Molekularbiologie auf Knopfdruck
Kompakte NAT-Vollautomaten
Lange Zeit galt die Nukleinsäuretestung (NAT = nucleic acid testing) als Domäne molekularbiologischer Speziallabore, die sich drei getrennte räumliche Bereiche für die Nukleinsäure-Isolierung aus dem Primärmaterial, die Zusammenstellung des Amplifikationsansatzes (Master-Mix) und die Durchführung der Amplifikations- und Detektionsreaktion leisten konnten. Vor rund zehn Jahren kamen dann die ersten Kompaktgeräte auf den Markt, die diese Schritte in einem geschlossenen System quasi auf Knopfdruck erledigten und in vergleichsweise kurzer Zeit ein qualitatives oder quantitatives Ergebnis lieferten.
Inzwischen haben diese NAT-Vollautomaten Einzug in nahezu jeden Winkel der Labordiagnostik gehalten. Vor allem in kleinen Krankenhäusern oder in Entwicklungsländern wären ohne sie molekularbiologische Tests überhaupt nicht möglich.
Platzsparend und schnell
Ausschlaggebend ist hier nicht so sehr, ob die RiliBÄK-Kriterien für die strenge Definition von POCT-Geräten – zum Beispiel keinerlei Probenvorbereitung, nur Einzelprobenmessung mit Unit-use-Reagenzien – durchwegs erfüllt sind; es geht vielmehr darum, dass die Geräte zum einen platzsparend aufzustellen und leicht zu installieren sind, und dass zum anderen Personal ohne spezifische medizinisch-technische Ausbildung nach entsprechender Einweisung in der Lage ist, schnell ein korrektes Ergebnis zu erzielen.
Die Geräte, die wir hier (ohne Anspruch auf Vollständigkeit) vorstellen, könnten unterschiedlicher nicht sein – vom reinen Point-of-Care-Gerät, das sich auch in den Arbeitsablauf einer Ambulanz oder Arztpraxis einfügt (s. u.) bis zum Allrounder, der mit seiner Kassettentechnologie den gesamten Durchsatzbereich für kleine und große Labore abdeckt (S. 275).
Einsatzbereiche
Die wichtigste Domäne der Kompaktsysteme liegt in der Infektionsdiagnostik mit zum Teil beeindruckenden mikrobiologischen und virologischen Panels (S. 276). Festzuhalten bleibt natürlich, dass nicht alle POCT-Geräte die für die KV-Abrechnung wichtigen Vorgaben der RiliBÄK, Teil B3, hinsichtlich Kontrollen, Identifizierung sequenzspezifischer Amplifikate usw. erfüllen können. Zur Orientierung über den infektiologischen Status sind sie allemal geeignet. Schrittweise werden auch onkologische und humangenetische Fragestellungen einbezogen, zum Beispiel BRC-ABL bei der CML oder Faktor V Leiden bei Thrombophilie.
Vier der fünf vorgestellten Systeme basieren auf der PCR. Hier liegen die Laufzeiten vom Laden der Probe bis zum Ergebnis zwischen etwa 20 Minuten und gut zwei Stunden. Die längeren Zeiten können sich dadurch relativieren, dass man beispielsweise mit einer Kombination aus Endpunkt-PCR und Hybridisierung auf Goldpartikeln direkt aus der positiven Blutkultur eine Keimbestimmung inklusive ausgewählter Resistenzgene deutlich vor einer präzisen Differenzierung über Subkultur oder MALDI-TOF erhalten kann.
Der mit 10 bis 12 Minuten schnellste Test ist ein RSV-Nachweis, bei dem anstelle der PCR die isotherme „Nicking Enzyme Amplification Reaction" (NEAR) zum Einsatz kommt. Ihre DNA-Polymerase erledigt die Auftrennung des Doppelstrangs gleich mit; die Zeitersparnis resultiert somit vor allem aus dem Wegfall der Temperaturzyklen.
Praktikabilität
Die größten Unterschiede zwischen den klassischen und den hier vorgestellten NAT-Automaten liegen allerdings nicht in der Analytik, sondern in deren Arbeitsumfeld. Die Abmessungen der Geräte bewegen sich meist zwischen 10 und 60 cm, das kleinste wiegt nur 1 kg und ist leicht transportabel; eines der Geräte kann mit Batterie betrieben werden, und keines benötigt separate Arbeitsschritte zur Extraktion der Nukleinsäuren aus der Probe.
Software
Für ein hohes Maß an Praktikabilität steht auch eine benutzerfreundliche Software mit Barcodelesung, teilweise bidirektionaler LIS-Anbindung sowie vorinstallierten Protokollen.
Brandneu ist schließlich die Möglichkeit, ein Gerät per App über Tablet oder Smartphone anzusteuern. Was zunächst wie ein Gimmick für Computerfreaks aussieht, könnte sich durchaus als zukunftsträchtig erweisen.
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