Candida auris - New kid on the block

DOI: https://doi.org/10.47184/td.2024.02.06

Die Zahl der Nachweise von Candida auris stieg in deutschen Krankenhäusern im Vergleich zu den Vorjahren 2023 stark an. Es handelte sich zwar überwiegend um Kolonisationen der Betroffenen, aber die schwierige Resistenz­situation gibt dennoch Anlass zur Besorgnis und macht Präventionsmaßnahmen notwendig.

Schlüsselwörter: Meldepflicht, Antimykotika, minimale inhibitorische Konzentration, Desinfektion

Seit 2023 ist der Nachweis von Candida auris aus Blut und primär sterilen Materialien laut Infektionsschutzgesetz § 7 meldepflichtig [1]. Vielen Intensivmediziner:innen ist dieser Spross­pilz erst während der Corona-Pandemie bekannt geworden, obgleich er bereits vor 15 Jahren erstmals beschrieben wurde.

Fehlidentifizierungen als Grund für die verspäteten Erkenntnisse

Bereits im Jahr 2009 wurde Candida auris im Rahmen der Diagnostik einer Otitis externa (Entzündung des äußeren Ohr-Gehörgangs [Ohr = auris]) bei einem Patienten aus Japan beschrieben [2], wobei retrospektive Analysen von Candida-spp.-Stammsammlungen auf deutlich ältere Nachweise hindeuten. Die neue Spezies zeigt phylogenetische Verwandtschaft zu Candida haemulonii und wurde von diesem durch Sequenzunterschiede der D1-/D2-Domäne der ribosomalen Untergruppe des 28S-rRNA-Gens und im Bereich des Operon differenziert. Bereits zwei Jahre später wurde über die ersten nosokomialen Infektionen berichtet – auch mit dem Hinweis einer möglichen Fehldiagnostik als C. haemulonii oder Rhodotorula glutinis bei Verwendung von kommerziellen Identifizierungs-Kits [3]. In einer weiteren Studie zeigte sich, dass sich 102 klinische Isolate von vermeintlichen C.-haemulonii-/Rhodotorula-glutinis-Stämmen, die mit einem automatisierten System zur Erreger­identifizierung diagnostiziert wurden, nach Sequenzierung in über 80 % der Fälle als C. auris herausstellten [4]. Auch eindeutige Identifizierungen mittels MALDI-TOF schlugen anfangs fehl, da C. auris nicht in den Routinedatenbanken vorhanden war [5].

 

Problem der C.-auris-Infektionen und Gründe für eine Meldepflicht

Die Risiken für eine C.-auris-Infektion sind mit denen anderer Candida-spp.-Infektionen vergleichbar: Immunsuppression durch Intensivpflichtigkeit, Tumorerkrankungen oder Stoffwechsel­erkrankungen (z. B. Diabetes mellitus). Die Krankenhausmortalität bewegt sich zwischen 30 und 60 %, wobei Infektionen typischerweise nosokomial auftreten. Die eigentliche Herausforderung liegt in der Therapie von invasiven Infektionen durch C. auris bei gleichzeitigem Fehlen von spezifischen EUCAST-Breakpoints für die Resistenztestung von Antimykotika: Publizierte minimale inhibitorische Konzentrationen (MIC) für Fluconazol weisen auf eine hohe Rate an Resistenzen hin, während neuere Azole (Posaconazol/Isavuconazol) und Echinocandine (First-Line-Therapie) niedrige MICs aufweisen, die auf Wirksamkeiten hindeuten. In mehreren Studien zeigten sich in über 50 % der Stämme hohe MICs gegenüber zwei oder mehr Antimykotika-Klassen, sodass eine Multiresistenz (MDR) definiert wurde [4, 6, 7]. Wenige Stämme (ca. 4 %) zeigen hohe MICs (Resistenzen) gegenüber allen verfügbaren Antimykotika-Klassen, was ein besorgniserregendes Alleinstellungsmerkmal von C. auris innerhalb der Gattung der Candida spp. bedeuten würde. Diesbezüglich scheinen weltweit mehrere unterschiedliche Kladen mit einem engen geografischen Bezug zu bestehen, wobei innerhalb einer Klade ein hohes Maß an Klonalität besteht (Tab. 1).

