Neue Gesetze über die Berufe der medizinischen Technologie - Die Zukunft des MTA-Berufs
Ab 2023 gelten neue gesetzliche Regelungen, die das seit fast 30 Jahren gültige MTA-Berufsgesetz ablösen und – was noch wichtiger ist – nach 125 Jahren den Zusatz „Assistenz“ aus der Berufsbezeichnung der MTA entfernt. Das neue Gesetz stärkt die Stellung der medizinisch-technischen Berufe in den Bereichen Laboratoriumsmedizin, Radiologie, Funktionsdiagnostik und Veterinärmedizin und verbessert die kompetenzbasierte, praxisnahe Ausbildung erheblich.
Schlüsselwörter: MT-Berufe-Gesetz, MTAPrV, Medizinische Technologin, Medizinischer Technologe
Die Berufe der Medizinischen Technologie (MT) nehmen im Bereich der medizinischen Diagnostik und Therapie mit den jeweiligen vorbehaltenen Tätigkeiten eine zentrale technische Schlüsselfunktion ein, um die qualitativ hochwertige Versorgung von Patient:innen zu gewährleisten. Mit dem neuen MT-Berufe-Gesetz werden zahlreiche Veränderungen eintreten, was für alle Beteiligten ein verändertes Denken erfordert sowie auch zu einem veränderten Berufsverständnis führen wird. Damit einhergehend entwickeln sich die Ausbildungen der MT-Berufe von einer rein schulischen Ausbildungsform zu einer nahezu dualen Form, die die Schulen stärker mit der beruflichen Praxis verbindet.
Am 28. Januar 2021 hat der Bundestag mit Zustimmung des Bundesrates das MT-Berufe-Gesetz beschlossen. Ebenso wurde im gleichen Jahr zum 17. September 2021 im Bundesrat über die dazugehörige Ausbildungs- und Prüfungsverordnung abgestimmt. Damit werden zum 1. Januar 2023 das neue Gesetz zur Medizinischen Technologie (MT-Berufe-Gesetz) und die dazugehörige neue Verordnung zur Ausbildung und Prüfung (MTAPrV) in Kraft treten und das bisherige MTA-Berufsgesetz aus dem Jahr 1993 mit der dazugehörigen Ausbildungs- und Prüfungsverordnung von 1994 ablösen. Nach nahezu 30 Jahren wird den steigenden Anforderungen in Medizin und Technik sowie der Weiterentwicklung der Naturwissenschaften mit dem neuen MT-Berufe-Gesetz Rechnung getragen und gleichzeitig das Ziel verfolgt, das von den Bundesländern beabsichtigte „Gesamtkonzept Gesundheitsberufe“ insgesamt weiterzuentwickeln.
Mit dem neuen MT-Berufe-Gesetz werden zahlreiche Veränderungen eintreten, die alle bisherigen vier Berufe der Medizinischen Technologie-Assistenz – Medizinisch-technische Laboratoriumsassistenz (MTLA), Medizinisch-technische Radiologie-Assistenz (MTRA), Medizinisch-technische Funktionsassistenz (MTAF) und Medizinische Assistenz für Veterinärmedizin(VMTA) – gleichermaßen betreffen.
Das zukünftige MT-Berufe-Gesetz aller vier Berufe (MTL, MTR, MTF und VMT) enthält umfangreiche Regularien wie etwa Berufserlaubnis, vorbehaltene Tätigkeiten, Ausbildung und Ausbildungsverhältnis, Anerkennung von Berufsqualifikationen, die in neun Teile mit 76 Paragrafen unterteilt sind. Detaillierte Regelungen zu den MT-Ausbildungen und Prüfungen aller vier Berufe der Medizinischen Technologie erfolgen ausführlich in der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung (MTAPrV).
