Neue europäische Leitlinie
Prävention von Infektionen mit Clostridium difficile
Der Prävention von Infektionen mit C. difficile kommt in Krankenhäusern hohe Priorität zu. Durch ein adäquates Hygienemanagement muss die Ausbreitung von Sporen und die Weitergabe an andere Patienten verhindert werden. Praxisrelevante Hinweise gibt eine in Kürze erwartete Leitlinie.
Schlüsselwörter: C. difficile, Antibiotic Stewardship, Hygienemanagement
Clostridium difficile (seit August 2016 korrekt Clostridioides difficile) ist der häufigste Erreger antibiotikaassoziierter nosokomialer Durchfallerkrankungen [1]. Als sporenbildendes, anaerob wachsendes Stäbchenbakterium wird es von vielen Warmblütern mit dem Stuhl ausgeschieden und kann aufgrund seiner hohen Umweltresistenz nahezu überall im häuslichen Umfeld und in der Natur nachgewiesen werden (Abb. 1).
Die Durchseuchung erfolgt beim Menschen sehr früh: Bereits innerhalb des ersten Lebensjahres werden fast alle Säuglinge passager und symptomlos mit C. difficile besiedelt [2]. Zur Erkrankung kommt es im Rahmen der Besiedelung oder auch einer frischen Infektion, wenn zusätzliche mikrobiologische oder immunologische Risikofaktoren – allen voran eine Dysbiose infolge einer antibiotischen Therapie – vorliegen. Besonders ältere Menschen erkranken an C.-difficile-Infektionen (CDI), möglicherweise als Folge der abgeschwächten Antikörperbildung (Immunseneszenz) [3]. Während die Keimlast gesunder C.-difficile-Träger gering ist, werden im Rahmen der symptomatischen Erkrankung große Mengen an Sporen mit dem Stuhl ausgeschieden.
Aus einer Vielzahl von Gründen spielen CDI und ihre Prävention in Krankenhäusern eine bedeutende Rolle:
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Die Sporen können aufgrund ihrer hohen Tenazität sehr lange in der Umwelt persistieren und werden auch durch viele Desinfektionsmittel nicht inaktiviert. Dies gilt insbesondere für alkoholische Händedesinfektionsmittel, die sogar dazu beitragen können, die Stabilität von Sporen zu erhöhen.
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Das typische stationäre Patientenkollektiv spiegelt genau das CDI-Risikoprofil wider (hohes Alter, vermehrt Grunderkrankungen, Immunsuppression, antibiotische Therapie).
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Der häufige Antibiotikaeinsatz im Krankenhaus begünstigt die Dysbiose und führt zur Selektion multiresistenter, epidemischer und hypervirulenter Stämme (z. B. Ribotyp 027).
Diese gefährlichen Stämme haben sich inzwischen über Ländergrenzen und Kontinente hinaus ausgebreitet. In den vergangenen Jahren kam es auch in deutschen Krankenhäusern immer wieder zu Ausbrüchen von CDI, weshalb ein adäquates Hygienemanagement im Kampf gegen solche Infektionen von großer Bedeutung ist. Vorrangiges Ziel muss es sein, die Ausbreitung von Sporen innerhalb der Einrichtung sowie die Weitergabe an andere Patienten zu verhindern.
Allerdings sind bei stationärer Aufnahme bereits ca. 10% aller Patienten im Rahmen der natürlichen Durchseuchung asymptomatisch mit C. difficile kolonisiert; deshalb wird es nie möglich sein, CDI im Krankenhaus vollständig zu unterbinden. Die Gefahr von Neuinfektionen kann aber reduziert werden, wenn Hygienemanagement, frühzeitige Diagnostik und rationaler Antibiotikaeinsatz aufeinander abgestimmt werden [4].
Demnächst erscheint eine aktualisierte europäische Leitlinie für die Prävention von CDI, deren praxisrelevante Hinweise über die bisherigen Empfehlungen [5] deutlich hinausgehen. Für einige dieser Maßnahmen kann jetzt zwischen der endemischen Situation (weniger kritisch) und der Ausbruchssituation (kritisch) unterschieden werden. Aus pragmatischen Gründen wurden Kennziffern für gehäufte Ausbrüche von CDI auf Krankenstationen verschiedener Größe festgelegt (Tab. 1).
Größe der Station | kurzfristig | mittelfristig |
Weniger als 20 Betten | Drei und mehr nosokomiale CDI innerhalb von sieben Tagen | Fünf und mehr nosokomiale CDI innerhalb von vier Wochen |
20 Betten und mehr | Zwei und mehr nosokomiale CDI innerhalb von sieben Tagen | Vier und mehr nosokomiale CDI innerhalb von vier Wochen |
Tab. 1: Kriterien für den Ausbruchsverdacht von CDI auf Krankenstationen in Abhängigkeit von der Bettenzahl (ESCMID Guidance Document in Vorbereitung).
Prävention
Epidemiologische Untersuchungen haben gezeigt, dass die landesweite Umsetzung von Hygienemaßnahmen in allen Krankenhäusern effektiv zur Prävention beiträgt. Da bislang kaum Untersuchungen über die Effektivität einzelner Vorkehrungen vorliegen, sollten die nachfolgend beschriebenen Präventionsmaßnahmen immer gebündelt eingesetzt werden.
1. Schutzmaßnahmen
Die wichtigste persönliche Schutzmaßnahme beim Kontakt mit CDI-Patienten ist das Anlegen von Schutzkittel und Handschuhen vor dem Betreten des Patientenzimmers. Daher wird dieses Vorgehen in allen gängigen Leitlinien empfohlen.