Tab. 1: Kladen von Candida auris und deren prozentualer Anteil von Resistenzen (mod. nach [12–14]).

 

Klade 1

Klade 2

Klade 3

Klade 4

Geografische

Verteilung

BRD, Kanada, USA, Indien, GB, Kenia, Pakistan

Kanada, USA, Japan, Südkorea

BRD, Kanada, USA, Spanien, Kenia, Südafrika

USA, Kolumbien, Venezuela

Anteil (%) an Resistenzen gegenüber mindestens zwei Antimykotika-Klassen

53

0

4

12

Infektionen

Invasiv, Haut, Harnwege,

Respirationstrakt

Selten invasiv, Gehörgang

Invasiv, Haut, Respirations­trakt, Harnwege

Invasiv, Haut, Respirations­trakt, Harnwege

Von Interesse sind neuere Studien, die auf einen häufigen Nachweis von invasiven C.-auris-Infektionen im Zuge von schweren COVID-19-Erkrankungen hinweisen [8, 9].

 

C.-auris-Nachweise in deutschen Kliniken

In einer kürzlich erschienenen Analyse wurde die Dynamik der C.-auris-Fälle und Kolonisationen in deutschen Kliniken betrachtet. Grundlage hierfür waren Daten des RKI bzw. des Referenzzentrums für invasive Mykosen NRZMyk [10]: Während in den Jahren 2015 bis 2022 lediglich einzelne Nachweise von C. auris zu verzeichnen waren (insgesamt n = 39), wurden allein in 2023 77 Fälle registriert. In den meisten Fällen handelte es sich um Kolonisationen (n = 58), wobei fünf Betroffene mit initialer Kolonisation eine Infektion entwickelten. Das Referenzzentrum führt aus, dass die deutliche Zunahme der Nachweise auch auf insgesamt drei Ausbruchsgeschehen zurückzuführen ist.

 

Präventionsstrategie

Aufgrund der deutlich eingeschränkten Behandelbarkeit bei Infektionen sowie der leichten Übertragbarkeit empfiehlt das NRZ bei Nachweis von C. auris die Implementierung von Infektionspräventivmaßnahmen, zum Beispiel die Isolierung der Betroffenen, Screening-Strategien und das Tragen von persönlicher Schutzausrüs­tung im Umgang mit Patient:innen, um eine Ausbreitung in Krankeneinrichtungen zu verhindern. Eine Dekolonisierung von C. auris-Patient:innen zur Reduzierung des Bioburden scheint nur mit sehr hohen Chlorhexidin-Konzentrationen möglich zu sein [11].

Von Interesse ist auch der Umstand, dass C. auris eine hohe Umweltpenetranz aufweist (Nachweis nach zwei Wochen auf unbelebter Oberfläche möglich) und dass es auf so gut wie jedem Gegenstand in der Umgebung von C.-auris-Patient:innen nachweisbar ist [15]. Eine Aufbereitung von Patientenzimmern kann Probleme verursachen, da laut CDC der Einsatz von quarternären Ammonium-Verbindungen (QUAC) nicht erfolgversprechend zu sein scheint [16–18]. QUAC sind verbreitete Wirkstoffe in Reinigungs- und Desinfektionsmitteln in Gesundheitseinrichtungen. Laut dem Verbund für angewandte Hygiene (VAH; dort sind 529 Produkte als QUAC gelistet) sind alle VAH-gelisteten Produkte levurozid (wirksam gegen Candida spp. (Sproßpilze)).   

Autor
Prof. Dr. Andreas Ambrosch
Ressortleitung Mikrobiologie