Berufsbezeichnung
Ab Januar 2023 ändert sich die Berufsbezeichnung aller MTA-Berufe. Damit ändert sich die Nennung der MTLA in Medizinische Technologin/Medizinischer Technologe für Laboratoriumsanalytik (MTL) (s. MTBG §1 Abs. 1 Nummer 1). Auch bereits ausgebildete MTLA dürfen somit ab Januar 2023 ihre Berufsbezeichnung ändern. Mit dieser Änderung entfällt erstmals nach fast 125 Jahren der Begriff „Assistenz“. Eine Erweiterung – §1 Abs. 2 Nummer 4 – betrifft den Hinweis zu den erforderlichen Kenntnissen der deutschen Sprache, die für die Ausübung des Berufes erforderlich sind.
Vorbehaltene Tätigkeiten
Die vorbehaltenen Tätigkeiten sind an die veränderten Anforderungen im beruflichen Handlungsfeld der Medizinischen Technolog:innen für Laboratoriumsanalytik (MTL) angepasst und dürfen grundsätzlich nach §5 MTBG nur von MTL ausgeübt werden. Diese lauten wie folgt:
„die Durchführung biomedizinischer Analyseprozesse mittels biologischer, chemischer sowie physikalischer Methoden und Verfahren einschließlich Plausibilitätskontrolle, Validierung und Qualitätssicherung;
die Vorbereitung und Aufbereitung von histologischen, zytologischen und weiteren morphologischen Präparaten zur Prüfung der ärztlichen Diagnostik einschließlich Plausibilitätskontrolle und Qualitätssicherung.
Ausgenommen hiervon sind einfach zu handhabende quantitative und qualitative Laboratoriumsanalysen sowie entsprechende Untersuchungen von Körperflüssigkeiten und Ausscheidungen.“ (MTB-Gesetz §5 Abs. 1). Ausnahmen dazu werden in MTBG §6 geregelt.
Kompetenzorientierte Ausbildung
Die zukünftige Ausbildung der Medizinischen Technolog:innen ist sowohl auf übergreifende wie auch auf spezifische Kompetenzen ausgerichtet, die im beruflichen Handlungsfeld und jeweiligen Versorgungskontexten erforderlich sind (DIW-MTA; DVTA; 2022). Unter anderem richtet sich der Fokus im allgemeinen Ausbildungsziel (MTBG §8 Abs. 1) auf die Fach- und Methodenkompetenz zur selbstständigen Berufsausübung einschließlich der Personal- und Sozialkompetenz sowie die Fähigkeit zum Wissenstransfer und Selbstreflexion. Die berufsspezifischen Ziele der MTL-Ausbildung umfassen in §9 Kompetenzen etwa zum biomedizinischen Analyseprozess, Prozessabläufe der Histologie und Zytologie sowie zur Qualitätssicherung (§9 Abs. 1 Nr. 1–3). Im Weiteren werden in §9 Abs. 2 Nr. 1–9 übergreifende Kompetenzen als Ausbildungsziel formuliert wie etwa interdisziplinäre und interprofessionelle Zusammenarbeit, der Umgang mit digitalen Technologien und Datenmanagement sowie medizinische und technische Fachexpertise für die durchzuführenden Prozesse.
Anforderungen an Schulen
Nach §18 MTBG übernimmt an den Schulen eine pädagogisch qualifizierte Person mit abgeschlossener Hochschulausbildung auf Master- oder vergleichbarem Niveau die hauptberufliche Leitung. Hauptberufliche Lehrkräfte sollen zukünftig neben der MT-Ausbildung, mit der sie ihre fachliche Expertise aufweisen, auch über eine abgeschlossene pädagogische Hochschulausbildung – mindestens auf Bachelor- oder vergleichbarem Niveau verfügen. Für Schulleitungen und Lehrkräfte, die bereits an MT-Schulen tätig sind, hat der Gesetzgeber Übergangsvorschriften geregelt. Des Weiteren können Länder durch Landesrecht weitere Regelungen festlegen.
