Systeme für Klinische Chemie und Immunoassays: Automation über alles?

In dieser Übersicht stellen drei Hersteller ihre insgesamt neun verschiedenen Systeme vor – davon drei für die Klinische Chemie und homogene Immunoassays und vier für heterogene Immunoassays. Zwei weitere Systeme sind konsolidiert, das heißt, sie haben sowohl die Klinische Chemie als auch homogene und heterogene Immunoassays an Bord. Entsprechend der drei Unterkategorien haben wir drei Subtabellen für die Klinische Chemie und homogene Immunoassays (Tab. 1), für heterogene Immunoassays (Tab. 2) sowie für konsolidierte Systeme (Tab. 3).

Eine neue Gerätegeneration der klinisch-chemischen Analyzer kündigt sich an: Zwei Hersteller stellen diese – neben ihren bewährten Systemen – bereits vor. Der dritte hier vertretene Anbieter hat sich auf neurologische Parameter spezialisiert (vgl. Assayportfolio) und ist mit zwei Systemen für heterogene Immunoassays vertreten (Tab. 2).

 

Automation und Robotik

In Zeiten des Fachkräftemangels ist Automation ein zukunftsweisendes Thema – obwohl man in der Labormedizin eigentlich schon seit den 1970er-Jahren eine kontinuierliche Entwicklung in Richtung Automation beobachten kann. Tatsächlich scheint der Fortschritt generell jedoch in immer schnelleren Zyklen voranzugehen.

Immer mehr wird die Automation durch Robotik ergänzt. Erste Prototypen von fahrenden Robotern wurden ja bereits vor einigen Jahren auf dem Deutschen Kongress für Laboratoriumsmedizin (DKLM) vorgestellt. Die Kommunikation Mensch-Maschine ist schematischer als die Kommunikation Mensch-Mensch. Die Patienten-ID und die Auftragsnummer müssen maschinenlesbar in einem Barcode verschlüsselt werden, damit das Analysegerät die richtigen Signale zur Durchführung der Analytik erhalten kann.

Die Automation im medizinischen Routinelabor wurde bisher in Teilschritten rea­lisiert und begann bei den Analysegeräten. Prinzipiell kann sie an verschiedenen Schlüsselstellen ansetzen. Die Probenröhrchen erreichen das Labor beispielsweise über eine Rohrpostanlage und landen in einem Schüttgutsortierer, wo sie nach Format sortiert und anhand ihres eindeutigen Barcodes dem passenden Arbeitsplatz bzw. Analyzer zugeordnet werden. Ein Probenarm bringt sie auf die Probenstraße, über die sie zu den Analysegeräten transportiert werden.

Alle diese Schritte sind meist mit der Entscheidung für ein bestimmtes System eines Herstellers verbunden. Dann ist gewährleistet, dass alle Komponenten ideal aufeinander abgestimmt sind (vgl. Trillium Diagnostik 3/2022). Bei der Entscheidung spielt auch das Assayportfolio eine Rolle. Denn es ist in der Regel an die Fachgebiete eines Krankenhauses angepasst. Es muss gut erweiterbar sein, falls neue Biomarker relevant werden.

 

Die Analysegeräte

Bei den Analysesystemen handelt es sich schon lange um Vollautomaten, die aber sorgfältig und zweitaufwendig von den Labormitarbeitenden betreut werden mussten. Mittlerweile sind die Reinigungs- und Wartungszyklen immer weiter automatisiert (s. Rubrik IT & Wartung, Reinigung und Wartung) und den Systemen selbst überlassen. Das ist sehr unterschiedlich umgesetzt. So kann beispielsweise die tägliche und die wöchentliche Reinigung sogar vollständig entfallen ( Tab. 1).

 

Modularität

Ein Hersteller setzt auf volle Modularität, indem bis zu vier Module zusammen geschaltet werden können (s. Tab. 1). Damit können Labore für den mittleren bis hohen Durchsatz erreicht werden.

Modularität ist in vielfacher Hinsicht wichtig. Ein bedeutender Punkt ist die Flexibilität bei der Anzahl der Proben, die verarbeitet werden können. Für Labore macht es Sinn, die Probenkapazität bei Bedarf anpassen zu können, ohne aufwendig auf einen neuen Gerätepark umsteigen zu müssen. Hierzu kompatibel gibt es das sogenannte Familienkonzept der Reagenzien. Dies bedeutet, dass für alle Systeme einer Gerätefamilie – unabhängig davon, für welchen Durchsatz sie vorgesehen sind – die gleichen Reagenzien eingesetzt werden können.

Ebenso ist Modularität nach Methoden gedacht möglich. Zum Beispiel können die photometrische Einheit und ionenselektive Elektrode (ISE) in zwei getrennten Modulen angeordnet sein (s. Tab. 1-3).

 

Welches Gerät für welches Labor?

