Die Lymphom-Forschung gehört seit vielen Jahren zu den aktivsten Gebieten der Onkologie. Nachdem seit fast zwei Jahrzehnten die Antikörper-Therapie bei den Non-Hodgkin-Lymphomen und die immer mehr perfektionierte Polychemotherapie beim Hodgkin-Lymphom den Ton angegeben hatte, gab es in den letzten Jahren eine wahre Explosion an neuen Behandlungsmöglichkeiten – vor allem mit Antikörper-Toxin-Konjugaten, Immuncheckpoint-Inhibitoren und zielgerichteten Substanzen, die Lymphom-spezifische Signalwege inhibieren können. Spannende Neuigkeiten dazu – von denen wir hier nur eine Auswahl bringen können –wurden bei den Sommerkongressen präsentiert: beim ASCO-Kongress in Chicago, beim europäischen Hämatologenkongress in Amsterdam und bei der Lymphom-Konferenz in Lugano.
Indolente Non-Hodgkin-Lymphome
Rezidiviertes/refraktäres follikuläres Lymphom: Dreierkombination hochwirksam
Das follikuläre Non-Hodgkin-Lymphom verläuft meist relativ indolent, aber falls es rezidiviert oder gar therapierefraktär wird, ist die Prognose sehr ungünstig. Zu den neuen Therapieoptionen, die für diese Situation entwickelt werden, zählt das Antikörper-Toxin-Konjugat Polatuzumab Vedotin, das sich in einer Phase-Ib/II-Studie in der Dreierkombination zusammen mit Obinutuzumab und Lenalidomid als hochwirksam erwies.
Der Antikörper Polatuzumab bindet an das CD79b-Antigen, eine Komponente des B-Zell-Rezeptors. Durch Internalisierung des Komplexes wird das daran gekoppelte Zytostatikum in die Lymphomzellen aufgenommen, wo es gezielt seine toxische Wirkung entfaltet. Für die Kombination mit dem CD20-Antikörper Obinutuzumab wurde beim rezidivierten/refraktären follikulären Lymphom Aktivität gezeigt, ebenso für Obinutuzumab in Kombination mit dem Immunmodulator Lenalidomid bei nicht vorbehandelten Patienten; deshalb testete eine Phase-Ib/II-Studie die Kombination aus allen drei Substanzen bei bisher 52 Patienten mit rezidiviertem oder refraktärem follikulärem Lymphom.
Die Interimsanalyse, die Catherine Diefenbach, New York, vorstellen konnte [1–3], umfasste lediglich 18 Patienten, die die Phase-II-Dosierung von sechsmal 1,4 mg/kg Polatuzumab und sechsmal Obinutuzumab alle vier Wochen sowie 20 mg Lenalidomid an 21 Tagen eines jeden 28-Tages-Zyklus erhalten hatten. Patienten, die nach der sechsmonatigen Induktionsphase mindestens eine stabile Erkrankung aufwiesen, erhielten außerdem eine zweijährige Erhaltungstherapie mit Obinutuzumab.
Bei drei Viertel aller Patienten wurden Grad-3/4-Nebenwirkungen gesehen, überwiegend Zytopenien, bei 12% der Patienten auch Infektionen. Die genannte Subgruppe von 18 Patienten erzielte unter der Dreierkombination nach Ende der Induktionsphase – bei einer medianen Nachbeobachtungsdauer von sechs Monaten – eine Gesamtansprechrate von 89% und eine Komplettremissionsrate nach den modifizierten Lugano-Kriterien von 67% (Tab. 1). Ein weiterer Patient (6%) erreichte zumindest eine Krankheitsstabilisierung, und der letzte wurde lediglich deshalb als nicht auswertbar qualifiziert, weil es noch keine PET-Aufnahme vom Ende der Induktion gab.