Ausbildungsstruktur
Wie bereits oben beschrieben, müssen die MT-Schulen zukünftig stärker mit der beruflichen Praxis kooperieren, um MT-Ausbildungen erfolgreich gestalten und umsetzen zu können. Die Ausbildung zur MTL umfasst ab 2023 mindestens 4.600 Stunden, dabei fallen 2.600 Stunden auf den theoretisch-praktischen Unterricht an den MTL-Schulen sowie 2.000 Stunden auf die praktische Ausbildung (MTBG §13 ff.). Die Ausbildung dauert in Vollzeit weiterhin drei Jahre, kann allerdings auch in Teilzeit über höchstens fünf Jahre (neu!) absolviert werden.
Die Ausbildung erfolgt nun erstmals kompetenzorientiert und somit müssen auch die Ausbildungsverantwortlichen die in der MTAPrV aufgeführten Kompetenzen der Anlage 1 umsetzen. Innerhalb der Ausbildung müssen der praktische Ausbildungsteil und der theoretisch-praktisch durchgeführte Unterricht im Wechsel erfolgen und curricular aufeinander abgestimmt sein (MTAPrV §2 Abs. 1 und 2).
Gemäß §24 Abs. 1 und 2 MTBG muss jede Schule ein schuleigenes Curriculum für den theoretisch-praktischen Unterricht und einen Ausbildungsplan für die praktische Ausbildung erstellen; dazu können laut §24 Abs. 5 MTBG die Länder unter Beachtung der Vorgaben der MTAPrV einen verbindlichen Lehrplan als Grundlage für die schulinterne curriculare Arbeit erstellen.
Zur Unterstützung der Schulen und der Ministerien der Länder haben das DIW-MTA und der DVTA e. V. bereits im August 2021 eine Rahmenlehrplankommission gegründet und einen Rahmenlehrplan für alle MT-Berufe Ende Juli 2022 vorgestellt, der in curricularen Einheiten die Ausbildung kompetenzorientiert widerspiegelt (Abb. 1).
Praktische Ausbildung attraktiver
Die praktische Ausbildung erfolgt in Laboratorien von Krankenhäusern, die zur Versorgung nach §108 SGBV zugelassen sind sowie in ambulanten Einrichtungen. Diese können auch eine Trägerschaft der praktischen Ausbildung übernehmen und mit der auszubildenden Schule die gemeinsame Verantwortung der praktischen Ausbildung tragen. Sollte der Träger nicht in der Lage sein, unterschiedliche praktische Ausbildungsplätze in der eigenen Struktur sicherzustellen, so muss er mit weiteren geeigneten Einrichtungen Vereinbarungen schließen, um den Ausbildungsplan zu erfüllen. Des Weiteren kann der Träger mit der auszubildenden Person einen Vertrag schließen. Insgesamt muss der Träger alle Pflichten der praktischen Ausbildung erfüllen.
Ebenso muss er sicherstellen, dass während der Ausbildung eine praxisanleitende Person die Auszubildenden mindestens im Umfang von 15 % anleitet. Abweichend davon können die Länder eigene Regelungen (nicht unter 10 %) bis zum 31. Dezember 2030 treffen (MTBG §19 ff.). Die praxisanleitende Person muss über die Berufszulassung MTL oder MTLA verfügen und eine mindestens einjährige Berufserfahrung nachweisen. Die Anerkennung zur Praxisanleitung erfordert darüber hinaus eine mindestens 300-stündigen Weiterbildungsqualifikation zur Praxisanleitung. Ausnahmen gelten für praxisanleitende Personen, die bereits vom 01. Januar 2021 bis zum 31. Dezember 2022 tätig waren. Alle praxisanleitenden Personen müssen zusätzlich eine kontinuierliche Weiterbildung im Umfang von 24 Stunden jährlich absolvieren. Auch hier können Einzelentscheidungen abweichend vom Bundesgesetz in Länderverordnungen erfolgen. Eine umfangreiche berufspädagogische Qualifikation ist zu empfehlen, um gemeinsam mit der Ausbildungsstätte einen pädagogisch fundierten und den Kompetenzanforderungen entsprechenden Ausbildungsplan in Abstimmung mit dem schulspezifischen Curriculum zu erstellen, Auszubildende den Anforderungen entsprechend anzuleiten sowie ausbildungsadäquate Feedbackgespräche mit Auszubildenden zu führen und an der Notengebung der Jahreszeugnisse mitzuentscheiden, um den Auszubildenden einen Überblick zu ihrem Leistungsstand und ihrer Lernentwicklung zu geben. Praxisanleitende werden darüber hinaus auch in der praktischen staatlichen Prüfung als Fachprüfende eingesetzt und mitverantwortlich in der Abschlussnotengebung (MTAPrV §7 ff.) sein.
