Sicheres Testen durch kompetente Anwender
Anwenderschulung für patientennahe Tests
Die neue Medizinprodukte-Vertreiberverordnung legt großen Wert auf die Anwenderschulung im POCT-Bereich. Eine Anwendungsregel des VDE soll die praktische Umsetzung unterstützen.
Schlüsselwörter: POCT, Schulung, Medizinprodukte-Betreiberverordnung, POCT-Beauftragte
Point-of-Care-Tests (POCT) werden von vielen, sehr heterogenen Anwendern durchgeführt, die in der Regel keine laboratoriumsmedizinische Ausbildung haben und dennoch valide Ergebnisse erzielen müssen. Um Fehler zu vermeiden, ist eine Schulung erforderlich, wobei gesetzlich vor allem der Betreiber der Gesundheitseinrichtung in der Pflicht steht.
Die genauen Anforderungen wurden zuletzt in der ab 2017 geltenden Novelle der Medizinprodukte-Betreiberverordnung präzisiert und beziehen sich auf Krankenhäuser, Arztpraxen und andere medizinische Einrichtungen. Vor diesem Hintergrund hat der Verband der Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik e. V. (VDE) mit einem interdisziplinären Arbeitskreis aus Herstellern, Anwendern und Juristen eine Anwendungsregel erstellt, die die Organisation von POCT-Schulungen unterstützen soll.
Schulungsthemen
Letztlich sollte jeder Anwender in Grundzügen über alle Aspekte des durchzuführenden POC-Tests Bescheid wissen. Dazu gehören Einhaltung der Hygienevorschriften, sichere Identifizierung des Patienten, korrekte Probenentnahme und die Messung von Qualitätskontrollproben. Was nützt eine schnelle Analyse, wenn ein Notfall nicht als solcher erkannt wird oder das Messergebnis ohne medizinische Konsequenzen bleibt?
Eine gute Schulung gewichtet die Inhalte zum Beispiel anhand des potenziellen Risikos bei fehlerhafter Durchführung. Der Hersteller – als Spezialist für den Test – sollte geeignetes Schulungsmaterial zur Verfügung stellen und bei der korrekten Einordnung von Fehlermöglichkeiten und ihren Folgen helfen. Es ist aber Aufgabe des Betreibers – des Spezialisten für die Anforderungen vor Ort – dieses Material zu überprüfen und gegebenenfalls anzupassen.
Die Rolle der POCT-Beauftragten
In vielen Gesundheitseinrichtungen gibt es ausgewählte Mitarbeiter der klinischen Bereiche, die als POCT-Beauftragte fungieren. Ihnen kann auch die Schulung von Mitarbeitern ihrer Abteilung übertragen werden. Wichtig ist, dass die Lernziele vorher klar definiert und die POCT-Beauftragten selbst ausreichend qualifiziert sind. Der Lernerfolg muss objektiv, zum Beispiel durch eine Prüfung, festgestellt werden.
Viele POCT-Middleware-Lösungen bieten E-Learning-Module an, durch die sich Schulung und Zertifizierung zeitlich flexibel in den Klinikalltag integrieren lassen. Sie ermöglichen es dem Anwender, sich direkt nach der erfolgreichen Teilnahme für das entsprechende Gerät freizuschalten. Werden solche Programme zusammen mit anderen Schulungen auf einer externen Plattform betrieben, muss sich das POCT-Team in der Regel nicht um den eigentlichen Betrieb kümmern. Die Übertragung und die richtige Zuordnung der Benutzerdaten in die POCT-Middleware ist aber aufwendiger und potenziell fehleranfälliger als bei fest integrierten Lösungen. Hersteller sollten dafür Sorge tragen, dass ihre Lernmaterialien plattformunabhängig funktionieren. Dafür bieten sich Standards wie SCORM (Sharable Content Object Reference Model) an.
Einspruchsfrist bis 9.2.2017
Genauere Hinweise finden sich in der Anwendungsregel „VDE-AR-E 2411-2-101: Schulung professioneller Anwender von patientennahen Tests“, die beim VDE erhältlich ist. Dieses Dokument durchläuft bis zum 9. Februar 2017 ein öffentliches Einspruchsverfahren*, an dem sich jeder beteiligen kann. Die Ergebnisse werden danach durch den VDE veröffentlicht.
*www.entwuerfe.normenbibliothek.de
Dr. med. Andreas Bietenbeck
Klinikum rechts der Isar, TU München
andreas.bietenbeck[at]tum[dot]de