Auszüge aus dem COVID-19-Newsletter

Der dritte Weg

Mitglieder des Trillium-Fachbeirats bearbeiten regelmäßig Fragen aus dem Leserkreis und bewerten spannende Entwicklungen im Bereich der Diagnostik und Therapie von COVID-19. Seit Kurzem zeichnen sich pathophysiologisch begründete Auswege aus der Corona-Krise ab.

Anfang März erreichten uns die ersten Leserbriefe mit der Bitte, eine Sonderausgabe dieser Zeitschrift mit Antworten auf drängende Fachfragen rund um COVID-19 herauszubringen. Angesichts der rasanten Entwicklung erschien uns allerdings das Format eines vierteljährlich erscheinenden Magazins ungeeignet. Stattdessen haben wir nun einen Newsletter-Service eingerichtet, der von den Experten des Trillium-Fachbeirats auf hohem Niveau stets aktuell gehalten wird.

 

Ging es anfangs vor allem um die Behebung von Versorgungsengpässen mit Reagenzien, Abstrichbestecken u. ä., so stehen heute Fragen zur rationellen Diagnostik sowie zu neuen Biomarkern und deren therapeutischen Konsequenzen im Vordergrund. Die aktuell größte Herausforderung ist eine Frage, die sich weltweit stellt und zu deren Beantwortung die In-vitro-Diagnostik durchaus einen essenziellen Beitrag leisten könnte: Wie lässt sich die gegenwärtige Krise möglichst rasch beenden?
Nach allgemeiner Auffassung gibt es nur zwei Wege: Kurzfristig besteht die Lösung in einer möglichst konsequenten Kontaktsperre, und mittelfristig wartet die Welt sehnsüchtig auf einen Impfstoff. Die erste Strategie zeigt bereits Wirkung, und die zweite ist aus virologischer Sicht zumindest plausibel. Zugleich muss man aber eingestehen, dass eine weltweite Kontaktsperre wegen der wirtschaftlichen und sozialen Folgen nicht allzu lange aufrechterhalten werden kann, und dass beim Impfschutz noch sehr viele Fragen offen sind.

Falscher Fokus?

Der wirklich kritische Punkt bei beiden Strategien liegt allerdings darin, dass sie den  wenigen Schwerkranken nicht wirklich helfen, und sich stattdessen mit ihren Maßnahmen auf eine aktuell noch kaum bis gar nicht betroffene Bevölkerung konzentrieren (s. Abbildung). Dabei gibt es womöglich einen dritten Weg, für den sich alle diejenigen stark machen könnten, die mit Pathophysiologie und Biomarker-basierten Behandlungskonzepten vertraut sind, also auch viele Leser von Trillium Dia­gnostik. Wer den COVID-19-Newsletter mitverfolgt, kennt den Ansatz, der sich in den letzten Wochen aus der Literatur herauskris­tallisiert hat: Mit zunehmendem Kenntnisstand über die Pathomechanismen, die zu schweren Verlaufsformen führen, ergeben sich auch innovative Behandlungsansätze, die die Dramatik schockierender Bilder aus den Hotspots der Erde lindern könnten.

Entlastung der Intensivstationen

Beispielhaft sei die Überaktivierung des Komplement- und Zytokinsystems genannt. Hier führten individuelle Heilversuche mit dem C5-Inhibitor Eculizumab und dem IL-6-Rezeptorblocker Tocilizumab zu erstaunlichen Erfolgen, die bereits in klinische Studien mündeten.  
Mit unseren Experten konnten wir zeigen, dass man mit solchen Medikamenten die ungewöhnlich langen Intensivbehandlungen der COVID-19-Patienten auf das übliche Maß, etwa der Influenza, senken und damit die gefährliche Überlastung der Gesundheitssysteme vermeiden könnte. Es mag verwegen klingen, aber dann wäre der Lockdown wohl nicht mehr nötig.     

 

Autor
Prof. Dr. Georg Hoffmann
Herausgeber
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