Endometriumkarzinom – Personalisierung der Systemtherapie schreitet voran
2022 wurde die aktualisierte S3-Leitlinie Endometriumkarzinom veröffentlicht; sie beinhaltet bedeutende Neuerungen und Fortschritte in Diagnostik und Therapie dieser Erkrankung. Eine zentrale Rolle spielt die Klassifikation der Endometriumkarzinome in vier molekulare Subtypen, da sie eine deutliche Individualisierung der Therapie nach sich zieht. Die molekulare Einteilung verbessert nicht nur die Beurteilung der Prognose, sondern dient auch der Therapiesteuerung – sowohl in der Adjuvanz, um Über- und Untertherapien zu vermeiden, als auch im palliativen Setting. Bei fortgeschrittener bzw. rezidivierter oder metastasierter Erkrankung stellen immunonkologische Strategien bei den immunogenen Subtypen sehr vielversprechende Therapieoptionen dar, die der Chemotherapie überlegen sind.
Endometriumkarzinom, molekulare Klassifikation, MMR-Proteine, p53, POLE-Mutationsanalyse, Immuntherapie, Lenvatinib, Dostarlimab, Pembrolizumab
2019 erkrankten in Deutschland rund 11.000 Frauen neu an einem Endometriumkarzinom (EC). Damit stellt das EC die fünfthäufigste Krebserkrankung bei Frauen und die häufigste Krebserkrankung der weiblichen Genitalorgane dar [1]. Die meisten Endometriumkarzinome werden im Stadium I diagnostiziert [1]. Die überwiegende Mehrheit der EC sind hormonabhängig (hormonabhängiges Typ-I-EC), sodass neben dem Alter der langfristige Östrogeneinfluss einen Risikofaktor für ein EC darstellt. Allerdings scheint eine kontinuierlich-kombinierte Hormonersatztherapie mit Östrogenen und synthetischen Gestagenen keinen oder einen protektiven Einfluss auf das EC-Risiko zu haben. Als weitere Risikofaktoren gelten außerdem eine Therapie mit dem Anti-östrogen Tamoxifen, mit dem synthetischen Steroid Tibolon, Diabetes mellitus, eine gestörte Glukosetoleranz, das Syndrom der polyzystischen Ovarien (PCOS) sowie vor allem ein erhöhter Body-Mass-Index (BMI) mit der Folge eines metabolischen Syndroms.
Auch genetische Faktoren können die Entstehung eines EC fördern. So ist im Rahmen der hereditären Tumorsyndrome Lynch- und Cowden-Syndrom das Risiko unter anderem für die Entstehung eines EC erhöht [2]. Die bisherige Studienlage konnte keinen Vorteil durch Früherkennungsuntersuchungen bei asymptomatischen Frauen ohne erhöhtes Risiko für ein Endometriumkarzinom mit transvaginalem Ultraschall nachweisen, sodass dieser nicht als Früherkennungsmaßnahme empfohlen wird. Das gilt gemäß der S3-Leitlinie auch für asymptomatische Frauen mit erhöhtem Risiko für die Entwicklung eines EC (Lynch-Syndrom, Adipositas, Diabetes mellitus, Hormonersatztherapie, metabolisches Syndrom, PCOS) [2]. Die ESGO/ESTRO/ESP-Leitlinien allerdings empfehlen, bei Anlageträgerinnen für ein Lynch-Syndrom im Allgemeinen im Alter von 35 Jahren mit Früherkennungsmaßnahmen zu beginnen, wobei jedoch die individuell vorliegende Mutation und der Erkrankungsbeginn in der Familie berücksichtigt werden sollten. In Betracht gezogen werden sollten eine jährliche Früherkennungsuntersuchung mit transvaginalem Ultraschall sowie eine jährliche oder alle zwei Jahre durchgeführte Biopsie bis zur Hysterektomie [3].
Pathologie
Wesentliche Neuerungen in Diagnostik und Therapie des Endometriumkarzinoms ergeben sich durch die Einführung der molekularen Klassifikation auf Basis des TCGA(The Cancer Genome Atlas)-Projekts, das vier molekulare Subgruppen festgelegt hat [4]. Während früher eine binäre Einteilung der EC in Typ-1- und Typ-2-Karzinome (endometrioide östrogenabhängige Tumoren und meist seröse, östrogenunabhängige Tumoren mit schlechter Prognose) vorgenommen wurde, wird dieses Modell nun also durch eine immunhistochemische bzw. auch molekulare Klassifikation abgelöst bzw. ergänzt. Dies erlaubt zum einen eine präzisere Definition der Prognose der Patientin – das heißt, die molekularen Marker haben eine starke prognostische Bedeutung. Die molekulare Klassifikation hat zum anderen aber auch prädiktive Aussagekraft bezüglich der individuell besten Therapie.
So lautet die neue Empfehlung der aktuellen S3-Leitlinie: „Die histopathologische Diagnostik des Endometriumkarzinoms ergibt sich aus der Kombination von histomorphologischen und immunhistochemischen Parametern sowie ggf. ergänzenden molekularpathologischen Befunden“ [2].
Die Einteilung erfolgt in vier molekulare Subgruppen [2]:
- p53-abnormal (p53abn)
- POLE-ultramutiert (POLEmut)
- Mismatch Repair(MMR)-defizient (MMRd)
- No special molecular profile (NSMP)
Tab. 1 zeigt die klinisch-pathologischen Charakteristika der vier molekularen Typen.