Individuellere Früherkennung und Diagnostik
Die Brustkrebsfrüherkennung bei asymptomatischen Frauen durch Mammografie bleibt der empfohlene Standard. Das Screening alle 24 Monate für Frauen zwischen 50 und 75 Jahren wird weiter mit Doppelplus (++) empfohlen, für Frauen von 45 bis 49 Jahren (alle 24 bis 36 Monate) mit +. Neu ist, dass das Screening weiteren Altersgruppen zugänglich gemacht wird, auch Frauen zwischen 40 und 44 Jahren mit moderat erhöhtem Risiko oder Eigenanamnese (+/– Empfehlung). Hierbei zu beachten ist die individuelle Risikoabschätzung nach Tyrer-Cuzick (https://ibis.ikonopedia.com).
Künstliche Intelligenz (KI), bereits als Second Reader in der Mammografie eingesetzt (+/–), wird als alleiniges Verfahren zur Detektion noch nicht empfohlen (–), da die Überlegenheit und Übertragbarkeit in die klinische Routine aktuell nicht bewiesen seien und die Standardisierung fehle [1, 2]. Zur Abklärung auffälliger Befunde bleiben als empfohlener Standard (alle ++) die klinische Untersuchung, die Mammografie, die Sonografie und die minimalinvasive Biopsie (Stanzbiopsie [CNB], Vakuumbiopsie [VAB]). Zusatzinformationen können aus der digitalen Brusttomosynthese (DBT) und der Kontrastmittelmammografie (CEM) stammen (jeweils +). Die Magnetresonanztomografie (MRT) kann zum Einsatz kommen, wenn andere Verfahren keine sichere Einschätzung erlauben (+) [3].
Im Fall eines auffälligen Lymphknotenbefunds im Rahmen der prätherapeutischen Axilladiagnostik werden neben klinischer Untersuchung und Sonografie (jeweils ++) nun die CNB Axilla und – falls eine „targeted axillary dissection“ (TAD) geplant ist (≤ 3 suspekte Lymphknoten) – die Markierung des Lymphknotens mit ++ empfohlen. Auch die MRT hat noch einen Stellenwert in diesem Setting (+) [3]. Für die Verlaufskontrolle unter neoadjuvanter Therapie haben neben den Standards Mammasonografie, Palpation und Mammografie (alle ++) auch CEM (+), MRT (+) und DBT (+/–) an Bedeutung gewonnen. Zur Kontrolle des Ansprechens ist prä- und posttherapeutisch die gleiche Modalität zu wählen [3].
Systemtherapie beim frühen Mammakarzinom
Die Kapitel zur Systemtherapie beim frühen Mammakarzinom (eBC) wurden neu strukturiert und nach Tumorsubtyp sortiert; das macht sie übersichtlicher und für den klinischen Alltag besser nutzbar. Keine therapeutisch bedeutsamen Veränderungen gab es dabei für das primäre HER2+ Mammakarzinom.
Hormonrezeptorpositiver, HER2-negativer früher Brustkrebs
Für das hormonrezeptorpositive, HER2-negative (HR+/HER2–) eBC gab es im adjuvanten beziehungsweise postneoadjuvanten Setting ein Update für Erkrankte mit einem erhöhten Rückfallrisiko, ohne dass jedoch der Therapiealgorithmus relevant verändert wurde. Beruhend auf den Daten der NATALEE-Studie [8] wird jetzt neben der endokrinbasierten Kombinationstherapie mit Abemaciclib auch die endokrinbasierte Therapie mit Ribociclib (plus Aromatasehemmer mit oder ohne Gonadotropin-Releasing-Hormon[GnRH]-Analogon) empfohlen (jeweils +). Zu beachten ist, dass Ribociclib in der Dosierung von 400 mg und – anders als Abemaciclib – über drei Jahre gegeben wird. Bei der Indikation der beiden endokrinbasierten Therapieoptionen sind die Kriterien der jeweiligen zulassungsrelevanten Studien zu beachten.
Weiterhin empfohlen wird die einjährige Gabe des Poly(ADP-Ribose)-Polymerasen(PARP)-Inhibitors Olaparib plus endokrine Therapie für Personen mit HR+/HER2– eBC und BRCA1/2-Mutationen in der Keimbahn (gBRCA1/2): bei Vorliegen von adjuvant mindestens vier befallenen Lymphknoten beziehungsweise im postneoadjuvanten Setting, falls keine pathologische Komplettremission erzielt wurde (non-pCR) und ein hoher CPS-EC-Score (≥ 3) vorliegt (jeweils ++). Neu ist der Hinweis, dass auch eine sequenzielle Therapie eingesetzt werden kann, die mit Olaparib plus endokrine Therapie startet und nach einem Jahr auf eine endokrinbasierte Behandlung mit einem CDK4/6-Inhibitor umgestellt wird (+).
Primäres triple-negatives Mammakarzinom
Beim primären triple-negativen Mammakarzinom (eTNBC) wurden die Platinregime aufgewertet: Die neoadjuvante platinhaltige Chemotherapie mit Paclitaxel/Carboplatin plus Pembrolizumab gefolgt von Epirubicin/Cyclophosphamid (EC) ist bei Frauen mit hohem Rückfallrisiko (ab T2 oder pN+) der neoadjuvante Standard (++). Postoperativ wird mit Pembrolizumab über neun Zyklen (alle drei Wochen) weiterbehandelt. Eine rein adjuvante Immuntherapie ohne vorherigen neoadjuvanten Einsatz empfiehlt die AGO Mamma nicht.
Eine zweite Änderung: Im Stadium I (cT1 cN0) ist nab-Paclitaxel als Kombinationspartner von Carboplatin gefolgt von der dosisdichten EC-Gabe keine Therapieoption mehr. Paclitaxel wird weiterhin mit ++ empfohlen.
Die Indikationen zur Chemotherapie mit oder ohne zielgerichtete Substanzen wurden nicht verändert. Die neuen Leitlinien listen allerdings nun die präferierten Chemotherapieregime beim eTNBC auf (alle ++) (Tab. 1).