In Zimmern, in denen C.-difficile-Patienten versorgt werden, weisen alle Flächen einen hohen Verkeimungsgrad auf. Die VAH-Liste (www.vah-online.de) hilft bei der Auswahl und sachgemäßen Anwendung eines geeigneten sporoziden Desinfektionsmittels. In Deutschland setzt man in der Regel sogenannte Sauerstoffabspalter ein, welche besser verträglich sind als Hypochlorit. Patientennahe Flächen sollten sogar mehrmals täglich sporozid gereinigt werden. Bei Ausbrüchen empfiehlt es sich, die sporozide Flächendesinfektion auf alle Räume der Station auszudehnen. Da Desinfektions- und Reinigungsmaßnahmen in der Vorbeugung von CDI eine herausragende Bedeutung haben, muss das Reinigungspersonal unbedingt ausreichend geschult werden.
2. Frühzeitige Diagnostik
Die aktuellen Leitlinien fordern bei jeder Diarrhö, die im Zuge eines Krankenhausaufenthalts auftritt, eine rasche Diagnostik von C. difficile [6, 7]. Empfohlen wird ein Stufenverfahren, das mit einem sensitiven Suchtest im Stuhl beginnt; hierfür eignet sich der Nachweis von Glutamatdehydrogenase (GDH) oder die Nukleinsäureamplifikation für ein Toxin-Gen (NAAT). Bei positivem Testergebnis schließt sich der spezifische Nachweis von freiem Toxin im Stuhl als Zeichen einer klinisch relevanten Infektion an. Allerdings weist dieser Bestätigungstest nur eine eingeschränkte Sensitivität auf.
Empfindlicher ist die toxigene Kultur, die immer noch als Goldstandard gilt; sie hat aber aufgrund einer Befundlaufzeit von über 72 Stunden für die Routinediagnostik kaum Bedeutung. Benötigt wird sie vor allem, wenn Stämme im Rahmen von Ausbruchsuntersuchungen typisiert werden müssen.
3. Isoliermaßnahmen
Durch Einzelzimmer- oder Kohortenisolierung soll verhindert werden, dass sich C. difficile im Krankenhaus ausbreitet. Insbesondere Patienten mit schweren Durchfallerkankungen müssen separat untergebracht werden. Empirisch wurde festgelegt, dass die Isoliermaßnahmen 48 Stunden nach Sistieren der Durchfälle wieder aufgehoben werden können.
Einige wenige Kliniken mit besonders guten baulichen Voraussetzungen (Ein- und Zweibettzimmer) verzichten bei sporadischen Fällen auf die Isolierung [8]. Voraussetzung hierfür sind dokumentiert erfolgreiches Hygienemanagement, etabliertes und täglich gelebtes ABS (Antibiotic Stewardship, s. u.) sowie frühzeitige Erkennung von Ausbrüchen durch regelmäßige Infektionsstatistik (proaktive Infektionssurveillance). Bei jedem Ausbruchsverdacht muss die Isolierung natürlich auch hier konsequent umgesetzt und die Effektivität der Hygienemaßnahmen kontinuierlich durch die Infektionsüberwachung belegt werden.
4. Antibiotic Stewardship
Unter ABS versteht man ein Programm, das eine optimale Antibiotikatherapie gewährleistet. Der rationale Einsatz von Antibiotika und die Reduktion besonders kolitogener Wirkstoffe, wie zum Beispiel Fluorchinolone, kann nachweislich die Inzidenz von CDI und die Selektion multiresistenter Stämme reduzieren. Eine sinnvolle C.-difficile-Prävention besteht daher immer aus einer Kombination von ABS und einem besonderen Hygienemanagement [4].
5. Fort- und Weiterbildung
Für eine erfolgreiche Bekämpfung von CDI ist eine besondere Schulung des Reinigungspersonals, des Pflegedienstes und der Ärzte erforderlich. Auch Patienten und Angehörige müssen über die besonderen Hygienemaßnahmen bei nosokomialen Durchfallerkrankungen aufgeklärt werden.
6. Surveillance
Im Rahmen des IfSG §22 ist eine regelmäßige Erfassung und Bewertung von CDI vorgeschrieben. Nur so ist es möglich, gehäufte Infektionen frühzeitig zu erkennen und spezifische Hygienemaßnahmen einzuleiten [9]. Die jährlichen Infektionsdaten können über CDAD-KISS des Nationalen Referenzzentrums für Infektionssurveillance oder europaweit über ECDC (ecdc.europa.eu) durch die teilnehmenden Krankenhäuser erfasst und verglichen werden.
7. Ausbruchsuntersuchungen
Ein Ausbruchsverdacht muss nach §6 IfSG beim örtlichen Gesundheitsamt gemeldet werden. Parallel dazu gibt es die Möglichkeit einer kostenlosen Ausbruchsuntersuchung und Beratung durch das Nationale Referenzzentrum für C. difficile (Homburg-Münster-Coesfeld). Für die molekulare Charakterisierung der Stämme mittels Ribotypisierung, MLVA oder Ganzgenom-Sequenzierung sind C.-difficile-Isolate der Patienten oder Rückstellproben der betroffenen Stuhlproben geeignet. Nur so gelingt die Unterscheidung zwischen einer sporadischen Häufung von nicht-verwandten Stämmen und einem Ausbruch, bei dem verwandte Stämme nachgewiesen werden. Besonders relevant für Ausbrüche sind nosokomiale Ausbruchsstämme (z. B. Ribotyp 027), die sich häufig durch eine Resistenz gegen Fluorchinolone und/oder Makrolide auszeichnen [10].
Der hier vorgestellte Sieben-Punkte-Katalog, bestehend aus schneller, sensitiver Diagnostik und einem Bündel spezifischer Maßnahmen ist bei allen nosokomialen Durchfallerkrankungen zu beachten.