Eine strukturierte Begleitung der Auszubildenden in der praktischen Ausbildung und der Verknüpfung theoretisch fundierten Wissens mit berufsspezifischen Aufgaben wird zukünftig insgesamt die Qualität der Ausbildung verbessern und die Lern-Lehrprozesse unterstützen. Um den regelmäßigen Austausch mit den Praxisanleitenden und dem Lernverhalten der Auszubildenden intensiver wahrzunehmen, werden seitens der MTL-Schule Lehrende als Praxisbegleiter (MTAPrV §9) mit mindestens drei Besuchen pro Auszubildendem in der praktischen Ausbildung eingesetzt.
Finanzierung
Die Ausbildung soll nach §76 MTBG über das Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG) §17a refinanziert werden, allerdings ist der ambulante Sektor gemäß den Regelungen des KHG nicht berechtigt, Gelder für die Ausbildung zu beantragen.
Kooperationsvereinbarungen sind gemäß §76 MTBG möglich. Der Bundesrat hat in seinem Beschluss zum Gesetz zur Reform der technischen Assistenzberufe in der Medizin und zur Änderung weiterer Gesetze (MTA-Reformgesetz) den Deutschen Bundestag und die Bundesregierung aufgefordert, das MTA-Reformgesetz vor dem 1. Januar 2023 zu überarbeiten. Dabei soll das Ziel der Überarbeitung die Sicherung der Finanzierung der Ausbildungen aller MT-Berufe bezüglich der Schulkosten, der Kosten der praktischen Ausbildung sowie der Ausbildungsvergütung für ambulante Einrichtungen als Träger der Ausbildung sein. Weiterhin führt der Bundesrat in seiner der Begründung aus, dass das Konzept in §76 MTBG zur vorgesehenen Finanzierung lückenhaft ist, da Regelungen zur Finanzierung der Schulgeldfreiheit und der Ausbildungsvergütung für Privatschulen fehlen, die keine Kooperation mit einem Krankenhaus eingehen können oder wollen. Außerdem fehlen Finanzierungsregelungen für den Fall, dass MT die Leistung nicht regelhaft an einem Krankenhaus erbringen oder wenn der Träger der Ausbildung eine ambulante Einrichtung (z. B. ein Labor) ist. Daher sieht der Bundesrat die Regelung nach §76 MTBG nicht als eindeutig an. Kritisch sieht der Bundesrat ebenfalls, ob ein Anspruch über Privatschulen anteilig eine Investitionsförderung nach KHG über einen Kooperationsvertrag mit einem Krankenhaus möglich ist. Er erachtet diesen möglichen Anspruch als nicht beabsichtigte gesetzliche Regelung. So ist der Meinung des Bundesrats zufolge eine Klarstellung in Artikel 14 erforderlich, die besagt, dass die Kosten für die berufspraktische Ausbildung durch ambulante Einrichtungen zu den Mehrkosten des Krankenhauses gehören. Daher fordert der Bundesrat vom Bund ein umfassendes, schlüssiges Finanzierungskonzept.
Insgesamt wird mit dem neuen MT-Berufe-Gesetz ein Paradigmenwechsel eingeleitet, der nur in Zusammenarbeit mit den Ländern, den MT-Schulen, den Fachgesellschaften und der beruflichen Praxis eine zukunftsfähige und attraktive Ausbildung bieten wird.