Hepatozelluläre Karzinome (HCC) gehören zu den häufigsten Tumoren in der westlichen Welt. Sie entstehen in 70–80 % aller Fälle auf dem Boden einer Leberzirrhose. Diese beeinträchtigt maßgeblich die Funktion der Leber und trägt durch mögliche Komplikationen wie etwa Ösophagusvarizen-Blutungen zu einer hohen Mortalität und Morbidität der Betroffenen bei.
Wesentliche Risikofaktoren für die Entstehung einer Leberzirrhose und damit eines HCC sind chronische Infektionen mit dem Hepatitis B(HBV)- oder Hepatitis C(HCV)-Virus, Alkoholabusus sowie die nicht alkoholbedingte Leberverfettung (NAFLD [nicht alkoholische Fettlebererkrankung]/NASH [nicht alkoholische Steatohepatitis]) [1].
Während die Prävalenz der virusgetriebenen HCC global abnimmt, steigt die Inzidenz der NAFLD- bzw. NASH-assoziierten weiter an [2]. NAFLD – die hepatische Manifestation des metabolischen Syndroms – ist mit einer globalen Prävalenz von 25 % inzwischen die häufigste chronische Lebererkrankung weltweit [3]. Ebenfalls assoziiert mit einer erhöhten HCC-Inzidenz sind Adipositas, Diabetes mellitus und Nikotinabusus sowie seltene Erkrankungen wie die Hämochromatose.
Insgesamt treten HCC mit höherer Prävalenz bei Männern und im fortgeschrittenen Alter auf – in Deutschland mit einem medianen Erkrankungsalter von 71 Jahren bei Männern und von 75 Jahren bei Frauen [4].
Diagnostik
Das hepatozelluläre Karzinom kann anhand validierter bildgebender Kriterien (bei bestehender Leberzirrhose) oder einer Gewebebiopsie diagnostiziert werden. Zu den häufig verwendeten Bildgebungsverfahren gehören multiphasische CT- oder MRT-Untersuchungen, bei denen das HCC in der frühen arteriellen Phase typischerweise ein Enhancement (erhöhte Helligkeit im Vergleich zum umgebenden Parenchym) und in der verzögerten Phase ein Washout (zeitliche Abnahme des Enhancements im Vergleich zum umgebenden Parenchym) zeigt [1].
Die pathologische Diagnose des HCC basiert typischerweise auf der Untersuchung einer Resektions- oder Explantatprobe oder alternativ einer Biopsieprobe. Zwar besteht prinzipiell die Möglichkeit, die HCC-Diagnose anhand definierter bildgebender Kriterien zu stellen; gerade im fortgeschrittenen Krankheitsstadium werden heute zunehmend Biopsien durchgeführt, da diese diagnostische Sicherheit erforderlich ist, um eine systemische Therapie adäquat einsetzen zu können [1]. Einem prospektiven multizentrischen Audit in England zufolge würde bei 9 % der Patient:innen ohne Biopsie eine inkorrekte HCC-Diagnose gestellt werden und entsprechend eine nicht adäquate Therapie erfolgen [5].
Die histologische Klassifikation sowie die Kriterien für die Diagnose des HCC wurden von der WHO und der International Consensus Group for Hepatocellular Neoplasia definiert [6, 7]. Bei Resektions- und Explantatproben erfolgt das pathologische Staging gemäß der TNM-Klassifikation, wobei der Schweregrad typischerweise als gut, moderat oder schlecht definiert wird [8].
In einer zirrhotischen Leber kann das HCC von einem dysplastischen Knoten durch das Vorhandensein architektonischer und zellulärer Atypien (z. B. trabekuläre Architekturstörung und erhöhtes Kern-zu-Zytoplasma-Verhältnis) sowie das Vorliegen einer stromalen oder vaskulären Invasion differenziert werden [1].
Behandlung
Interdisziplinäres Therapiekonzept
Für die Behandlung des HCC steht inzwischen eine Vielzahl von Therapie-optionen zur Verfügung. Dabei muss die Integration unterschiedlicher Behandlungsmodalitäten in ein individualisiertes Gesamtkonzept im Rahmen eines interdisziplinär zusammengesetzten Tumorboards mit Vertreter:innen aus Onkologie, Hepatologie, Chirurgie (möglichst mit hepatobiliärem/Transplantationsschwerpunkt), interventioneller Radiologie, Nuklearmedizin sowie Strahlentherapie erfolgen. Bei allen Patient:innen mit HCC sind neben dem Tumorstatus (Größe, Anzahl, Ausbreitung und Gefäßinvasion) die Leberfunktion, der allgemeine Leistungszustand sowie Komorbiditäten in die Therapieentscheidung einzubeziehen.
Basierend auf der Auswertung verschiedener Patientenkollektive wurden neben dem Child-Pugh Score (CP-Score) auch neuere Scores zur longitudinalen Beurteilung der Leberfunktion etabliert. Die Parameter Albumin und Bilirubin wurden z. B. als die wichtigsten prognostischen Faktoren identifiziert, und sie fließen in unterschiedlicher Gewichtung in den ALBI-Score ein (ALBI = [log10 Bilirubin (μmol/l) x 0,66] + [Albumin (g/l) x -0,085]). Anhand dieses Scores lassen sich die drei Risikogruppen ALBI 1–3 abgrenzen, die gut mit dem Überleben korrelieren. Der Score ermöglicht insbesondere auch eine gute Diskriminierung in der Gruppe der CP-A-Patient:innen mit HCC.
Stadienabhängige Behandlung
Entsprechend der BCLC-Klassifikation lassen sich bei der Behandlung des HCC grundsätzlich frühe, intermediäre und fortgeschrittene Stadien unterscheiden. Im frühen Stadium stehen neben der Transplantation auf der Basis der Milan-Kriterien die Leberteilresektion sowie ablative Verfahren (Radiofrequenz- oder Mikrowellenablation [RFA/MWA]) als kurative Therapieansätze zur Verfügung [1].
Die transarterielle Chemoembolisation (TACE) sowie die selektive interne Radiotherapie (SIRT) zählen zu den palliativen lokoregionären Therapien im intermediären Stadium. Sie sind bei Patient:innen mit ausreichend gutem Allgemeinzustand (ECOG ≤ 2), einem solitären oder limitiert lokal metastasierten HCC ohne extrahepatische Manifestation und mit gut erhaltener Leberfunktion einsetzbar [1].
Bei Patient:innen, die nicht auf eine lokoregionäre Therapie ansprechen bzw. dafür aufgrund der Größe und Anzahl der Tumorherde nicht infrage kommen oder die im fortgeschrittenen Stadium sind (extrahepatische Metastasierung, Gefäßinfiltration), sollte eine systemische Therapie initiiert werden. Nachdem Sorafenib bis 2017 die einzige zugelassene systemische Therapie darstellte, erlangten in den vergangenen Jahren weitere Substanzen die europäische Marktzulassung, sodass das Therapiespektrum so groß ist wie nie zuvor (Abb. 1).