(Begleit-)Diagnostik von Diabetes mellitus: Vielfältige Marker für vielschichtige Erkrankungen
Diabetes mellitus steht als Sammelbegriff für sehr heterogene chronische Stoffwechselerkrankungen unterschiedlicher Genese. Leitbefund ist eine chronische Hyperglykämie, die durch eine gestörte bzw. fehlende Insulinsekretion und/oder eine gestörte Insulinwirkung verursacht werden kann.
Bei der Diagnose kommen Parameter wie venöse Gelegenheitsplasmaglukose (GPG ≥ 11,1 mmol/l), Nüchternplasmaglukose (NPG ≥ 7,0 mmol/l) und HbA1c (glykiertes Hämoglobin) zum Einsatz [1]. Für HbA1c als Messgröße des durchschnittlichen Blutzuckers der letzten drei Monate gilt bei Werten von ≥ 48,0 mmol/mol Hb (≥ 6,5 %) eine Diabetes-Diagnose als wahrscheinlich. Die Bestimmung hat standardisiert nach IFCC und NGSP zu erfolgen. Bei abweichenden Aussagen der sich ergänzenden Messgrößen Glukose und HbA1c sollte ein oraler Glukosetoleranztest (oGTT) durchgeführt werden (Diagnosekriterium 2-Stunden-Glukoseplasmakonzentration ≥ 11,1 mmol/l). Liegt der Nüchternglukosewert zwischen 5,6 und 6,9 mmol/l, der 2-Stunden-Wert beim oGTT bei 7,8 bis 11,0 mmol/l und/oder der HbA1c-Wert zwischen 5,7 und 6,4 % (Prädiabetes), ist das Risiko der Person, einen Diabetes mellitus zu entwickeln, erhöht.
Systeme zur kontinuierlichen Glukosemessung (CGM) und intermittierend scannender CGM (iscCGM/Flash Glucose Monitoring) haben neue Parameter wie die Time in Range (TIR) ins Spiel gebracht, durch die Aussagen über die Frequenz und die Dauer der normo-, hypo- und hyperglykämischen Phasen getroffen werden können. Die prognostische Relevanz ist noch abschließend zu klären [1].
Bestimmung von Autoantikörpern
Bei Typ-1-Diabetes handelt es sich um eine chronische Autoimmunerkrankung, die 5 bis 10 % aller Diabetes-Fälle ausmacht und häufig schon Jahre vor dem Auftreten der hyperglykämischen Symptome beginnt [1, 2]. Erst wenn massiv beta-Zellen der Langerhans-Inseln des Pankreas zerstört sind, kommt es zur klinischen Manifestation. Die Messung von spezifischen Inselautoantikörpern ist für die Differenzialdiagnose der verschiedenen Diabetes-Typen hilfreich [1]. Inzwischen wurden mehr als zehn spezifische Zielantigene von Autoantikörpern (AAK) – wie GAD65, GAD67, IA-2, Carboxypeptidase H, ICA69, ZnT8, GM2-1 Gangliosid, Heat Shock Protein 60, GLUT2, Tetraspanin-7, ICA12/SOX13 und Insulin – identifiziert. Für die IVDR-konforme Diagnostik und Prädiktion des Typ-1-Diabetes ist derzeit die Messung von beta-AKK, also Autoantikörpern gegen die beta-Zellproteine Insulin, IA-2, GADA und ZnT8 sowie Inselzellantigene (ICA), möglich [2, 3].
Der Nachweis kann die Frühdiagnose (mindestens zwei beta-AAK) unterstützen, die Unterscheidung von Subtypen wie Typ-1- und Typ-2-Diabetes, MODY (Maturity-Onset Diabetes of the Young), LADA (Latent Autoimmune Diabetes in Adults) sowie Severe Insulin Deficiency verbessern und die Risikovorhersage eines Typ-1-Diabetes für Menschen mit autoimmuner Endokrinopathie unterstützen [2, 3].
Beta-AAK sind heterogen und haben unterschiedliche Bindungsregionen. Sie sind polyklonal mit unterschiedlichen Affinitäten, haben variable Konformationsepitope und treten im Verlauf der Erkrankung variabel auf [3]. Im medizinischen Labor werden AAK vor allem mittels direkter oder indirekter Immunfluoreszenztechnik (IFT), Fluoreszenz-Enzymimmunoassay (FEIA), Chemilumineszenz-Immunoassay (CLIA), Enzymimmunoassay (ELISA), Radioimmunoassay (RIA) oder Immunoblot nachgewiesen [4]. Dabei sind testspezifische Cut-off-Werte und weitergehende Harmonisierungsbestrebungen mit Ringversuchen zu unterstützen [2].
Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen
Die Primär- und Sekundärprävention bei Diabetes-Patient:innen umfasst auch die risikoadaptierte Kontrolle des Lipidstoffwechsels – bisher insbesondere mit Blick auf LDL-Cholesterin (LDL-C). Zudem konnte gezeigt werden, dass auch erhöhte Spiegel von Lipoprotein(a) bei Menschen mit und ohne Diabetes mellitus mit einem gesteigerten Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen (CVD) einhergehen. Interessanterweise besteht aber ein inverser Zusammenhang zwischen Lp(a) und dem Risiko für Typ-2-Diabetes [5, 6]. Die Lp(a)-Konzentration ist weitgehend genetisch determiniert – 20 % der Allgemeinbevölkerung haben erhöhte Lp(a)-Werte. Bei Lp(a) handelt es sich um ein LDL-ähnliches Lipoprotein, das zusätzlich zu Apolipoprotein B ein Molekül Apolipoprotein(a) enthält. Die Standardisierung der Lp(a)-Messung ist herausfordernd [7] und Ursache für teilweise erhebliche Messunterschiede von Tests verschiedener Hersteller sowie für abweichende Risikoschwellenwerte. Auch die biologische Rolle ist noch wenig geklärt, und Mechanismen der Links zu CVD sind komplex – darunter eine gestörte Fibrinolyse, verstärkte Cholesterinablagerungen in Arterienwänden und entzündliche Prozesse an den Gefäßwänden [7].
Wir danken Prof. Dr. med. Arnold von Eckardstein für seine fachliche Unterstützung bei der Erstellung dieses Beitrags.
Dr. habil. Eva Gottfried, BioMedTech Communications
gottfried@biomedtechcommunications.com
Dr. Sabine Ramspott, Chefredakteurin
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