -systeme aus dem gesamten Spektrum der In-vitro-Diagnostik (Labormedizin, Mikrobiologie, Transfusionsmedizin, Humangenetik, Pathologie und IT). Die Übersichten werden regelmäßig aktualisiert.

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