Die Laborgröße hat mit Sicherheit den größten Einfluss auf die Auswahl des Analysesystems. Aber auch der Bedarf an spezieller Analytik spielt eine Rolle, denn sie muss natürlich an die Fachgebiete des jeweiligen Krankenhauses angepasst sein. Für niedergelassene Labore sieht das sicher etwas anders aus. Bei ihnen liegt der Hauptfokus auf der Analysekapazität, natürlich bei größtmöglicher Methodenvielfalt.

 

Warenmanagement

Ein zeitraubender Knackpunkt der Automation ist das Warenmanagement. Die benötigten Reagenzien und Verbrauchsmittel können Sie der Rubrik System unter Einweg- und Verbrauchsmaterialien entnehmen. Interessant ist, dass zwei der teilnehmenden Geräteanbieter von den Einmalküvetten wieder auf permanente Hartglasküvetten umgestiegen sind. Diese werden ungefähr alle vier Wochen ausgetauscht. Ein weiterer interessanter Punkt sind die Ready-to-use-Reagenzien, welche die Konzentrate und lyophilisierten Reagenzien zum Teil wieder abgelöst haben.

Es gibt zwei Schlüsselpunkte für die kontinuierliche Bereitstellung von Reagenzien und Verbrauchsmitteln. Der erste ist die Lieferkette vom Hersteller zum Labor sowie die dortige Lagerhaltung im Labor: Konzentrate können besser gelagert werden, aber gebrauchsfertige Reagenzien stehen schneller bereit. Oft werden auch Reagenzienkartuschen verwendet, die für den Einmal- oder den Mehrfachgebrauch eingesetzt werden können (Tab. 2).

Der zweite Schlüsselpunkt ist das kontinuierliche Nachsetzen von Reagenzien und anderen Verbrauchsmitteln. Das funktioniert bei den vorgestellten Geräten überwiegend kontinuierlich. Das fertige Reagenz wird im Gerät gekühlt, was die Haltbarkeit verlängert. Diese Angaben finden Sie in allen Tabellen in der Rubrik Analytik unter Reagenzträger | Anzahl Positionen | Kühlung.

 

Analytik

Das Analytikkonzept der zwei Allrounder unter den teilnehmenden Firmen ist sehr unterschiedlich. Für die Klinische Chemie und homogene Immunoassays setzt der eine Hersteller auf eine Vielfalt an Nachweisprinzipien, wohingegen der zweite Hersteller sich für die gesamte Analytik auf zwei Prinzipien stützt (vgl. Tab. 1-3).

Die heterogenen Immunoassays beruhen bei allen vorgestellten Geräten in leicht unterschiedlicher Form auf der Chemilumineszenz (Tab. 2, Rubrik Analytik, Nachweisprinzipien und Module). Der Hersteller mit dem Themenschwerpunkt Neurologie setzt unter anderem auf die Alzheimer-Diagnostik und engagiert sich sehr dafür, neue Biomarker schnell zur Verfügung stellen zu können – zuerst als Research-use-only-, später dann als IVDR-zertifizierter Assay. Beispiele wären der Nachweis von an Position 181 phosphoryliertem (pTau 181) oder an Position 217 phosphoryliertem Tau (pTau 217). Beide Proteine erlauben Aussagen über die Neurodegeneration und zur Alzheimer-Diagnose.

Konsolidierte Systeme stellen nur die beiden Allrounder vor. Auch hier zeigt sich wieder die Unterschiedlichkeit der verschiedenen Konzepte: Methodenvielfalt oder Einfachheit ( Tab. 3).

 

Wartung und Reinigung

Beide Allrounder-Firmen (s. Tab. 1–3) haben ihr Wartungs- und Reinigungskonzept zusammengefasst, was eine große Erleichterung für das Laborpersonal darstellt. Einer der beiden Hersteller setzt für die Klinische Chemie und homogene Immunoassays auf ein 3 + 60-Wartungskonzept. Das heißt, die Wartung soll nicht mehr als drei Arbeitsschritte, die jeweils nicht mehr als 60 Sekunden dauern und für die kein Werkzeug erforderlich ist, umfassen.

 

Fazit

Die hier teilnehmenden Firmen haben ihre Updates zu den Geräten in den Tabellen dargestellt. Aus verschiedenen Gründen sind andere Hersteller nicht vertreten; unter anderem sind sie mit der Entwicklung ihrer neuen Gerätegeneration unterschiedlich weit fortgeschritten. Wir empfehlen unseren Leserinnen und Lesern, sich die Tabelle in Heft 3/2022 [1] noch einmal anzusehen. Die dort vorgestellten Konzepte dieser Hersteller dürften immer noch relativ aktuell sein.

Aber ganz besonders empfehlen wir natürlich das Sonderheft zum Thema „Fachkräftemangel im medizinischen Labor“, das dieser Ausgabe beiliegt.  

Dr. Gabriele Egert, Mitglied der Redaktion
Harald Maier, Mitglied des Fachbeirats